Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
Richtungen durch den Tunnel.
»Jemand mit einer Fackel hat diesen Weg genommen«, sagte er. Herzogin Reine winkte ihn weiter, und die Prozession setzte den Weg fort.
Kurz darauf sah Sau’ilahk, wie ein Teil der Wand zurückwich, nachdem die Herzogin ihn fünfmal berührt hatte. Auf solche Methoden war er nicht angewiesen.
Verschwinde!
Der Rauch in ihm wurde dünner und löste sich auf. Diesen Diener brauchte er nicht mehr; im Gegensatz zu den beiden anderen konnte er nicht Stein durchdringen und ihn begleiten. Er kannte jetzt den Weg und stellte sich das Ziel vor.
Folgt!, befahl er den beiden anderen Dienern und wechselte seine Position mit einem kurzen Dämmern.
Sau’ilahk erwachte vor dem Teil der Wand, die zurückgewichen war – jetzt befanden sich die einzelnen Steine wieder an ihrem Platz. Er wartete, um seinen beiden Dienern Gelegenheit zu geben, zu ihm aufzuschließen.
Wynn biss die klappernden Zähne zusammen. Ihre Füße in den Stiefeln waren taub geworden, und inzwischen reichte ihr das kalte Wasser bis zu den Knien. Sie atmete schwer und hörte Schattens Schnaufen – Geräusche, die im engen Tunnel seltsam dumpf klangen. Wynn versuchte, nicht zu oft zurückzuschauen.
Die Flut kam jetzt schneller, das Wasser stieg immer höher. Bisher hatte Chane fünf weitere Gitter aufgebrochen. Zwar waren sie nicht so stabil gewesen wie das erste, aber er hatte jedes Mal etwas länger gebraucht. Bei den ersten drei hatte er auf die Verwendung des Reifs verzichtet, und bei den letzten beiden war es nicht so schnell gegangen wie beim ersten Mal, die Gitterstäbe zu erhitzen. Wynn befürchtete, dass Chanes Kräfte schwanden, wenn sie es mit weiteren Gittern zu tun bekamen. Beim letzten hatte er sich sehr anstrengen müssen, und es war ihm erst nach mehreren Versuchen gelungen, eine Lücke zu schaffen, durch die sie auf die andere Seite klettern konnten.
Wynn fragte sich, warum die Steingänger diesen geheimen Zugang geschaffen und ihn dann so sehr abgesichert hatten. Bei jedem Gitter fanden sie ein Oval aus Chein’âs-Metall an der Schließblende.
Mühsam setzte Wynn einen Fuß vor den anderen und wusste gar nicht mehr, wie viel Zeit vergangen war. Seit vielen Stunden schienen sie in dem Tunnel unterwegs zu sein. Für Schatten und sie gab es derzeit kein Zurück; das verhinderte die Flut. Aber das alles spielte nur eine untergeordnete Rolle – es ging vor allem darum, die Texte zu finden.
»Hast du gezählt?«, fragte Chane plötzlich. Seine Stimme war ein heiseres Krächzen.
»Fünf Gitter … seit dem ersten«, brachte Wynn hervor und zitterte vor Kälte.
»Die Schritte«, sagte Chane.
Wynn seufzte erschöpft. »Für mich mehr. Deine Beine sind länger.«
»Ich schätze, wir haben ungefähr eine Meile zurückgelegt.«
Das überraschte Wynn nicht.
»Brauchst du eine Rast?«, fragte Chane und warf ihr einen Blick zu.
Er blieb stehen. Im Licht des Kristalls wirkte sein Gesicht noch blasser, und die Sorge in seinen Zügen wich fast so etwas wie Zorn.
»Deine Lippen sind blau!«, zischte er und schüttelte den Kopf. »Dies war dumm … dumm . Ich hätte es nicht zulassen dürfen.«
» Du hättest es nicht zulassen dürfen?«
Wie oft hatte sie ihn daran erinnert, dass dies ihre Mission war? Selbst wenn er die Texte allein fand – die meisten von ihnen konnte er gar nicht lesen.
Weiter vorn jaulte Schatten. Wynn dachte voller Mitgefühl an sie, obwohl ihr die Kälte vermutlich mehr zusetzte als der Hündin.
Schatten schnaubte zweimal.
Chane drehte sich um und trat einige Schritte vor.
» Odsúdýnjè! « , fluchte er.
Wynn brauchte gar nicht zu fragen. Sie platschte zu Chane, schaute an ihm vorbei und sah … ein weiteres Gitter.
Aus der Ferne beobachtete Sau’ilahk, wie Herzogin Reine den von Laternen erhellten Raum am Ende des nach unten führenden Tunnels erreichte.
Die beiden Wächter weiter oben am Zugang waren kein Problem gewesen. Er hatte einfach den Kopf durch die Stelle der Wand mit den beweglichen Steinen geschoben und den geheimen Gang entdeckt. Anschließend hatte er sich rasch zurückgezogen, um zu vermeiden, dass die Wächter leichte Veränderungen in den Schatten an der Innenwand bemerkten. Der kurze Blick genügte ihm, um einen Eindruck vom Raum hinter der Wand zu gewinnen.
Anschließend hatte er darauf gewartet, dass sich die Herzogin auf den Weg machte, und war dann ganz durch die Wand geschlüpft und am Zugang des nächsten Tunnels erschienen.
In Begleitung seiner beiden
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