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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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Hose von mir. Lanya hielt mich am Arm, damit ich beim Ausziehen nicht hinfiel.
    »Besser jetzt?« fragte Denny.
    Ich versuchte, das Schloß an der Halsseite aufzumachen. Eine Insektenlinie - so fühlte es sich an: als liefe eine Reihe von Insekten über meinen Bauch und verfing sich im Schamhaar. Die optische Kette fiel um meine Knöchel.
    »Ich glaube, sie ist gerissen«, sagte Lanya.
    »Ich kann sie wieder flicken«, sagte Denny. »Ich habe Nägel -«
    »Nein«, sagte ich.
    Die Leute von der Kommune, vom Nest und die zufällig vorbeigekommenen klatschten und hüpften um das Feuer. Sieben weitere, die bellten, riefen und schrien, brachen aus dem lockeren Kreis heraus, drehten sich um und unter den (ein sehr dickes schwarzes Mädchen sprang hinüber) Ketten her, die die Lichtung dicht überspannten. Unsere Kehlen brannten von der rauhen Luft.
    Drei schattenhafte Figuren kamen mit zusammengesteckten Köpfen und flüsternd auf mich zu. Copperhead in der Mitte mit Rabe und Kathedrale.
    Rabe und Copperhead waren nackt. (Die unterschiedliche Farbe und Lockung ihrer Haare, plötzlich vom Feuer von hinten durchscheinend beleuchtet . . .) Copperheads Hand lag auf Rabes Schulter.
    Copperhead sagte: »Schutz! Hast du das mitbekommen? Calkins will Schutz -?«
    Kathedrale sagte: »Skorpione schützen nichts.«
    Copperhead sagte: »Sie haben so ungefähr jedes Scheißfenster in dem verdammten Haus eingeschossen. Mann, das war was.«
    Rabe fragte: »Calkins' Haus beschossen? Der Heckenschütze . . .?«
    Copperhead gab zurück: »Nicht Calkins' Haus! Und es waren auch keine Heckenschützen! War'n die Leute aus dem Warenhaus. Weißt du noch dieses scheißriesige Apartmenthaus? Dreizehn hat da gewohnt, im sechzehnten Stock. Verdammt, sie haben das ganze Haus praktisch beschossen. Fast jedes Fenster.«
    »Shit, Mann!« Kathedrale schüttelte den Kopf. »Die Honkeys sind so schlimm wie Nigger.« Copperhead stöhnte: »Schutz!« Rabe lachte.
    Sie gingen in die Dunkelheit.
    Ich sah dem Feuer zu. Ein Hosenbein hing immer noch um einen Knöchel. Die optische Kette schwang, als ich schwankte, an meine Wade. »Ich will . . . tanzen.«
    »Dann nimm deinen Fuß aus dem Hosenbein«, sagte Denny. »Du wirst sonst stolpern.« Es hörte sich an, als wolle er nicht, daß ich gehe.
    Jeder Klatscher ließ in meinem Schädel etwas wie von allein aufblitzen. Meine Ohren dröhnten, als sei ich nur wenige Zoll von der Trommel entfernt. Jede Explosion hinterließ ein wahnsinniges Echo, daß durch den abgehackten Lärm stotterte. Ich ging nach vorn und knetete mit der Hand mein Gesicht. Es war empfindlich. Noch einen Schritt. »Paß auf - !«
    Lanya muß mit dem Fuß mein Hosenbein gehalten haben, denn ich ließ es hinter mir zurück. Ich stolperte, ging aber weiter. Zu den Tänzern.
    Er stand mit verschränkten Armen im schwarzen Rollkragenpullover unter den Zuschauern. Er merkte nicht, daß ich ihn ansah. Aber Lady of Spain, D-t und ein paar andere merkten es und hörten auf zu tanzen. Von meinem Hals hingen Prismen und Linsen. Spiegel und Prismen schwangen um mein Handgelenk. Linsen und Spiegel zog ich am Knöchel durch das Gras hinter mir her.
    Er bewegte sich ein wenig. Feuer warf Patina über sein braunes Haar.
    »Hey . . .!« sagte ich laut. »Ich weiß wer ich . . . wer ich bin. Wer bist du?«
    Er sah mich stirnrunzelnd an.
    »Wer bist du?« wiederholte ich. »Sag's mir. Ich weiß, wer ich bin!« Noch mehr Tänzer blieben stehen und hörten zu. Aber das Klatschen war immer noch schrecklich laut. Ich schüttelte den Kopf. »Fast . . .«
    »Kid?« fragte er. Erst jetzt hatte er mich erkannt, nackt. »Hey Kid, wie geht's?«
    Es war der Mann, der mich auf der Calkins-Party interviewt hatte.
    »Nein«, sagte ich. »Ich weiß, wer ich bin. Du sagst, wer du bist.«
    »William . . .« begann er. »Bill . . .?« Und dann: »Erinnern Sie sich nicht an mich?«
    »Ich erinnere mich an dich. Ich will einfach wissen, wer du bist!«
    »Bill«, wiederholte er. Und nickte lächelnd.
    Zwei der Leute, die zu tanzen aufgehört hatten, begannen wieder zu klatschen.
    »Das weiß ich«, sagte ich. »Daran kann ich mich erinnern. Wie heißt du mit Nachnamen?«
    Er hob den Kopf ein wenig. Sein Lächeln - ein danebenstehender Drache übergoß sein Gesicht für einen Augenblick grün - wurde starr. »Sagen Sie mir Ihren. Dann erfahren Sie meinen.« Sein Mund blieb etwas offenstehen, als warte er auf ein herausplatzendes Lachen.
    Aber das Lachen kam von mir. William . . . ?

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