Dhampir - Halbblut
aussah, so der Begleiter des Soldaten.
Der Mann im blauen Kasack sprach nicht. Er wirkte fast gleichgültig, hörte dem Gespräch nicht zu. Er schien nach möglichen Gefahren Ausschau zu halten, als er den Blick langsam über die Gäste schweifen ließ, lehnte sich dann zurück und schenkte seiner Umgebung keine Beachtung mehr.
»Dies ist Rashed«, sagte Lord Corische, ohne auf seinen Begleiter zu zeigen. »Er stammt aus einem Wüstenland weit jenseits des Meeres und verabscheut unser kaltes Wetter, nicht wahr, Rashed?«
»Ja, Herr«, antwortete Rashed schlicht, als wäre dies ein Ritual, das vervollständigt werden musste.
»Darf ich euch Bier bringen, Herr?«, fragte Teesha höflich. Sie suchte nach einem Vorwand, sich von dem Tisch abzuwenden.
»Nein, ich bin wegen dir gekommen.«
»Wie bitte?«, fragte sie verwundert.
Corische stand auf und strich den Umhang zurück. Seine Haut war bleich, aber unter der Rüstung zeichneten sich breite Schultern und dicke Oberarme ab.
»Ich bin schon mehrmals im Dorf gewesen und habe dich beobachtet. Dein Gesicht gefällt mir. Du wirst mich zum Bergfried begleiten und mir dort Gesellschaft leisten, solange ich hier bin, einige Jahre vielleicht.«
Furcht entstand in Teesha, aber sie lächelte wie bei einer koketten Bemerkung.
»Oh, ich glaube, das würde meinem Mann gar nicht gefallen«, sagte sie und setzte die Arbeit fort.
»Dein Mann?« Lord Corisches Blick ging an Teesha vorbei und verharrte auf Edwan, dem zarten, grimmigen Edwan, der bereit war, über die Theke zu springen.
»Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, Herr«, sagte Rashed leise.
Ein langer Moment verstrich. Dann nickte Corische Teesha zu, stand auf und ging ohne ein Wort. Rashed erhob sich ebenfalls und folgte ihm.
In jener Nacht im Bett beschwor Edwan seine Frau, ihre Sachen zu packen und mit ihm zu fliehen.
»Wohin?«, fragte sie.
»Irgendwohin.«
Das kleine Dorf im Norden war Teeshas Heimat, und dummerweise beharrte sie darauf zu bleiben. Zwei Abende später fand man einen Bauern, mit dem Edwan einmal über den Brotpreis gestritten hatte, erstochen hinter der Taverne. Als Lord Corisches Männer kamen und Nachforschungen anstellten, fanden sie ein blutiges Messer unter Edwans und Teeshas Bett. Rashed war zugegen und leitete angeblich die Ermittlungen, aber er saß nur vor dem Kamin am Tisch und wartete. Als Corisches Soldaten ihm das Messer brachten, verrieten seine hellen Augen weder Überraschung noch Zorn. Er nickte nur, und die Soldaten führten den Befehl aus, den sie bereits erhalten hatten.
Teesha war so verblüfft, dass sie nicht einmal schrie, als zwei Wächter ihren gefesselten Mann fortbrachten. Sie sah Rasheds Augen und bemerkte, wie leer sie ware n – bis auf ein kurzes Aufblitzen in ihnen, das aber sofort wieder verschwand.
Bevor Teesha Edwan folgen konnte, packte ein dritter Soldat sie von hinten an den Armen. Dann betrat Lord Corische den Gasthof, blieb geduldig vor ihr stehen und wartete darauf, dass sie zu zappeln aufhörte.
ZumerstenMalbegannTeeshazuglauben,dassdasmartialischeAussehenunddiegrobeAusdrucksweiseeineMaskewaren.SeinGesichtzeigteüberhauptkeinLeben,nichtdasgeringsteGefühl.
»Was wird mit ihm geschehen?«, fragte Teesha.
»Er wird zum Tode verurteilt.« Corische zögerte. »Es sei denn, du kommst heute Abend mit mir zum Bergfried.«
War sie dumm oder nur naiv gewesen? Sie hatte im Schankraum Geschichten über Adelige und ihre Übergriffe gehört, die das Leben anderer Personen zerstörten, ohne dass es sie kümmerte. Aber bisher hatte sie jene Erzählungen für übertrieben gehalten.
»Bleibt er am Leben, wenn ich Euch begleite?«, fragte sie.
»Ja.«
Corische gab Teesha nicht einmal Gelegenheit, ihre Sachen zu packen. Man brachte sie nach draußen, wo ein weiterer Soldat die Zügel von zwei rotbraunen Pferden hielt. Corische schwang sich auf das erste, Rashed auf das zweite. Von Edwan war nichts mehr zu sehen.
»Rashed ist jetzt auch dein Diener«, sagte Corische. »Er wird dich beschützen.«
Rashed beugte sich hinunter, ergriff Teesha unter den Armen und hob sie mühelos hoch. Entsetzen hinderte sie daran, den Moment bewusst zu erleben, aber später kehrte er in ihrer Erinnerung oft zurück. An jenem Abend war sie noch Teesha die Serviererin, die ihren Mann liebte und glaubte, die Welt bestünde aus Liedern und gewürzten Rüben, Teesha die Serviererin, die nicht verstand, warum man ihr Edwan genommen hatte und was mit ihm geschah. Sie saß seitlich
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