Dhampir - Seelendieb
mir nach Hause.«
Sie zögerte, betrachtete seinen Mantel und die Stiefel. Wie Chane gekleidete Männer kamen nicht sehr oft in dieses Viertel.
»Ich habe ein Zimmer«, sagte sie. »Nicht weit von hier.«
Chane zeigte seinen Geldbeutel. »Ich zahle für die ganze Nacht.«
Die Frau zögerte, vom Klimpern der Münzen in Versuchung geführt, aber noch immer vorsichtig. Sie kam etwas näher, nervös und gleichzeitig entschlossen, und hakte sich bei Chane ein.
In diesem Teil der Stadt war es schwer, eine Kutsche zu finden, und erst einige Straßen weiter bekam Chane Gelegenheit dazu. Zu seiner Erleichterung versuchte die junge Frau während der Fahrt nicht, ein Gespräch zu beginnen. Als sie ihr Ziel erreichten, gingen sie gemeinsam zum Haus, und Chane stellte überrascht fest, dass die Eingangstür verriegelt war.
Er klopfte, woraufhin Tibor die Tür einen Spaltbreit öffnete und nach draußen sah. Als er Chane erkannte, öffnete er die Tür ganz und wich zurück.
Chane bedeutete seiner Begleiterin einzutreten, und Tibor wies er an: »Sag dem Herrn, dass ich zurück bin.«
Von oben kam Saphirs Geheul und das Klirren eines zerbrechenden Objekts aus Glas oder Porzellan. Die Frau sah Chane an und wirkte verunsichert.
»Du hast einen Herrn? Ich habe dich für einen gehalten.«
Chane antwortete nicht, und die Prostituierte wich zur Tür zurück.
»Ich habe es mir anders überlegt«, sagte sie. »Ich gehe einfach. Du schuldest mir nichts.«
Chane packte sie am Oberarm.
Die Frau schrie nicht, hob aber schnell ein Bein und zog ein Messer aus dem Stiefel. Die Klinge fuhr über Chanes Hand, und er war so überrascht, dass er die Prostituierte losließ. Doch als sie sich zur Tür umwandte, war sie bereits geschlossen, und Tibor stand stumm davor.
Chane ergriff die Frau mit einer Hand am Nacken. Zwar hatte er bereits Blut getrunken, aber der Schnitt in seiner Hand brachte den Speichel in seinem Mund zum fließen. Sie holte aus und wollte mit dem Messer zustoßen, aber Chane schloss die freie Hand um ihr Handgelenk. Es kostete ihn eine große Willensanstrengung, nicht in den Hals der Frau zu beißen.
»Ist sie für mich?«, erklang Torets Stimme hinter ihm.
»J a … natürlich«, antwortete er.
Er verabscheute es, Toret eine solche Freude zu machen. Diese Frau, so klein sie auch war, steckte voller Vitalität und Überlebenswillen. Genauso gut hätte man einem Trunkenbold, der zu lange kein Bier mehr gehabt hatte, erlesenen Wein anbieten können.
Sie zappelte, und Chane hielt sie wie ein Geschenk. Er schloss die Hand fester um ihr Handgelenk, bis das Knirschen von Knochen zu hören war. Die Prostituierte wimmerte schmerzerfüllt und ließ das Messer fallen.
Toret schlang seine dünnen Arme um die Frau und bohrte ihr sofort die Zähne in den Hals, so schnell, dass sich Chanes Hand von ihrem Nacken löste. Er ließ auch das Handgelenk los und hielt ein verächtliches Schnaufen zurück.
So eine Vergeudung.
Im Obergeschoss fiel eine Tür zu, und es folgte das Trampeln von Schritten. Saphir erschien oben an der Treppe zum Foyer. Das normalerweise perfekt frisierte Haar war zerzaust, und sie schien einen Wutanfall zu haben, der über ihre üblichen Koller hinausging.
»Du kannst mich nicht einfach verlassen, du kleiner Nager!«, rief sie. »Ich bleibe in der Stadt, hast du gehört? Ich bleibe hier!«
Toret ließ die tote Frau fallen, öffnete den Kasack und beobachtete, wie sich die große Wunde in der Brust schloss. Ein neues Auge bildete sich in der zuvor leeren Augenhöhle, und er drehte sich zur Treppe um.
»Halt den Mund«, befahl er Saphir. »Geh jetzt und fang mit dem Packen an.«
Saphir schloss den Mund und hob eine Hand so zum Kopf, als wäre hinter ihren Augen ein plötzlicher Schmerz entstanden. Abrupt drehte sie sich um und kehrte in ihr Zimmer zurück.
»Packen?«, wiederholte Chane.
»Wir verlassen diesen Ort.«
»Meinst du das Haus?«
»Ich meine die Stadt. Wir kehren in meine Heimat zurück. Morgen Abend bestechen wir einige Matrosen, damit sie uns nach Süden zum Sumanischen Reich bringen. Es ist lange her, seit ich zum letzten Mal daheim gewesen bin.« Toret zögerte. »Wenn wir bleiben, findet uns die Dhampir. Wir überleben nur, wenn wir gehen. Die Wüste wird dir gefalle n – sie ist sauber.«
Toret ging die Treppe hoch und ließ die Leiche der Prostituierten auf dem Boden des Foyers zurück.
»Wenn ein Mann mit dunklem Haar und weißen Schläfen komm t … « sagte er. »Lasst ihn
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