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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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einer Hand berührte sie ihre Wange, mit der anderen ihren Ellenbogen: Ihr Ärmel war aus einem groben Stoff wie Leinwand. »Wissen Sie, ich bin mir wirklich nicht sicher. Ich mag sie. Ich glaube, sie ist sehr hübsch. Ich finde es schön, eine Menge davon zu haben.«
    »Wo haben Sie sie her?« fragte er und war sich bewußt, daß er die Regeln verletzte, wovor ihn Faust gestern so eindringlich gewarnt hatte. Hölle, sie war immer noch mit ihrem Hund beschäftigt. Er fühlte sich immer noch unwohl mit ihrem Hund und mit ihrer Veränderung zwischen Kerzenlicht und Rauch.
    »Ich habe sie von einer kleinen Freundin.« Sie sah aus, ja, wie jemand, der versucht, nicht beleidigt auszusehen.
    Er bewegte sich zur Seite, wippte ein wenig in den Knien, streckte die Zehen, nickte.
    »Bevor sie die Stadt verließ. Sie verließ mich, verließ die Stadt. Und hat mir diese hier gegeben. Sehen Sie?«
    Er hatte gefragt. Und fühlte sich wegen dieser Regelverletzung wohl, nahm seine Arme von den Schultern . . . sein Lachen überraschte ihn, brach aus ihm heraus, schwoll an.
    Darüber hörte er ihr plötzliches, hohes Heulen. Die Fäuste auf der Brust haltend, lachte sie ebenfalls. »Oh, ja!« preßte sie heraus. »Das hat sie wirklich getan! Nie in meinem Leben war ich so überrascht! Oh, es war komisch - ich meine nicht komisch - , merkwürdig, obwohl es das sicher war. Wie alles damals. Aber es war lustig ha-ha-ha. Ha-ha-haaa.« Sie schüttelte den Ton um sich herum. »Sie«, fast still - »brachte sie mir in der Dunkelheit. Draußen in den Fluren schrien die Leute. Das Licht ging nicht. Nur ein Flackern um die Ecke und dieses schreckliche Brüllen draußen . . . oh, ich hatte Todesangst. Und sie brachte sie mir, Händevoll, hing sie mir um den Hals. Und ihre Augen . . .« Wieder lachte sie, obwohl ihm das Lächeln versagte. »Es war merkwürdig. Sie hing sie mir um den Hals, und dann ging sie. So.« Sie blickte über das Akkordeon ihres Halses hinab und griff durch die Schlaufen. »Ich habe sie immer um.« Das Akkordeon ging auseinander. »Was für eine Bedeutung haben sie?« Sie zwinkerte ihn an. »Ich weiß es nicht. Die Leute, die sie tragen sind nicht gerade wild darauf, darüber zu sprechen. Ich habe nichts dagegen.« Sie beugte sich ein wenig näher. »Sie gehören zu keiner dieser beiden Gruppen. Das respektiere ich bei Ihnen. Tun Sie es bitte ebenso.« Jetzt faltete sie ihre Hände. »Aber ich werde Ihnen etwas erzählen: Und, ehrlich, es gibt keinen Sinn dahinter, glaube ich, außer, daß es zu funktionieren scheint. Aber ich traue denen, die sie tragen, etwas mehr als denen ohne.« Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht sehr albern. Aber deshalb habe ich Ihnen den Job angeboten.«
    »Oh.«
    »Ich habe den Verdacht, wir haben etwas gemeinsam.«
    »Etwas ist passiert«, sagte sie, »als wir sie bekamen. Wie Sie gesagt haben. Daß wir darüber nicht gern reden.«
    »Aber dann wäre es nichts weiter, als daß wir zufällig die gleiche . . .« Sie klimperte mit der längsten Kette.
    »Yeah.« Er knöpfte noch einen Knopf zu. »Könnte sein.«
    »Also, ich werde Sie später am Nachmittag bei den Richards treffen. Sie werden dort sein?«
    Er nickte. Vierhundert, auf der sechsunddreißigsten Straße ... «
    »Apartment 17-E«, ergänzte sie. »Sehr gut. Muriel?«
    Der Hund folgte aus dem Rinnstein.
    »Wir gehen jetzt.«
    »Oh. Okay. Und danke!«
    »Gern geschehen. Gern geschehen. Sicher.«
    Madame Brown nickte, spazierte weiter die Straße hinunter. Muriel holte sie ein, umkreiste sie. Dieses Mal Diesel.
    Barfuß ging er durch das Gras; Erwartung und Verwirrung rangen miteinander. Die Aussicht auf Arbeit löste in seinem Körper Spannungen. Beim Springbrunnen spülte er seine Augen im Wasser, bevor er untertauchte und mit eingesunkenen Wangen Wasser zwischen die pelzigen Zähne saugte. Mit dem Unterarm wischte er die Tropfen fort, preßte die Lider mit rauhen, krötenbreiten Fingern, nahm dann seine Zeitung und ging, mit nassen Wimpern blinzelnd zurück zu den Bäumen.
    Lanya lag immer noch auf dem Bauch. Er setzte sich auf die graubraunen Falten. Ihre Füße ragten mit einwärts gekehrten Zehen unter der Decke vor. Eine olivfarbene Wurst lag über ihrer Rückengrube und bewegte sich mit dem Atem. Er berührte ihre faltige Fußhöhlung, fuhr mit der Handfläche über ihre glatte Ferse. Mit Zeige- und Mittelfinger strich er auf beiden Seiten der Sehne dort entlang. Sein Handballen schob die Decke von der Wade, langsam, sacht, weiter

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