DHAMPIR - Dunkelland
»Magelia gehörte mir, und er nahm sie mir weg. Damit hätten alle Erinnerungen ein Ende haben sollen. Aber dann bist du gekommen, kleines Ding. Aus dem Bett eines adligen Entführers bist du gekrochen.«
Adryan drehte sich und schwang dabei den Stab, legte seine ganze Kraft hinein. Magiere versuchte, sich mit dem Falchion zu schützen.
Mit einem dumpfen Schlag wurde das Schwert beiseite gestoßen, und der Stab traf ihre Seite. Magiere ging zu Boden und fiel dabei über einen Grabstein. Schmerz stach in ihr.
Es war nur ein Stab, und Adryan war nur ein Dorfbewohner ohne besonderes Kampfgeschick.
Als sie erneut den Blick auf ihn richtete, war sie ein Kind unter den hohen Zweigen des Friedhofs. Sie sah nur das narbige Gesicht, das sie angestarrt hatte, damals, als sie zum letzten Mal beim »Haus« ihrer Mutter gewesen war.
»Ich schicke dich zu ihr«, sagte Adryan und nickte. Tränen glänzten auf seinen Wangen. »Dann brauche ich dich nie wieder zu sehen.«
Er schwang seinen Stab nach ihr, und Magiere wich zurück, wie vor all den Jahren am Grab ihrer Mutter. Adryans Waffe prallte an einem Grabstein ab.
Magiere rollte zurück und schlug mit dem Falchion nach dem Stab, in der Hoffnung, ihn zu zerbrechen. Metall prallte auf Metall, und es hätte ihr fast die Klinge aus der Hand gerissen.
Mit Nägeln und Lederriemen waren dicke Eisenstreifen an dem Stab befestigt, länger als ihr Unterarm. Sie umgaben das obere Ende, und auf diese Weise entstand ein primitiver Streitkolben.
Magiere trat nach Adryans Schienbein.
Sein Fuß rutschte auf dem feuchten Boden, und er sank auf ein Knie. Bevor sie wegkriechen konnte, richtete er sich wieder auf und hob den Stab, drehte sich und schwang seine Waffe wie eine Sense in einem Weizenfeld. Magiere sprang zum nächsten Baum zurück und brachte sich damit aus seiner Reichweite.
»Halt sie fest!«, rief Adryan.
Die Worte verwirrten Magiere nur für einen Moment, aber das genügte.
Neuerlicher Schmerz flammte durch ihre verletzte Seite, als jemand von hinten ihr Handgelenk packte und den Schwertarm zum Baumstamm riss. Der Unbekannte hielt ihren Arm fest, und Magiere spürte, wie eine Hand nach ihren Fingern griff und versuchte, ihr das Falchion zu entwenden.
Der Stab zielte auf ihren Kopf, und sie duckte sich so tief wie möglich. Dicht über ihr knallte er gegen den Baum, und Rinde knackte.
Magiere wollte sich nach rechts wenden und ihr Falchion vom fremden Griff befreien, als plötzlich eine Heugabel aus dem Nichts kam. Sie schrammte an ihrem linken Fußgelenk vorbei und hielt den Fuß zwischen den Zinken am Boden fest. Der Mann, der diese improvisierte Waffe gegen sie einsetzte, war auf der anderen Seite des Baumes kaum zu sehen.
Furcht sammelte sich in Magieres Magengrube und begann zu brennen. Adryan wirbelte herum und sammelte Schwung für den nächsten Angriff. In seinen Augen leuchtete die Hoffnung eines verletzten Mannes, der noch eine Chance sah.
Hinter dem Baum erklang ein Schrei. Adryan zögerte, als er ihn hörte, und der Stab schwang tief. Fast im gleichen Augenblick gelang es Magiere, ihre Hand mit dem Falchion zu befreien.
Sie warf sich gegen die Heugabel, ohne Rücksicht auf den dritten Mann, der sie hielt. Er klammerte sich daran fest, als sie beide zu Boden fielen. Adryans Stab traf erneut den Baum, prallte davon ab und ließ ihn taumeln.
Magieres Furcht verwandelte sich in Gier, die ihr vom Magen in den Kopf sprang. Schmerz entstand in ihren Kiefern und gewann an Intensität, als die Zähne länger und spitzer wurden. Die Nachtsicht verbesserte sich weite r – in der Finsternis sah sie plötzlich wie am helllichten Tag.
Ein Edler Toter hatte Magelia entführt. Doch es war Adryan gewesen, der dem einsamen, ängstlichen Kind auf dem Friedhof endgültig die Mutter genommen hatte.
Magiere biss in den Arm des Mannes, der die Heugabel hiel t – ihre Zähne bohrten sich durch dicke Wolle und die Haut darunter. Der Mann schrie, und warme Flüssigkeit berührte Magieres Lippen. Der Geschmack von Salz kam durch die Wolle und erreichte ihren Mund. Sie schmetterte dem Mann die Faust an den Kopf, und er erschlaffte sofort.
Mit Tränen in den Augen stand Magiere auf. Sie fauchte, noch immer mit Blut an den Zähnen, und sprang auf Adryan zu.
Leesil folgte Wynn in die Hütte und rechnete damit, dort Magiere anzutreffen. Doch er fand nur Tante Bieja, die in ihrem Kochtopf rührte.
»Endlich«, schnaufte sie. »Wenn es jetzt meine Nichte über sich bringen würde
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