Dhalgren
Hause. Und nichts ... ich kann es nicht beschreiben. Das Heim eines Menschen sollte - nun, alles sollte echt sein, solide, wo er Halt findet. Bei uns - ich weiß einfach nicht. Ich komme heim aus dieser schrecklichen Welt und bin in einem Zauberland, an das ich nicht glaube. Und je weniger ich es glaube, desto mehr entgleitet es. Manchmal denke ich, ich bin es. Mary war schon immer eine komische Frau. Sie hatte es auch nicht leicht. Sie versucht sehr stark - äh, zivilisiert zu sein. Tun wir beide. Aber hiermit . . .« Er nickte zu der offenstehenden Balkontür. Draußen schoben sich verschiedene Nebelschichten vorbei. »Sie hat Phantasie. Die hat sie bestimmt. Das war das erste, was ich an ihr bemerkte. Meine Arbeit, nun, sie ist interessant. Aber man braucht nicht viel - wie sagt man - Kreativität. Zumindest denkt man das so. Aber da wird gearbeitet. Doch ich finde es gut zu jemandem heimzukommen, der jede Menge Ideen hat, Bücher liest und so. Aber - « Mr. Richards rieb die Hände an den Hüften, suchte nach seinen Taschen. » - plötzlich merken Sie, daß Sie die Welt ihren Ideen anpaßt. Sie geht nicht mehr aus, aber wer würde ihr das übelnehmen? Und wenn Sie einmal drin sind, ist alles von ihr.«
»Sie hat es doch nett«, versuchte Kidd.
»Oh, ja, sogar sehr. Aber sie bindet uns auch. Wir alle sagen manche Dinge nur für sie. Haben Sie das bemerkt? Jeder, der kommt, tut das. Sie legt diese . . . Nervosität an den Tag. Und dann versuchen Sie herauszufinden, was sie gerne hören möchte, und Sie sagen es. Zuerst nur, um sie nicht aufzuregen. Dann aus Gewohnheit. Finden Sie nicht?«
»Ich weiß nicht . . . nein nicht besonders.«
»Doch, es sei denn, Sie passen einfach dazu. Sie hat immer schon Musiker gern gemocht. Und plötzlich war jeder, der zu uns kam, Musiker, oder ihm fiel ein, daß er mal im Schulorchester gespielt hatte oder sonst irgend etwas. Und alles lief so, bis sie die Leute da hatte, die irgendwelche Kammermusik machten —« Er hob den Kopf und lachte. »Das war komisch. Sie waren schrecklich. Mary und ich haben Wochen darüber gelacht.« Er senkte das Kinn. »Und damit war es vorbei mit der Musik. Nun - jetzt hat sie diesen Burschen gelesen, über den Sie geredet haben - «
»Ernest Newboy?« Kidd beschloß, das erneute Treffen nicht zu erwähnen.
»Yeah. Und Sie sind da. Einmal hat sie versucht, sich für Ingenieurwesen zu interessieren. Ich habe ein paar von den jüngeren Leuten mit heimgebracht. Und ihre Frauen. Das waren die mit den Ideen - wie sie sagt. Aber das hat nicht lange gedauert.« Er schüttelte den Kopf. »Aber alles richtet sich nach ihr. Was ja in Ordnung wäre, wenn . . . wenn ich glaubte, das wäre alles echt. Daß nicht alles, was ich anrühre, wie Eierschalen, wie Gips zerbröselt. Meinen Sie, ich sollte mit Edna reden?« Er lächelte. Seine Hände fanden die Taschen, endlich, und versanken darin. »Vielleicht liegt es einfach an mir.« Wieder sah er sich im Raum umher. »Ich hoffe, das Umziehen tut sein Gutes.«
»Ist Mrs. Richards glücklich?«
»Nicht so glücklich, wie ich sie gern sähe. Wissen Sie, wir hatten noch ein - aber das geht Sie nichts an. Ich werden Sie damit nicht belasten. Ich bin eh' schon zu lange geblieben.«
»Ist schon gut.«
»Geh' jetzt besser. Muß um zehn im Büro sein, um halb zwölf im Lagerhaus.«
»Hey, Mr. Richards?«
Mr. Richards drehte sich im Türrahmen um.
»Da ist ein Brief in Ihrem Kasten. Luftpost.«
»Ah.« Mr. Richards nickte. »Danke.« Er ging hinaus.
»- und, Mr. Richards?« Als er keine Antwort bekam, ging er in den Flur. Beide Fahrstuhltüren waren geschlossen.
Er steckte die Hand in die Tasche und fühlte die feuchte, zerknüllte Banknote. Er schüttelte den Kopf und begann, eine Kommode zur Tür zu bewegen. Drei Schritte, dann beschloß er, die Schubladen herauszunehmen.
Nachdem er längere Zeit Möbel gerückt hatte, ging er auf den Balkon hinaus. Aus dem Gebäude gegenüber quoll Rauch. Der Nebel rechts war wie Elfenbein. Als er hinunterblickte, konnte er gerade eine Baumspitze in dem wirbelnden Dunst ausmachen.
Er schleppte das letzte größere Stück weg. Dann belud er sich mit zwei Rohrgeflechtstühlen. Auf dem letzten lag sein Notizbuch.
Er rieb seine Hemdtasche, fragte sich, ob er eine Pause machen sollte. Der Stift glitt unter den Stoff. Er sah sich in dem leeren Raum um. Im Eingang standen der Eimer, Schrubber, Putzmittel. Er rieb die Zähne gegeneinander, nahm das Buch und setzte sich.
Er
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