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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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Zwergen zurecht? Er beherrschte nicht einmal ihre Sprache. Und Schatten …
    Neuer Ärger brodelte in Wynn.
    Oh, sie hatte einige ganz spezielle Worte für die eigensinnige Hündin. An Worten mangelte es ihr gewiss nicht, soweit es Schatten betraf, und Wynn war fest entschlossen, in dieser Hinsicht keinen Unsinn mehr zuzulassen. Der Ärger verdrängte das Gefühl der Einsamkeit nicht ganz, half ihr aber dabei, es besser zu ertragen. Und auch wenn sie allein war: Sie hatte eine Aufgabe zu erfüllen.
    Wynn nahm den Zylinder der Schriftrolle, zögerte aber, ihn zu öffnen.
    Im eisigen Schloss hoch oben in den Pockenhöhen hatte Li’kän diese Rolle aus einem Regal der uralten Bibliothek gerissen und sie ihr gegeben. Bei jener Gelegenheit hatte Wynn angenommen, dass sie Li’kän daraus vorlesen sollte. Inzwischen wusste sie, dass das gar nicht möglich gewesen wäre.
    Die täuschend gebrechlich wirkende Untote musste etwas anderes bezweckt haben, denn der Text war geschwärzt. Aber in jener Nacht hatte sich Wynn nicht den Inhalt des Zylinders angesehen. Li’kän hatte ihn fallen lassen, und Chane hatte ihn später gefunden und an sich genommen.
    Wynn fragte sich, warum Li’kän versucht hatte, ihr die Schriftrolle zu geben.
    Sie öffnete den Zylinder und zog den Inhalt heraus.
    Die Schriftrolle bestand aus altem Leder, das infolge von Chanes Bemühungen seine alte Geschmeidigkeit zurückgewonnen hatte. Doch der Text ließ sich nicht entziffern, zumindest nicht mit normalen Mitteln. Die Innenseite war mit jahrhundertealter Tinte geschwärzt, bis zum Rand.
    Wynn entrollte das Leder vorsichtig auf dem Boden.
    Die Worte unter der Tinte waren mit dem Blut eines Untoten geschrieben. In Tinte und Leder gab es noch Reste der fünf Elemente des Existierenden, doch dem Untotenblut mangelte es am Element Geist. Mit ihrer mantischen Sicht konnte Wynn nicht nur erkennen, was da war, sondern auch, was fehlte. Sie hatte bereits einen Blick auf die alten sumanischen Schriftzeichen unter der schwarzen Schicht geworfen.
    Auf diese Weise hatte sie in der Gilde mit ihrer Übersetzungsarbeit begonnen und sich so viele sumanische Iyindu-Zeichen wie möglich eingeprägt, bevor ihr von der Mantik schlecht geworden war. Mit Chanes Hilfe hatte sie die Sätze aufgeschrieben und so gut es ging übersetzt. Domin il’Sänke hatte ihr später bei den Korrekturen geholfen.
    Wynn nahm ihren Rucksack und holte ihre Tagebücher hervor, außerdem den elfischen Federkiel und ein Fässchen Tinte. Wenn sie diesen Abend schon allein verbringen musste, so konnte sie die Zeit wenigstens nutzen. Das unter der Schwärzung verborgene Gedicht stammte von einem Gefährten Li’käns, von Häs’saun oder Volyno. Wahrscheinlich von Häs’saun – das war ein sumanischer Name.
    Wynn sah sich ihre Notizen an, die die Zeilen auf der Schriftrolle betrafen:
    Kinder … sechsundzwanzig Stufen
    Zu verstecken … fünf Ecken
    Zu verankern inmitten … der Leere
    Verzehrt das eigene
    Vom Berge unter … der Stuhl eines Herren Gesang
    Domin il’Sänke hatte die Übersetzung von Min’bâl’alu – »von eines Herren Gesang« – korrigiert. Was Wynn für präpositional gehalten hatte, war in Wirklichkeit eine unklare Iyindu-Syntax ohne eine Entsprechung in ihrer numanischen Muttersprache. Der Kontext wies darauf hin, dass das Wort anders ausgesprochen wurde, als die Schriftform vermuten ließ, und zwar wie »Min’bä’alâle«. Der Begriff Maj’att , »Stuhl«, sollte besser mit der allgemeinen Form »Sitz« übersetzt werden. Seltsamerweise wurde das Wort in der korrekten Form nicht wie in der Schriftrolle mit einem doppelten »t« geschrieben. Nahm man die Veränderungen zusammen, ergab sich ein halb vergessener zwergischer Begriff, in einem alten sumanischen Dialekt wiedergegeben.
    Min’bä’alâle maj’att … Bäalâle Seatt .
    In der Gilde hatte sie für einen Tag Zugang zu den bisherigen Übersetzungen erhalten. Während dieses langen Tages und mithilfe von späteren Erkenntnissen hatte sie andere mögliche Bedeutungen hinter den sonderbaren Metaphern des Gedichts entdeckt.
    Die »sechsundzwanzig Stufen« bezogen sich nicht auf eine Entfernung, sondern auf dreizehn Paar Füße, auf dreizehn reisende Individuen. Wynn wusste noch nicht, was »fünf Ecken« bedeutete, aber inzwischen hatte sie eine recht klare Vorstellung davon, was es mit »dreizehn« auf sich hatte.
    Einst hatte es dreizehn Vampire gegeben, in’Ahtäben »die Kinder« genannt, vielleicht

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