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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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erinnern.« Ich holte tief Luft (Klatsch!). »Aber zwei von dreien ist schon ganz schön gut.« Wahrscheinlich habe ich breit gegrinst.
    »Wow!« sagte Denny. Er wollte noch ein paar andere Sachen sagen, zuckte nur mit den Achseln und grinste zurück.
    »Ich weiß auch nicht, was ich sagen soll«, sagte ich.
    Lanya umarmte mich. Sie warf mich fast dabei um.
    Denny umarmte uns beide, stieß mit dem Kopf zwischen unsere beiden, wackelte hin und her und lachte. Lanya mußte ihn mit einer Hand festhalten. Wir stolperten alle drei. Ich legte auch um ihn einen Arm. Jemand zog eine Kette an meinem Rücken vorbei. Entweder zerriß sie oder man ließ sie fallen. Wieder stolperten wir.
    Jemand legte eine Hand auf meinen Rücken und sagte: »Hey, paßt auf! Fallt nicht um!« Paul Fenster - ich hatte ihn nicht einmal gesehen - hielt mich fest, als wir auseinanderfielen.
    Lanya sagte: »Ist schon gut, wenn wir fallen. Paul, ist schon okay.«
     
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    Als ich diese einzige Beschreibung von Paul Fenster zwischen diesen verdreckten Pappdeckeln wieder las, kam dieser Gedanke: Da das Leben irgendwann endet, ist die Erwartung einer Offenbarung oder Ewigkeit, wenn nicht mit Wahnsinn identisch, dann doch kongruent. Sie verleiht dem Leben Bedeutung, aber die Erwartung zerstört unsere Fähigkeit, Bedeutung zu erfassen. Daher schreibe ich immer noch diese Ereignisse auf. Aber jetzt bin ich nur noch an der Art der Begebenheiten interessiert, wie sie mit dem Leben zusammenhängen... aber das habe ich auf diesen Seiten mindestens schon dreimal geschrieben. Was ich nicht geschrieben habe, ist, daß dies der Grund ist, warum ich immer weniger an der Begebenheit der Kunst interessiert bin. (»Sex ohne Schuld? Entelechie ohne Antizibation?!«) Ich frage mich einfach, ob Paul an diesem Abend irgend etwas anders gemacht hätte, wenn er gewußt hätte, daß er sechs Stunden später viermal in Kopf und Hals geschossen würde?
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    Jemand warf noch eine Kettenschlaufe in den Kreis, Grille und Leguan fingen sie auf, vermischten sich miteinander, warfen geisterhafte Lichter. Klapp!
    »Hey, ich finde deine Schule gut!« sagte Denny. »Ich habe Lanya geholfen.«
    »Habe ich dir von Denny erzählt, Paul? Er war das, der den
    Vorschlag gemacht hat, diesen Ausflug zu unternehmen, der so gut geklappt hat.«
    Ich sagte: »Ich habe hier noch nie Kinder gesehen. Ich habe ihre Stimmen gehört. Auf dem Tonband. Aber ich glaube nicht, daß ihr jemals richtige Kinder da drin hattet.«
    Lanya sah mich merkwürdig an.
    Fenster lachte. »Du hast uns doch selber fünf gebracht.«
    »Aber es gab keine . . .« Innerlich fühlte ich mich, als seien zwei unverbundene Flächen plötzlich auseinandergefahren. »Ich habe fünf ... in die Schule?«
    »Woodard, Sammy, Rose . . .? sagte Lanya.
    »Erinnerst du dich?« fragte Denny. »Stevie? Marceline?«
    »Ich erinnere mich«, sagte ich. »Ich weiß, wer ich bin . . .«
    »Michael Henry«, sagte Denny.
    Ich legte eine Hand auf Fensters Schulter. »Geh tanzen.«
    »Nee, ich bin nicht für diese Arschhopserei.«
    Ich sah stirnrunzelnd zu den Tänzern; nur fünfzehn oder zwanzig waren nackt.
    »Mach schon.« Ich stieß ihn; er wich zurück. »Du brauchst dich nicht auszuziehen. Du brauchst nur zu tanzen.«
    Fenster sah Lanya an. Für ihn eintreten? Ich blitzte ihn an, während er ihre Bluse zusammenzog, den obersten Knopf schloß, ihr auf die Schulter klopfte und ging.
    »Geht.« Ich war wütend. »Tanzt!«
    »Ach komm, Kid«, sagte Lanya und nahm meinen Arm.
    Fenster ging weg; jetzt lachend.
    »Willst du dich setzen?« fragte Denny.
    »Kommt«, sagte Lanya. »Wir wollen uns setzen.«
    Denny nahm meinen anderen Arm; aber ich drehte mich um und sah zurück.
    Fenster ging zwischen den Tänzern hindurch; schob hier, half da einem Mädchen, das nur ein ausgeleiertes T-Shirt trug und das gegen ihn gefallen war, duckte sich unter einer der gespannten Ketten her, die zwischen leuchtenden Bestien gespannt waren, die vor den Bäumen hin- und herstolzierten.
    »Was willst du tun?« fragte Lanya.
    »Mich ausziehen. Ich brauche nichts . . . mehr.« Ich warf den Stiefel auf die Weste. Ich hob das Kinn und nahm sieben Ketten und den Projektor. Die Elemente nagten an meinen Brustwarzen. Ich hielt sie hoch, sie schwenkten hin und her, und ließ sie fallen. Etwas schlug gegen Nase, Wange und Ohr. Einige fielen über meine Schulter, und glitten rasselnd ins Gras. Ich blickte hinab, um den Doppelhaken am Gürtel zu öffnen; stieß die

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