Dhampir - Götterjagd
ihn. Seine Grammatik ließ noch immer zu wünschen übrig, aber sein Wortschatz schien größer geworden zu sein, wenn er wusste, was »Politik« bedeutete. Die vielen Tage in menschlicher Gesellschaft waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen, und außerdem hatte Wynn immer wieder darauf bestanden, dass er Belaskisch sprach.
Osha wandte sich an die junge Weise. »Welches Haus jetzt herrscht?«
Während der vergangenen Tage schienen Wynns Kontakte mit Osha noch inniger geworden zu sein, und das bereitete Magiere Sorge.
»Was?« Wynn war tief in Gedanken versunken gewesen. »Äh, die Äntes nehme ich an, unter der Führung von Prinz Rodêk. Aber wir haben keine Ahnung, wer derzeit an der Macht ist. Seit dem Beginn unserer Reise durchs Reich der Elfen haben wir keine Nachricht aus Dröwinka mehr erhalten.«
Magiere übernahm die Spitze und hielt wachsam Ausschau, als sie den Weg zu Fuß fortsetzten. Wenn noch immer offene Kämpfe stattfanden, so vermutlich weiter im Norden, zwischen Enêmúsk und Kéonsk, der Heimat der Äntes und der Hauptstadt.
Magiere war als Bauerntochter aufgewachsen und wusste kaum etwas über die internen Machtkämpfe in Dröwinka.
Die Prinzen der einzelnen Herrscherfamilien nahmen für sich in Anspruch, zum alten Adel zu gehören, doch die meisten stammten von Menschen ab, die vor langer Zeit eingewandert waren oder das Land in ferner Vergangenheit erobert hatten. Oberhaupt der Regierung war der normalerweise von allen anerkannte Großfürst.
In Abständen von neun Jahren wählte das Konklave der Adelshäuser ein neues Regierungsoberhaupt. Dies schien demokratischer zu sein als eine Monarchie, aber es hatte mehrmals zum Bürgerkrieg geführt. Während Magieres Zeit in Venjètz und später im Elfenwald hatte sie erfahren, wie der Älteste Vater mithilfe der Anmaglâhk Zwietracht zwischen den Staaten der Menschen gesät hatte. Ob die Anmaglâhk auch in den aktuellen Krieg verwickelt waren, wusste Magiere nicht. Sie war nicht einmal sicher, welche Häuser derzeit um den Thron kämpften.
»Behalt die Kapuze auf!«, wies sie Osha an.
Er hatte die Kapuze bereits auf und runzelte die Stirn.
»Die meisten Bewohner dieses Landes haben nie einen Elfen gesehen«, erklärte Wynn.
Magiere bedauerte noch immer, dass sie der Anmaglâhk-Frau Gelegenheit zur Flucht gegeben hatten. Osha hatte ihnen versichert, dass sie wegen des Fehlschlags ihrer Mission auf direktem Weg zum Ältesten Vater zurückkehren würde. Magiere wusste nicht, wie er da so sicher sein konnte, aber sie hoffte, dass Osha recht hatte.
Zwischen den Zweigen der Bäume hingen Moosfladen und verwehrten an vielen Stellen den Blick zum Himmel. Hier war die Luft selbst im Frühling kalt und feucht. Hinter den Düften von nassem Lehm und wild wuchernder Vegetation lag ein Geruch von Fäulnis. Den größten Teil des Nachmittags wanderten sie durch einen Wald mit Vorhängen aus Moos.
»Ist das eine Behausung?«, fragte Leesil und trat an Magieres Seite.
Sie hatte die Hütte bereits gesehen. »Da ist noch eine. Vielleicht haben wir ein Dorf erreicht.«
Magiere zählte etwa zwanzig Wohnhütten, eine Art Gemeinschaftshaus und sogar etwas, das nach einer Schmiede aussa h – Rauch stieg aus einem steinernen Schornstein. Alles machte einen gut gepflegten Eindruck.
Am Rand des Dorfes drehte sich eine von zwei kleinen Kindern begleitete alte Frau um und sah sie. Es zeigte sich keine Furcht in ihrem Gesich t – die Alte wirkte nur wachsam. Magiere vermutete, dass die Kämpfe diese Region noch nicht erreicht hatten.
»Hallo!«, rief Leesil, lächelte und deutete eine Verbeugung an.
Er konnte andere Menschen beruhigen, wie auch immer er sich fühlte. Manchmal bedauerte Magiere, dass ihr ein solches Talent fehlte.
Die Frau drehte sich halb um und rief zur Schmiede: »Bist du da, Cameron?«
Ein Mann mit breiter Brust, braunem verschwitztem Haar und einer ledernen Schürze trat nach draußen und wischte sich die Hände an einem Jutelappen ab.
»Was ist, Mutter?«
Dann bemerkte er die Fremden. Sofort warf er den Lappen beiseite und trat vor die Alte und die Kinder. Am längsten verweilte sein Blick auf Chap und Wynn, und ein Teil des Argwohns wich aus seinem Gesicht. Haar und Ohren blieben unter Oshas Kapuze verborgen, aber er war auffallend groß.
»Wir würden gern bei euch zu Abend essen und in eurem Gemeinschaftshaus übernachten«, sagte Leesil. »Natürlich bezahlen wir dafür.«
Magiere setzte das Bündel mit der Kugel auf den
Weitere Kostenlose Bücher