Dhalgren
Brust, hielt die Warze in der Hand. Sie nahm so sanft wie möglich seinen Daumen, dachte er schliefe.
Also schlief er.
Nach einer Weile kam graues Licht. Auf dem Rücken liegend sah er, wie die Blätter über ihm Umriß gewannen. Plötzlich schwang er sich in einer einzigen Bewegung auf die Knie. Er sagte:
»Ich möchte Dichter sein. Ich möchte ein großer, berühmter, wunderbarer Dichter sein.«
Als er auf den Rand der Dunkelheit unter den grauen Streifen blickte, stach ihm etwas in den Magen. Sein Arm begann zu zittern. Ihm war übel, und sein Kopf pochte, pochte und pochte. Er öffnete den Mund und atmete hastig ein. Er schüttelte den Kopf, fühlte, wie sein Gesicht flappte und zog die Luft ein. »Wow.« Der Schmerz ließ nach und ließ ihn lächeln. »Ich glaube nicht . . . daß es so große Dichter gibt, wie ich es gern wäre.« Doch das kam nur als heiseres Flüstern heraus. Schließlich stand er auf, nackt, kauerte sich nieder und sah sie an.
Er hatte gedacht, sie hätte die ganze Zeit geschlafen. Ihr Kopf ruhte auf der Hand. Sie sah ihn an.
Er flüsterte: »Schlaf wieder ein.«
Sie zog die Decke über den Arm und legte den Kopf nieder.
Er suchte sein Hemd, nahm den Stift. Er öffnete das Notizbuch an der Stelle, die er in der Bar geschrieben hatte. Mit gekreuzten Beinen am Rand der Decke hockend, versuchte er, es durchzuarbeiten. Beim Morgengrauen war das Papier blau. Während er über dem Anfang grübelte, kamen Überlegungen zu Buchumschlägen, gedrucktem Lob, Empfängen bei Leuten von Richards bis Newboy - Der Zweig unter seinem Knöchel brachte ihn wieder zurück. Wieder schüttelte er den Kopf, zog den Knöchel weg, beugte sich nach vorn, um zu arbeiten. Seine Augen verloren sich in Time-Magazine-Titeln (Dichter verweigert Pulitzer-Preis), in den Gesichtern des Publikums bei Lathams, wo er eine seiner seltenen Lesungen abhielt. Er zwang sich wieder zurück, bevor die Intensität seiner Phantasie die Schmerzgrenze erreichte. Dann lachte er, weil er noch immer kein Wort verbessert hatte. Er saß noch eine Weile da und konnte vor Denken nicht schreiben, war belustigt über seine mangelnde Disziplin, aber durch diese Erfahrung gelangweilt.
Selbstironie stoppte die Phantasien nicht.
Aber die Phantasie stoppte auch die Selbstironie nicht.
Er sah in dem heller werdenden Morgen nach Formen. Nebel ballte und knäulte sich, waberte, aber riß nicht auf. Er legte sich wieder neben sie und begann, sie unter der Decke zu streicheln. Sie drehte sich um und kuschelte sich an seinen Hals, als er versuchte, sie zu küssen. »Ich glaube, ich schmecke nicht so gut«, murmelte sie, »ich bin noch ganz verschlafen -« Er leckte ihre Zähne. Als er seinen Daumen in ihre Scheide stieß, begann sie unter seinem Kuß zu lachen, bis sie unter seinem Glied und einem weiteren Finger nach Luft schnappte. Seine Knie umklammerten die ihren, und er wiegte sich in den Hüften. Seine nasse Hand umfaßte ihre Schulter, die trockene ihr Haar.
Später erwachte er wieder und umklammerte sie fest. Die Decke hatte sich beim Hin- und Herrollen fest um sie gedreht. Der Himmel war jetzt heller. »Weißt du, ich sollte nicht mehr zu diesem verdammten Job gehen«, sagte er. »Wozu brauche ich hier einen Job?«
»Schhhh«, sagte sie. »Schhhhh«, und rieb seine rasierte Wange. »Schhhh.«
Er schloß die Augen.
*
»Ja, wer ist da?«
»Ich bin's, Kidd. Wenn es zu früh ist, komme ich später wieder -«
Die Kette rasselte.
»Nein, nein. Ist schon gut.« Mrs. Richards im grünen Morgenmantel öffnete die Tür.
»Ist noch keiner auf? Ich habe nicht gewußt, wie früh es ist.«
»Ist schon gut«, wiederholte Mrs. Richards. »Es ist wahrscheinlich so acht Uhr.« Sie gähnte. »Möchten Sie einen Kaffee?«
»Danke, gern. Kann ich Ihr Bad benutzen?« Er ging hinein, bevor sie schläfrig genickt hatte. »Sie wissen, daß in Ihrem Briefkasten ein Brief steckt? Luftpost?«
»Ich dachte, die Kästen wären kaputt.«
»Ihrer ist okay.« Er stoppte, die Hand auf der Badezimmerklinke. »Und ein Brief ist auch drin.« »Ach du meine Güte.«
Er hatte sich schon eingeseift, als er merkte, welche Verzweiflung in ihrer Stimme mitschwang.
*
June, in blauen Hosen und einem rosa Pullover mit eingesticktem Gänseblümchen am Kragen, brachte die vollen Kaffeetassen zum Tisch, als er sich hinsetzte. »Guten Morgen.«
»Waren Sie schon auf?«
»In meinem Zimmer. Ich bin der Frühaufsteher der Familie. Was haben Sie seit gestern
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