Dhampir - Halbblut
sie Caleb, der ihr entgegenkam.
»Was machst du hier draußen?«, fragte Magiere verwundert.
»Die nächtlichen Straßen sind nicht immer sicher. Ich habe nach dir gesucht.«
»Ich kann gut auf mich aufpassen.«
Doch seine Sorge rührte sie ein wenig, insbesondere da er sehr müde wirkte. Die letzten Tage waren recht anstrengend für ihn gewese n – sie hatten die Vorräte erneuert und alles für die Wiedereröffnung vorbereitet. Außerdem hatte er den ganzen Abend damit verbracht, die Gäste zu bedienen. Magiere wollte den Weg in Richtung Taverne fortsetzen und Caleb mit einem Wink auffordern, sie zu begleiten, aber er sah zu den Ställen und der Hütte des Schmieds.
»Warum war Meister Welstiel hier?«, fragte er.
Magiere drehte steif den Kopf. »Du kennst ihn?«
Caleb zuckte mit den Schultern. »Er ist neu in Miiska, kam aber oft in die Taverne, als sie noch Dunction gehörte. Die beiden verbrachten viel Zeit zusammen, und Meister Welstiel war immer willkommen.«
Diese neue Information konnte Welstiels Verhalten erklären. Wenn er den früheren Inhaber der Taverne gemocht hatte, so stellte er möglicherweise noch immer Nachforschungen in Hinsicht auf sein Verschwinden an. Vielleicht hatte er dabei Gerüchte über Magieres Vergangenheit gehört, wenn andere Leute über sie sprache n – zum Beispiel der bleiche Fremde, der an diesem Abend in die Taverne gekommen war.
Vielleicht rätselte er auch nur darüber nach, was sie von den Ereignissen in Miiska wusste.
Wenn man die Dinge isoliert voneinander betrachtete, so musste man ihnen nicht unbedingt große Bedeutung beimessen und konnte sie mit einem Schulterzucken abtun. Aber wenn man sie alle zusammennahm, so summierten sie sich zu etwas, das Aufmerksamkeit verlangte.
»Wir sollten schlafen gehen, Fräulein«, drängte Caleb. Er streckte die Hand aus und zupfte vorsichtig an ihrer Schulter. Erst dann wandte Magiere den Blick von den Ställen, der Hütte und dem fleckigen Holzstapel ab. Schweigend schritt sie über die Straße, Caleb an ihrer Seite.
Als Magiere und Caleb nach Hause gingen, kam hinter ihnen ein schwaches Licht aus den Schatten und verharrte dort über der Straße, wo die beiden nächtlichen Wanderer eben noch gestanden hatten. Es wurde heller, glühte wie ein Stück Kohle und folgte ihnen ein Stück des Wegs, schwebte dann in eine Seitenstraße und verschwand.
Konstabler Ellinwood erreichte seine gemietete Unterkunft kurz nach Mitternacht und war froh, endlich daheim zu sein.
Früher hatte er die Abende oft damit verbracht, in Gesellschaft seiner Leute in einer von Miiskas Tavernen Bier zu trinken, aber im Laufe der Zeit fielen ihm diese »Pflichten« immer schwerer. Er hörte zu, wenn seine Wächter langweilige Geschichten über ihre Familien erzählten und berichteten, wie sie einen Taschendieb gefasst oder auf dem Markt den Streit von zwei Händlern geschlichtet hatten. Bei solchen Gelegenheiten lächelte er, nickte und versuchte, Interesse zu zeigen.
Aber Bier brachte seinem Geist kein Wohlgefühl, und in letzter Zeit neigte er immer mehr dazu, das Wachhaus, in dem er einen großen Teil der Arbeit leistete, früh zu verlassen und in sein luxuriöses Quartier in der »Samtrose« zurückzukehren, dem besten Gasthof in Miiska. Dort mischte er gelbes sumanisches Opiatpulver mit seinem geheimen Vorrat an strawinischem Gewürzwhisky. Die Kombination schuf ein wirkungsvolles Tonikum für seine aufgewühlten Gedanken und erlaubte ihm, Stunden in Glückseligkeit und perfektem Frieden zu verbringen.
VondemElixierhatteervorJahrenerfahren,alsihmeinreisenderHändlerdieersteKostprobegab,aberdamalshatteerdiesebesonderenFreudennurseltengenießenkönnen,dennsowohldasPulveralsauchderWhiskywarensehrteuer.InsbesonderedasOpiatpulver,dasübersMeertransportiertwerdenmussteundvomfernenKontinentstammte,ausdemSüdendesSumanischenReichs,demKönigreichIl’MauyMeyauh.SelbstdortwurdederRohstoffheimlichangebautundmussteausdemLandgeschmuggeltwerden.OftwarderPreisvielzuhochfürih n – abgesehenvondenbesonderenGelegenheiten,wennerfürdieFreilassungeinesKriminelleneineungewöhnlichgroßeSummeerpressenkonnte.Erfandessehrungerecht,dasseinManninseinerPosition,dereinsderhöchstenGehälterinMiiskabezog,sichnacheinemanstrengendenArbeitstagnichteinwenigEntspannunggönnenkonnte.Natürlichmussteernichtunbedingtinder»Samtrose«wohnen,aberdiePlüschzimmergefielenihm,undeinMannvonseinemFormatmussteeingewissesNiveauwahren.
Und dann, vor einem Jahr, war ein Wunder geschehen,
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