Dhampir - Halbblut
gab er einen Schrei von sich. Der schmutzige Junge sah auf, fauchte, ließ den Seemann los und sprang näher. Drei der Wächter, die die Taverne nach dem Konstabler verlassen hatten, hörten seinen Ruf und liefen los, um nach dem Rechten zu sehen. Das Schmuddelkind wirbelte herum und verschwand durch die Gasse.
Da er selbst in Lebensgefahr gewesen war, ließ Ellinwood die ganze Stadt von seinen Wächtern durchsuchen. In den Wochen zuvor waren gelegentlich Bürger mit der Behauptung zu ihm gekommen, Geschöpfe der Nacht hätten eine geliebte Person getötet. Ellinwood hatte das für Unsinn gehalten, bis zur Begegnung mit dem Jungen, der menschliches Blut trank. Die Seeleute und Händler, die an der Küste unterwegs waren und durch seltsame Länder reisten, brachten immer wieder Geschichten von Ungeheuern und Dämonen mit. Und enthielten die meisten Mythen nicht ein Körnchen Wahrheit? Der Konstabler war fest entschlossen, den mordenden und vielleicht übernatürlichen Jungen zu finden.
In der nächsten Nacht erreichte eine Nachricht das Wachhau s – eine Einladung. Ellinwood kam ihr aus Neugier nach und ging zum Lagerhaus. Rashed begrüßte ihn und führte ihn in ein vornehmes Zimmer mit Liegesofas, bestickten Kissen und hübschen, Rosen nachempfundenen Kerzen. Doch der Konstabler nahm sich nicht viel Zeit, die Einrichtung zu bewundern.
Selbst im matten Licht sah er, dass mit dem Gastgeber etwas nicht stimmte. Er war zu blass für jemanden, der im Lagerhaus einer Hafenstadt arbeitet e – er schien seit Monaten nicht mehr an der Sonne gewesen zu sein. Und die Augen des Mannes waren fast farblos. Sein Gesicht wirkte seltsam leer, als gäbe es in ihm kein Begehren, kein Verlangen, überhaupt keine Emotionen.
Dann kam eine hübsche junge Frau mit schokoladenbraunen Locken und schmaler Taille herein. Sie stellte sich als Teesha vor, lächelte Ellinwood an und zeigte dabei spitze Eckzähne. Als Rashed den Blick auf sie richtete, veränderte sich sein Gesicht, brachte nicht nur Sehnsucht zum Ausdruck, sondern auch die feste Entschlossenheit, diese Frau um jeden Preis zu schützen. Der Konstabler beschloss daraufhin, still zu sein und abzuwarten, worauf dieses Treffen hinauslief.
Rashed bot Ellinwood zwanzig Anteile des Lagerhause s – praktisch ein Vermöge n – , und als Gegenleistung sollte er wegsehen, wenn ein Bewohner von Miiska verschwand oder unter seltsamen Umständen tot aufgefunden wurde. Der große bleiche Mann betonte, dass so etwas wahrscheinlich nie geschehen würde, fügte diesen Worten dann hinzu: »Oder nur sehr selten.« Um die Vereinbarung zu besiegeln, gaben sich Rashed und Teesha als das zu erkennen, was sie waren. Es fiel dem Konstabler nicht gerade leicht, die Tatsache zu verarbeiten, dass er mit zwei Untoten sprach, aber er geriet nicht in Panik. Er war kein Narr und durchaus imstande, eine gute Gelegenheit als solche zu erkennen. Er wusste: Wenn er die Übereinkunft ablehnte, würde er den Raum nicht lebend verlassen. Aber solange er seine Position als Konstabler von Miiska behielt, konnte er Rasheds Geheimnis hüten und einfach nur den Anschein erwecken, Ermittlungen einzuleiten, wenn jemand verschwand oder unter mysteriösen Umständen starb. Er würde nicht nur weiter sein Gehalt beziehen, um seine Unterhaltskosten zu bestreiten. Er würde auch genug Geld für einen ständigen Vorrat an sumanischem Opiat und strawinischem Gewürzwhisky bekommen.
Es war eine perfekte Vereinbarung.
Ellinwood nahm sich vor, einen wichtigen Punkt mit Rashed zu klären. Zukünftige Treffen mussten im Lagerhaus stattfinden. Er brauchte seine Privatsphäre. Ja, diese Sache würde er bei der nächsten Gelegenheit zur Sprache bringen.
Der Konstabler fühlte sich etwas besser, als er erneut die unterste Schublade aufzog. In einem langstieligen Glas mischte er das Opiat aus der Urne mit dem Whisky und begann, davon zu trinken. Kurze Zeit später saß er voller Wohlbehagen in einem mit Damast bezogenen Sessel, und seine Gedanken schwebten in Glückseligkeit und Wonne.
7
Unweit der Anlegestellen wartete Teesha geduldig darauf, dass ein betrunkener Seemann vorbeikam. Wie immer staunte und bewunderte sie die Pracht und endlose Weite des Ozeans, insbesondere bei Flut. Die Küste war eine Barriere zwischen den Welten. Sie ging barfuß, grub manchmal die Zehen in den Sand und achtete nicht darauf, dass der Saum ihres violetten Gewands über den Boden strich und schmutzig wurde.
Vor vielen Jahren, vor ihrer Ankunft in
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