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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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(dieser Teil des Waldes war so überlaufen wie ein Park), Daumen in den Jeansbund gesteckt, das Haar mit Entenschwanz und glatt und geschniegelt. Zwei stritten sich (er sah auch, als sie näher kamen, daß einer der Jungen ein Mädchen war), einer hatte rötliches Haar, und kleine Augen starrten ihn an.
    Er zog instinktiv die Schultern zusammen und sah nicht hin, obwohl es ihn schon reizte. Sie waren schlimme Kinder, fand er. Dad hatte ihm gesagt, er solle sich nicht mit schlimmen Kindern einlassen.
    Plötzlich drehte er sich um und sang hinter ihnen her, versuchte, die Musik verstohlen und schroff zu machen, bis es wieder zu einem Lachen wurde. Er war an dem Spielplatz angelangt, der den Wald von der Stadt trennte.
    Er verwob seine Musik mit den Rufen auf der anderen Seite des Zauns. Er schnippte seine Finger über den Draht, ging weiter und sah hindurch: An der Rutschbahn drängten sich die Kinder. Ihr Geschubse wurde zu lauten Schreien.
    Daneben hörte man Straßengeräusche. Er ging zu ihnen, und sein Lied nahm sie auf. Autos und zwei Frauen, die über Geld redeten, etwas, das in dem großen Gebäude mit dem Wellblechdach bang-bang machte: Daraus klang Fußtappen. (Männer mit Schutzhelmen blickten ihn an.) Das ließ ihn lauter singen.
    Er ging den Hügel hinauf, wo die Häuser größer wurden und zwischen Felsen lagen. Schließlich (seine Finger waren an den Eisenstäben des Gitters entlanggefahren) hielt er und sah hindurch (jetzt ging es Hummmmm und hmmmmmmmmm, hmmmmmmmmm, und hmmmmmmm) über das Gras, in dem Platten eingelassen waren, und ein Haus, das sehr groß und fast nur aus Glas und Ziegelstein bestand. Zwischen zwei Eichen saß eine Frau. Sie sah ihn, reckte neugierig den Kopf, lächelte - also sang er sein Ahhhhhhhhhh für sie - sie runzelte die Stirn. Er rannte die Straße hinunter, den Hügel hinab, sang.
    Die Häuser waren nicht mehr so groß.
    Am Himmel knisterten die Rippen des Tages. Diesmal sah er nicht zu den Flugzeugen hoch. Hier waren viel mehr Leute.
    Fenster; und über den Fenstern: Zeichen; und über den Zeichen: Dinger, die sich im Wind drehten; und darüber: blau, und man konnte nicht sehen, wohin der Wind ging -
    »Hey, paß auf -«
    Er stolperte vor einem Mann zurück, der die schmutzigsten Handgelenke hatte, die er je gesehen hatte. Der Mann sagte noch einmal: »Paß doch verdammt noch mal auf, wo du hintrittst!« zu niemandem und schleppte sich weiter.
    Er zog sein Lied nach innen, bis es ihm blasig aus dem Mund quoll. Er wollte zurück und die nächste Straße hinablaufen . . .
    Die Ziegel waren gesprungen. Vom Fenster war ein Brett herabgefallen.
    Neben der Tür ein Müllhaufen.
    Kein Wind, warm; die Straße war laut mit Stimmen und Maschinen, so laut, daß er kaum einen Rhythmus für sein Lied finden konnte.
    Seine Geräusche - die jetzt lang und gedehnt über seine Zunge rollten - waren leise, und er hörte sie nicht über dem Lärm.
    »Hey, paß auf -«
    »Verd . . .«
    »Hey, hast du das gesehen -« Hatte er nicht.
    »Was machst du - «
    Leute drehten sich um. Jemand lief dicht an ihm vorbei, schwarze Mokassins flappten auf die Steine. »Diese Schweine aus dem Reservat!« »Da ist auch eins von ihren Kindern.«
    War er nicht; und auch seine Mutter nicht - sie war aus . . .? Jedenfalls versuchte er, auch das zu singen. Er bog um die Ecke in ein Sträßchen, das voll von Leuten war, die das warme Wetter genossen.
    Zwei Frauen, hager und entzückt standen in einem Eingang. Die eine: »Hast du das gesehen?« Die andere lachte laut auf.
    Er lächelte, was wieder sein Geräusch veränderte.
    Aus dem nächsten Eingang trug sie, fett und zerlumpt, mit einem Gesicht so schmutzig wie das Handgelenk des Betrunkenen, ein Kleiderbündel in der einen Faust und schlug mit der anderen in den Müll. Sie drehte sich um, hackte dabei in den Haufen und zwinkerte ihn an.
    Seine Musik geriet ins Stottern, aber nahm auch das auf. Er eilte weiter bis zur Straße, umrundete sieben Nonnen, fing an zu rennen, drehte sich aber dann um, um ihnen zuzusehen.
    Sie gingen langsam und sprachen schnell mit scharfen, kleinen Stimmen. Wasserfälle von Weiß über der Brust und Knie, schwarze abgescheuerte Fußspitzen bauschten weiße Säume.
    Leute gingen um sie herum.
    »Guten Morgen, Schwestern.«
    Schwestern nickten und lächelten, vielleicht, weil es Nachmittag war. Sie gingen geradeaus weiter und fegten und fegten.
    Er versuchte, den Rhythmus ihres Gangs in seine Musik hineinzufügen. Er blickte über die

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