DHAMPIR - Blutsverrat
würden die Präsenz eines Adligen infrage stellen, der das Vertrauen des Lords genießt.«
»Du kommst einfach so aus dem Verlies?«, fragte Leesil. »Sieh dich um. Es brennen Feuer in den Kohlepfannen, aber überall liegt Staub. Kaum jemand kommt hierher, und bestimmt nicht ohne Erlaubnis.«
Emêl schwieg; daran schien er nicht gedacht zu haben.
Magiere hielt ihre Boshaftigkeit zurück, als sie sagte: »Wir sehen uns zuerst hier um. Niemand geht nach oben, bevor wir sicher sind, dass Wynn nicht hier untergebracht ist. Vielleicht finden wir einen anderen Weg, de r … «
Sie unterbrach sich, als Leesil ihnen plötzlich den Rücken zukehrte. Es sah ihm ganz und gar nicht ähnlich, sich in einer so gefährlichen Situation wie dieser ablenken zu lassen. Er war kühl und berechnend, wenn es die Umstände verlangten, doch seitdem sie nach Venjètz gekommen waren, hatte er sich verändert und erinnerte kaum mehr an den früheren Leesil. Dort stand er, mit dem Rücken zu Magiere, und sie streckte die Hand nach ihm aus.
»Wenn du so viel über Darmouth weißt, Emê l … «, sagte er. »Was weißt du dann über meine Eltern?«
Magieres Hand verharrte, bevor sie Leesil berührte.
Was auch immer Leesil und Emêl zueinander sagten, es steckte voller verborgener Anschuldigungen. Es widerstrebte Leesil, mit Emêl zu reden oder ihn etwas zu fragen. Emêl richtete seinen Blick auf die Tür mit den Lederstreifen und metallenen Beschlägen jenseits der Torbögen.
»Ich kannte sie«, sagte er zögernd. »Ich habe Lady Nein’a bei einigen von Darmouths Versammlungen gesehen. Sie war in Begleitung eine s … Adligen oder Offiziers.«
Magiere versteifte sich und hörte, wie Chap leise knurrt e – auch ihm schien nicht zu gefallen, was Emêls Worte bedeuteten. Magiere fragte sich, ob der Hund von Nein’as »Pflichten« gewusst hatte, und sie sah zu Leesil zurück. Erneut verspürte sie den Wunsch, ihn zu berühren und daran zu hindern, weitere Fragen zu stellen, die ihm noch mehr inneren Schmerz bereiten konnten.
»Der Tunnel«, sagte Leesil. »Ich nehme an, dass meine Eltern deshalb zur Festung gelaufen sind. Weißt du, ob ihnen die Flucht gelang?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Emêl leise. »Ich habe damals einige Lehen im Westen überprüft, und bei meiner Rückkehr nach Venjètz waren deine Eltern weg und Faris und Ventina in Darmouths Dunstkreis aufgetaucht. Fragen nach Lady Nein’a und ihrem Mann galten als Unverschämtheit. Niemand stellte Nachforschungen an.«
Magiere trat langsam zu Leesil und legte ihm die Hand auf die Schulter. Sie brauchte seine Hilfe; er musste seine Fragen zunächst beiseiteschieben.
»Fang mit der Suche an«, sagte sie und spürte, wie er tief durchatmete.
Leesil zog die Schulter zurück, ohne Magiere anzusehen. Ihr blieb nicht genug Zeit zu versuchen, ihn von seinem Kummer zu befreien. Sie deutete auf die Tür mit den Lederstreifen und Beschlägen.
»Wohin führt die Tür dort?«
Emêl zögerte. »In Darmouths Familiengruft. Manchmal trifft er sich dort mi t … gewissen Personen. Die Tür ist verschlossen. Ich bin sicher, dass er in der Gruft keine Gefangenen unterbringen würde.«
Magiere nickte und ging zu einer der drei Türen an der langen Rückwand. Leesil nahm sich die zweite vor und Emêl die letzte. Magiere fand nur weitere leere Zellen und einen ebenfalls leeren Raum am Ende ihres Korridors. Sie kehrte in den Lagerbereich mit den Kisten und Fässern zurück, als Leesil aus seinem Korridor kam und die Tür schloss.
»Vorräte in Zellen«, sagte er kühl. »Sonst nichts. In der Festung ist mehr eingelagert, als normalerweise nötig wäre.«
Emêl kehrte ebenfalls zurück und runzelte besorgt die Stirn. »Waffen, Bolzen und Armbrüste.«
»Vielleicht breitet sich Darmouth auf eine Belagerung vor«, sagte Leesil.
Emêls Schweigen wies darauf hin, dass er bisher nichts davon gewusst hatte. Offenbar ließ Darmouth selbst seine engsten Vertrauten im Dunkel n – obwohl sie natürlich sahen, wie es in der Provinz zuging. Überall gärte es, und der plötzliche Tod des Herrschers hätte alles noch viel schlimmer gemacht.
Magiere ging zur Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Lagerbereichs und fand einen Raum, der schon seit einer ganzen Weile nicht mehr benutzt worden war. Ein Tisch stand dort, mit einigen alten Federkielen darauf und einem Stuhl an der Seite. Ein alter, verblasster Wandteppich hing an einer Eisenstange an der hinteren Wand. Von den einstigen
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