Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
als rieben Kieselsteine aneinander.
Er vermied es, sie Herzogin zu nennen, denn solche Titel spielten hier keine Rolle. Abstammung und Zugehörigkeit zum Königshaus würden ihr nicht helfen, eine solche Nacht zu überstehen. Falls sie sie noch einmal überstehen konnte.
Asche-Splitter machte einen Schritt nach vorn und blieb dann wieder stehen. Plötzliche Anspannung zeigte sich in seinem zerfurchten Gesicht. Er neigte den Kopf und sah sich in dem kuppelförmigen Raum um, wie auf der Suche nach etwas, das nur er gehört hatte.
»Was ist?«, fragte Tristan scharf.
Die vier Thänæ wechselten Blicke und beobachteten Asche-Splitter. Die Anspannung des alten Steingängers schien auch sie zu erfassen. Auch sie sahen sich argwöhnisch um, ebenso wie Reine, und Chuillyon trat näher zu ihr.
Asche-Splitter zuckte die breiten Schultern und schüttelte den Kopf.
»Nichts«, brummte er. »Gehen wir.«
Reine rang mit ihren Empfindungen, als sie ihm auf die Plattform folgte.
Sau’ilahk lauschte an der Tür. Dem leisen Schaben von Metall auf Stein folgte ein anderes, rhythmisches Geräusch, wie von den Zahnrädern eines Aufzugs. Als alles still geworden war, ertönte eine raue Stimme, die niemandem aus dem Gefolge der Herzogin gehörte.
Vermutlich handelte es sich um einen Zwerg, aber jene Stimme bohrte sich in Sau’ilahks Inneres, als gäbe es dort noch Fleisch und Nerven, die durchbohrt werden konnten. Die Stimme sprach nur wenige Worte, verunsicherte ihn aber. Er zögerte, ohne den Grund dafür zu wissen, und hörte dann, wie sich der Aufzug erneut bewegte.
Unwissenheit konnte Sau’ilahk nicht ertragen. Vorsichtig schob er den Kopf durch die Tür, bis die vom Holz verursachte Blindheit nachließ. Nach einem kurzen Blick auf die andere Seite wich er wieder zurück. Es genügte, um ihm eine Mischung aus Staunen, Hoffnung und Enttäuschung zu bescheren.
Herzogin Reine war in einem Schacht in der Mitte des kuppelförmigen Raums auf dem Weg nach unten. Ihr Gefolge begleitete sie, außerdem auch noch ein älterer Zwerg in dunkler Kleidung.
Sau’ilahk wusste nun, wie und wo die Herzogin die Unterwelt der Steingänger erreichte, und irgendwo dort befanden sich die alten Texte.
Aber es standen auch Wächter in dem Raum.
Früher oder später würde man die beiden Zwerge finden, die er gerade getötet hatte, doch wenn er diese vier hier lebend zurückließ … Es hätte bedeutet, dass die Präsenz eines Eindringlings noch schneller bekannt geworden wäre. Vier Thänæ stellten keine Gefahr für ihn dar, aber er konnte sie nicht schnell genug töten, um einen Alarm zu verhindern. Die Beschwörungen hatten ihn geschwächt, und deshalb fehlte ihm die Kraft, giftiges Gas in den Raum strömen zu lassen.
Die Herzogin war auf dem Weg nach unten, entfernte sich mit jeder verstreichenden Sekunde von ihm.
Sau’ilahk wich von der Tür zurück. Genügte ein kurzer Blick? Der Schacht lag direkt vor ihm – er konnte ihn leicht erreichen, wenn er sich genau geradeaus bewegte.
Folgt mir , wies er seine Diener an und sank in den Boden.
Die Plattform erreichte den Boden des Schachts, und Reine versuchte ihre Fassung zu bewahren. Asche-Splitter öffnete das Tor, doch die Herzogin war nur zwei Schritte weit gekommen, als er plötzlich stehen blieb und den Weg versperrte.
Er blickte in den vor ihnen liegenden Tunnel, der sich weiter vorn teilte und in drei verschiedene Richtungen führte. Eine jener Passagen endete in einer Höhle, von der eine matte Phosphoreszenz ausging.
Asche-Splitter drehte sich zum Aufzug um und schaute hinauf in den Schacht über Reines Kopf. Dann senkte er den Blick und runzelte unschlüssig die Stirn. Erneut drehte er sich um und sah wieder durch den Tunnel.
Danyel und Saln griffen nach ihren Schwertern. Tristan stand reglos und beobachtete Asche-Splitter. Der Steingänger sprach kein Wort, trat schließlich von der Plattform herunter und bedeutete den anderen, sie ebenfalls zu verlassen.
»Haben wir Eure Erlaubnis, den Weg fortzusetzen?«, fragte Reine und hoffte auf eine Erklärung für das seltsame Verhalten des alten Zwergs.
»Natürlich«, erwiderte er geistesabwesend. »Ihr kennt den Weg … Meine Gedanken begleiten Euch.«
Noch mehr Mitleid.
»Danke«, sagte sie kühl.
Dort, wo sich der Tunnel teilte, wählte Asche-Splitter den Hauptweg, aber Reine wandte sich nach links, nach Westen. In dieser Richtung, jenseits des Berges, lag das Meer; von dort kam die Flut.
»Was hatte das eben zu
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