Dhampir - Götterjagd
Er verspürte den Wunsch, den Arm, der um Wynn geschlungen war, aus der Schulter des Elfen zu reißen und ihm die Kehle zu zerfetzen, weil er die junge Weise berührt hatte. Fast hätte er sein Schwert fallen lassen, um beide Hände frei zu haben.
Sabel zischte, als sie an Chane vorbeihuschte und auf Wynn zuspran g – er konnte sie nicht rechtzeitig festhalten. Leesil trat vor und hob seine gewölbten Klingen.
Chane knurrte, dazu bereit, das Halbblut zu töten oder Sabel zurückzuziehen, wen auch immer er zuerst erreichte.
Sabel wandte sich zur Seite und schlug mit einem Messer nach Leesils Gesicht.
Wynn drückte sich an Osha; ihre Gefühle bildeten ein wildes Durcheinander.
Welstiel war hier. Wie war das möglich? Und er befand sich in der Gesellschaft von geduckten Gestalten, die Kutten trugen und Schattenwese n – Raben und Wölf e – anfauchten. Wynn hatte solche Kutten schon einmal gesehen. Diese Leute waren Sluzhobnék Sútzits, Diener des Erbarmens, aber sie hatten sich auf schreckliche Weise verändert. Ihre Haut war bleich, die Augen farblos, die Zähne lang und spitz.
Li’kän stand einfach nur da und starrte ins Leere.
Und Chan e …
Ohne nachzudenken, rief Wynn seinen Namen. Die Wahrheit war wie Gift oder eine plötzliche Krankheit.
Chane war mit Welstiel hierhergekomme n – sie wollten die Kugel.
Chap biss einem der untoten Kuttenträger in die Wade und griff dann Welstiel an, das Maul triefend von schwarzer Flüssigkeit. Der grauhaarige Mönch war erstaunlich schnell und wirbelte heru m – seine Faust traf Chap und stieß ihn zur Seite. Wynn hörte die geistige Stimme des Hunds.
Bring Magiere fort! Sie muss die Kugel als Erste erreichen, vor Welstiel!
Wynn löste sich von Oshas Seite, eilte zu Li’kän und rief:
»Lauf, Magiere! Du musst das Artefakt finden!«
Abgesehen von Magiere wusste vielleicht nur Li’kän, wie man auf die andere Seite der steinernen Tür gelangen konnte. Wynns Finger streckten sich Li’käns kalter Haut entgegen, und die Untote drehte sich halb um.
Li’käns Gesichtsausdruck veränderte sich, als Wynn sie berührte.
Und Wynn begriff plötzlich, wie töricht ihr Handeln war.
Magiere blieb stehen, als sie Welstiel erblickte.
Er sah recht mitgenommen aus, aber die weißen Stellen an den Schläfen leuchteten noch immer. Wie konnte er diesen Ort gefunden haben, obwohl sie erst vor zwei Monden in ihren Träumen davon erfahren hatte? Es gab nur eine Antwort.
Welstiel war ihr gefolgt, vielleicht von dem Tag an, als Leesil und sie vor etwa einem halben Jahr Bela verlassen hatten.
Magiere war ihm zum letzten Mal in der Kanalisation von Bela begegnet, aber seitdem hatte sie mehr über ihn herausgefunden. Bilder ihrer Mutter stiegen in ihr auf: Magelia, wie sie auf dem Bett lag und verblutete; Welstiel, der ihr die gerade geborene Magiere wegnahm.
Sie hatten denselben Vater, den er gekannt hatte und sie nicht, aber wer von ihnen war dadurch besser dran? Ein kleiner Teil von Magiere wäre vielleicht bereit gewesen, Mitleid mit ihrem Halbbruder zu haben. Aber der größere Teil wollte ihm den Kopf von den Schultern reißen und beobachten, wie er verbrannte.
Die Dhampir erwachte in ihr, und Magieres Kiefer begannen zu schmerzen. Tränen strömten ihr aus den Augen, als der Raum für sie hell wurde. Ihre Hand schloss sich fester um den Griff des Falchions.
Sgäile lief an ihr vorbei, den Garottendraht zwischen seinen Händen gespannt. Er hielt direkt auf Welstiel zu.
Leesil stürmte der untoten Frau entgegen, die ebenfalls eine Kutte trug und ein Messer schwang.
»Lauf, Magiere!«, rief Wynn. »Du musst das Artefakt finden!«
Magiere hörte sie kaum, denn die Stimme des Zorns war lauter und verlangte von ihr, das bleiche Ding vor ihr zu zerfetzen und sich anschließend auf Welstiel zu stürzen. Sie drehte den Kopf und sah, wie sich Wynns kleine Hand um Li’käns Unterarm schloss.
Vage Sorge regte sich in Magieres Blutgier.
Aber Li’kän stand nur da und schlug nicht nach der jungen Weisen. Die Augen der weißen Untoten bewegten sich, und ihr Blick traf Magiere.
Mit einem Satz war Li’kän heran, und Magiere blieb nicht genug Zeit für eine Reaktion. Die weiße Frau ergriff sie am Handgelenk, lief zum Korridor und zog Magiere hinter sich her.
Abrupt verschwand der Zorn aus Magiere.
»Geh mit ihr!«, rief Wynn.
Magiere sah nicht zurück. Nur sie konnte die Kugel finden, und nur Li’kän konnte ihr dabei helfen. Niemand hatte Magiere darauf hingewiesen,
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