Dhampir - Seelendieb
kalt über den Rücken, als ihr allmählich die Bedeutung der gehörten Worte klar wurde, obwohl sie nicht viel erklärten. Leesil ging in die Hocke und sah unter den Tisch.
»Chap?«, fragte er leise.
Magiere ging ebenfalls in die Hocke.
Der Hund kauerte im Schatten, in der Ecke des Raums. Seine Augen glitzerten, und er richtete den Blick einmal auf Leesil und dann auf Magiere. Als er in Wynns Richtung sah, zeigte er kurz die Zähne, als wäre sie eine Bedrohung, der er sich nicht stellen wollte.
Wynn setzte ihre hastige Suche fort, hielt plötzlich inne und nahm etwas aus einem Kasten mit Federkielen, Stiften und Holzkohle. Damit huschte sie in die Mitte des Zimmers, verharrte zwischen Leesil und dem Versteck des Hu ndes und sank auf die Knie.
»Bitte bleibt hinter mir«, sagte sie. »Ich glaube, er weiß, was wir sage n … Und er ist sehr aufgebracht.«
Chap bewegte sich unter dem Tisch und starrte die junge Weise an. Er knurrte und fletschte die Zähne.
»Hör auf, Chap«, sagte Leesil scharf, doch der Hund warf ihm nur einen kurzen Blick zu.
»Das ist doch lächerlich«, brummte Magiere, war aber bereit, Wynn zurückzuziehen, falls Chap plötzlich auf sie losgehen sollte.
Wynn zeigte einen Klumpen Kreide und legte ihn auf den Boden.
»Ruf ihn«, wandte sie sich an Leesil.
Leesil sah sie argwöhnisch an, seufzte resigniert und kam der Aufforderung nach. »Komm, Junge.«
Chap knurrte und senkte den Kopf.
»Komm«, wiederholte Leesil.
Der Hund kroch langsam nach vorn. Sein Blick wechselte zwischen ihnen, galt aber die meiste Zeit Wynn. Als die Distanz auf die Hälfte geschrumpft war, nahm Wynn die Kreide und zeichnete damit zwei Symbolgruppen, eine Handbreit voneinander entfern t – für Magiere blieben die Zeichen unverständlich. Die junge Frau deutete auf die erste Gruppe und dann auf die zweite.
» Bithâ … na-bithâ «, sagte sie und sah zu Chap.
Unter der ersten Symbolgruppe fügte sie belaskische Worte hinzu.
»J a … nein.«
Chap wich sofort mit einem Jaulen zurück.
»Komm her«, forderte Magiere ihn auf.
Der Hund knurrte und ließ die Schnauze auf den Boden sinken. Erneut kroch er nach vorn, machte vor den Kreidezeichen Halt und sah Wynn an, die zögerte, bevor sie fragte:
» Majay-hì?«
Chap drehte langsam den Kopf und sah Leesil an. Einige Sekunden verstrichen, und dann zeigte eine Vorderpfote auf die erste Symbolgruppe.
Ja.
»O h … «, hauchte Wynn und setzte sich auf die Fersen. »O h … «
Chap ließ den Kopf hängen.
Leesil setzte sich auf den Boden und strich sich mit einer Hand übers Gesicht. Er wirkte wie ein Trauernder an einer Begräbnisstätte in der dröwinkanischen Provinz, einsam und verlassen.
Wynns Hand mit der Kreide zitterte.
»Feen«, flüsterte die junge Weise und sah dabei den Hund an.
»Wie bitte?«, fragte Magiere. Als sie keine Antwort erhielt, ergriff sie Wynn an der Schulter. »Feen? Wie meinst du das?«
Wynn sah sie an.
»Er ist magisch«, sagte sie und schluckte. »Ein Elementargeist.«
Magiere schüttelte den Kopf und schnaufte abfällig. »So hat der verrückte Welstiel ihn genannt. Du selbst hast uns gesagt, dass es vermutlich ein umgangssprachlicher Ausdruck oder ein regionaler Spitzname für diese spezielle Rasse ist.«
Wynn fasste sich wieder und teilte ihre Aufmerksamkeit zwischen Magiere und dem Hund.
»ErspürtLebenundTod,hatIntelligenz,verstehtSpracheundDialekt,regeneriertsichaufwundersameWeis e … undseineVerletzungensindgeringfügig,wennmanbedenkt,waserhintersichhat.IchkennekeinesolcheRasse,undeinMischlingscheinternichtzusein.Außerdemhabtihrmirbeidegesagt,wieguterkämpft,gutgenug,umessogarmitUntotenaufzunehmen.«
Wynns Blick kehrte zu Chap zurück. Sie beugte sich vor und versuchte, die Aufmerksamkeit des Hunds zu erregen, aber Chap wich aus.
»Soweit ich weiß, kann Besessenheit das ursprüngliche Selbst eines Tiers nicht ändern«, fuhr Wynn fort. »Seine Intelligenz ist also angeboren. Ich kenne keine Möglichkeit, so etwas mithilfe von Magie zu bewerkstelligen.« Mit den Fingerkuppen strich sie über die Kreidezeichen auf dem Boden. »Und als ich ihn gefragt habe, hat er es bestätigt.«
Magiere war jetzt wachsam. Chap begleitete sie seit Jahren und Leesil fast sein ganzes Leben lang. Hatte der Hund die ganze Zeit über verstanden, was sie gesagt und getan hatten? Zugegeben, für ein Tier zeigte Chap manchmal geradezu unheimliche Intelligenz, aber dies war Unsinn.
»Wie sollte das möglich sein?«, fragte
Weitere Kostenlose Bücher