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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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bis fahle Venen ihre Kniekehle durchzogen. Seine Hand ruhte auf der Biegung ihres Schenkels.
    Ihre Waden waren glatt.
    Sein Herz, das schnell klopfte, wurde ruhiger. Kein Kratzer an den Waden.
    Er holte Luft, und es war mit dem Geräusch des Windes im Gras ringsumher.
    Ihre Waden hatten keinen Kratzer.
    Als er seine Hand wegnahm, gab sie schläfrige Geräusche von sich und bewegte sich. Wachte aber nicht auf. Er schlug die neue Zeitung auf und legte sie auf die von gestern. Unter dem Datum 17. Juli 1969 stand die Schlagzeile:
     
    Geheimnisvolle Gerüchte, Geheimnisvolle Lichter
     
    Wie gern hätte ihr Herausgeber Bilder davon! Wir waren, unglücklicherweise, zu Bett. Aber aus allem, was wir vernommen haben, wurden kurz nach Mitternacht vergangene Nacht - jedenfalls besagen das sechsundzwanzig Versionen der Geschichte, die hier eingegangen sind, mit genügend Widersprüchen, um einen offiziellen verlegerischen Zweifel anzumelden - Nebel und Rauch, die Bellona die vergangenen Monate eingehüllt hatte, durch einen Wind aufgerissen, der in zu großer Höhe wehte, um in den Straßen spürbar zu sein. Teile des Himmels waren klar, und angeblich war der volle - oder fast volle - Mond zu sehen - ebenso wie ein aufgehender Mond, der nur um weniges kleiner war (oder etwas größer?) als der erste!
    Die aufgeregten Berichte, aus denen wir unseren Bericht herausgefiltert haben, enthalten mehrere Unstimmigkeiten. Hier einige Beispiele: Die volle Scheibe war der normale Mond, der aufgehende der Eindringling.
    Der aufgehende war der richtige Mond, der volle der Schwindler . . . ein junger Student sagt, daß er in den wenigen Minuten, in denen diese so Elisabethanischen Omen enthüllt waren, Zeichen auf der vollen Scheibe ausmachen konnte, die beweisen, daß es sich nicht um unseren Mond handelte.
    Zwei Stunden später kam jemand in das Büro (bislang die einzige Person, die für sich in Anspruch nimmt, beide Phänomene durch ein zugegebenermaßen schwaches Teleskop betrachtet zu haben), um uns zu versichern, daß die volle Scheibe definitiv der Mond war, und die Sichel Schwindel.
    Während der sechs Stunden seit dem Geschehen (wir schreiben in die Dämmerung hinein) wurden der Times die verschiedensten Erklärungen angeboten: Von Dingen, die derart science-fictional sind, daß wir nicht vorgeben, ihre arkanische Maschinerie zu verstehen, bis zum zu allem herhaltenden Kugelblitz und den Wetterballonen, den alljährlich wiederkehrenden Erklärungen für UFOs.
    Im folgenden zitiere ich einen typischen Kommentar unseres Professors Wellman, der das Phänomen zusammen mit anderen Gästen von den Juli-Gärten aus beobachtet hat:
    »Einer, hierin waren wir uns einig, war fast voll, der andere war definitiv sichelförmig. Ich wies den Colonel, Mrs. Green, Roxane und Tobie, die bei mir waren, darauf hin, daß die Sichel, die niedriger am Himmel stand, von der leuchtenden Seite des höheren Mondes weggebogen war. Monde leuchten nicht aus sich heraus; ihr Licht stammt von der Sonne. Selbst bei zwei Monden, kann die Sonne nur auf einer Seite von beiden sein; gleich, in welcher Phase sie sich befinden. Wenn sie sich beide im gleichen Teil des Himmels befinden, müßten beide auf der gleichen Seite beleuchtet sein - was hier nicht der Fall war.«
    Hierzu kann der Herausgeber lediglich anmerken, daß jede »Übereinstimmung«, »Sicherheit« oder »Bestimmtheit« über diese Monde in zweifelhaftes Licht getaucht wird - es sei denn, wir wären bereit, noch unsinnigere Spekulationen über den Rest des Kosmos anzustellen.
    Nein.
    Wir haben es nicht gesehen.
    Wodurch wir uns in folgender verlegerischer Position befinden: Wir sind sicher, daß vergangene Nacht sich etwas zugetragen hat. Aber auch nur vorsichtig zu äußern, was es war, wäre absurd. Brandneue Monde gibt es nicht. Angesichts der Hysterie dieser Nacht möchten wir ruhig darauf hinweisen, daß, was auch immer passiert sein mag, erklärbar ist: Diese Dinge existieren - obwohl dies, zugegebenermaßen, keine Garantie dafür ist, daß wir jemals eine Erklärung dafür bekommen.
    Was allerdings zugleich merkwürdig und interessant ist, was von allen, die es gesehen haben, bezeugt wurde und daher von allen, die nicht dabei waren, akzeptiert werden muß, ist der Name für dieses neue Licht in der Nacht: George!
    Der Grund für diese Benennung läßt sich von uns nur erraten; was wir jedoch erraten, schätzen wir nicht besonders. Jedenfalls hatte sich dieser Name auf dem Wege des Gerüchts,

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