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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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Möglichkeit für ihn, die Leichen an diesem Ort zu beseitigen, aber er hatte gehofft, wenigstens genug Zeit zu haben, um ein wenig Lebenskraft aufzunehmen. Er wartete, bis der zweite Wächter an der Stelle des verbannten Lichts vorbeikam.
    Nur eine dunkle Silhouette zeigte sich an der gegenüberliegenden Tunnelwand und wies auf die Präsenz des Zwerges hin.
    Sau’ilahk streckte beide Hände aus – bis zu den Unterarmen sanken sie in die dicke Brust.
    Er fühlte, wie sich der Zwerg zu ihm umdrehte und in der Dunkelheit zitterte. Etwas Langes und Schmales kippte zur Seite. Der Eisenstab – der Zwerg hatte ihn losgelassen.
    Sau’ilahk zog seinen linken Arm heraus, während der andere in der Brust blieb. Er gab beiden Händen Substanz, griff nach dem fallenden Stab und spürte, wie sich der Zwerg versteifte. Er versuchte, die Hand aus ihm herauszuziehen, die Brust aufzureißen, aber es ging nicht. Was bei Menschen, den Stadtwächtern von Calm Seatt etwa, leicht gewesen war, erwies sich hier als schwer. Es fühlte sich wie der Versuch an, die Hand aus halb hart gewordenem Ton zu ziehen.
    Der Zwerg stieß sich von der Wand ab, und Sau’ilahk spürte, wie er aus dem Stein gezogen wurde.
    Erschrocken schmetterte er den Stab an den Kopf des Wächters. Er hörte ein dumpfes Pochen, und plötzlich zog ein großes Gewicht seinen Arm nach unten. Rasch ließ er ihn wieder seine materielle Substanz verlieren.
    Der Zwerg sank zu Boden, und Blut strömte aus der tiefen Wunde in der Brust – Sau’ilahk hörte es wie das Prasseln von Regen.
    Er stellte den Stab an die Wand, entzog auch der Hand die Substanz und eilte zum Raum am Ende des Tunnels. Dort zögerte er und wagte es nicht, durch die Tür zu gleiten. In der Stille hörte er die Stimme der Herzogin jenseits der Tür.
    Der Moment der Erleichterung verstrich schnell.
    Sau’ilahk fragte sich verwundert, warum Herzogin Reine den Weg nicht fortgesetzt hatte.

16
    Reine betrat den kuppelförmigen Raum und blieb stehen, als sich die Tür hinter ihr schloss. Sie starrte auf das Bodenportal aus weißem Metall, glatter als ein Spiegel oder stilles, unbewegtes Wasser. Der letzte Vergleich weckte Unbehagen in ihr. Sie dachte nur selten an Wasser, ohne dass sich Sorge in ihr regte, obwohl jene alte Furcht im Vergleich mit anderen klein geworden war.
    Sie dachte nicht an die ehrenwerten Toten der Zwerge, die nun in der Obhut der Steingänger ruhten, auch nicht an die Texte, die von altem – und vielleicht auch neuem – Unheil berichteten. Sie dachte nur an das seltsame weiße Metall, und daran, wie leicht Schönheit und Schmerz eins sein konnten.
    Die Unterwelt wartete.
    Chuillyon näherte sich und folgte ihrem Blick. Als er die Herzogin sanft an der Schulter berührte, trat sie vor.
    »Willkommen, Hoheit«, sagte ein Thänæ, der einen Streitkolben mit langem Griff hielt. Alle vier Zwerge in dem Raum nickten ihr zu, und Chuillyon ging zum Glockenstrang.
    Der lange, laute Ton schien in Reines Körper widerzuhallen – ein Ton, der Asche-Splitter rufen sollte. Als der große Elf zurücksah, erschien Sorge in seinen bernsteinfarbenen Augen. Reine reagierte nicht darauf. Sein Rat und seine Fürsorge waren willkommen, nicht aber Mitleid.
    Hauptmann Tristan war wachsam wie immer, und er behielt die vier Thänæ im Auge. Reine kannte ihn nicht besonders gut, obwohl er der königlichen Familie seit vielen Jahren diente. Er sprach nur selten, wenn es nicht darum ging, eine Frage zu stellen oder einen Befehl zu erteilen. Als Oberhaupt der Weardas stand seine Kompetenz außer Zweifel. Das galt auch für seine Loyalität. Reine wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte, auch in Hinblick auf das Geheimnis, dessen Bürde sie trug, seit sie den Mann geheiratet hatte, den sie liebte.
    Die beiden anderen Weardas, Danyel und Saln, hatten Haltung angenommen und warteten auf Anweisungen. Reine kannte sie kaum; Tristan hatte sie persönlich ausgewählt.
    Ein rhythmisches Knirschen erklang und wurde zu einer Vibration im Boden. Das weiße Portal teilte sich in der Mitte, und die beiden Hälften glitten auseinander. Die Plattform eines Aufzugs kam nach oben.
    Meister Asche-Splitter stand darauf.
    Das von grauen Strähnen durchsetzte schwarze Haar hing offen, und er trug kein Panzerhemd, nur eine dunkelgraue Kniehose und ein weites Hemd – damit sah er aus wie Erz-Locken vor einigen Nächten. Seine dunklen Augen blickten herausfordernd.
    »Hoheit«, sagte er mit einer Stimme, die sich anhörte,

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