Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
sie. »Und lauf dann in den anderen Raum. Warte nicht, Chane. Bring dich sofort in Sicherheit.«
»Ja«, bestätigte er.
Aber nicht sofort, dachte er. Erst wollte er sicher sein, dass Wynn mit den Vorbereitungen fertig war und den Sonnenkristall aufleuchten lassen konnte. Seit ihrer Ankunft in Dhredze Seatt hatten sich die Dinge nicht einmal so entwickelt, wie es wünschenswert gewesen wäre. Hier und jetzt konnte er tun, wozu sonst niemand imstande war: einem anderen Edlen Toten gegenübertreten.
Aus Schattens Heulen wurde ein leises Jaulen, das fast nach dem Miauen einer Katze klang, und sie begann mit einer unruhigen Wanderung entlang der gegenüberliegenden Wand.
Chane sah sich rasch um und suchte nach der besten Position. Er winkte Wynn zum Rand des Beckens, wo sie möglichst weit von allen Wänden entfernt war. Dann wich er einige Schritte in ihre Richtung zurück und gab Schatten dadurch mehr Bewegungsspielraum.
Wenn die Hündin spürte, aus welcher Richtung der Wrait kam, konnte sie ihn sofort bedrängen, was Chane die Möglichkeit gab, sie rechts oder links zu flankieren. Wenn der Wrait überraschend auftauchte, ohne dass Schatten seine Präsenz vorher wahrnahm … Dann würde er ihm zunächst allein gegenübertreten und sich anschließend von der Hündin unterstützen lassen.
Plötzlich blieb Schatten stehen. Das Fell auf Schultern und Rücken sträubte sich, und Chane schob sein Schwert in die Scheide zurück.
»Mach dich bereit«, sagte er zu Wynn.
Schatten schlich am Rand des Beckens entlang.
Ein Teil der Wand wurde schwarz.
Der dunkle Fleck wuchs nach oben und unten, wölbte sich dann vor. Schatten knurrte, als der Wrait auf der anderen Seite des Beckens zum Vorschein kam. Sein schwarzer Mantel wogte.
Chane sprang vom Sims zur anderen Seite des Beckens und versperrte dem Wrait den Weg, während hinter ihm Wynn flüsterte. Ruckartig streckte er die Hand nach der dunklen Kapuze des Untoten aus.
Der Wrait wich instinktiv aus und sank fast ganz in die Wand zurück. Von der anderen Seite kam Schatten, schnappte und grollte.
Wynns Flüstern wurde zu einem leisen Singsang.
Der Wrait hielt inne und drehte den Kopf, als er die Stimme der jungen Weisen hörte. Die Kapuze schwang hin und her, als sähe sich die schwarze Gestalt in der Höhle um.
Chane durfte nicht zulassen, dass sich der Wrait Wynn näherte. Um ihn abzulenken, schlug er mit der anderen Hand nach der Kapuze.
Der Wrait sank in den Stein und verschwand, und Chanes Hand traf auf harten Fels. Rasch drehte er sich um, und sein Blick huschte durch die Höhle, auf der Suche nach dem Geist. Wynns Stimme verklang.
»Schatten?«, flüsterte sie und sah zu Chane.
Die Hündin drehte sich, schnüffelte und stellte die Ohren auf. Dann lief sie an Chane vorbei und setzte die unruhige Wanderung zwischen der Tür und dem Sims fort, auf dem Wynn stand.
»Wo ist er?«, fragte der Hauptmann, der noch immer vor dem Zugang zur anderen Höhle Wache hielt.
Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als der Wrait direkt vor dem Torbogen erschien. Danyel stieß sein Schwert nach ihm, doch im gleichen Augenblick streckte der Geist die Hand aus, in die Brust des Wächters.
Chane lief ums Becken, als Danyels Klinge die schwarze Gestalt durchdrang. Schatten griff an und schnappte nach dem Wrait. Wynn wirbelte herum, richtete den Stab aus und begann mit einem neuen Singsang.
Chane stürmte an ihr vorbei, auf den Wrait zu, doch der … verschwand.
Chane blieb hinter Schatten stehen, und beide knurrten enttäuscht.
Danyel starrte sie nur groß an.
Chane bemerkte erst, wie blass der junge Wächter geworden war, als er plötzlich zusammenbrach.
»Danyel!«, rief die Herzogin.
Er sank auf die Knie, die Augen noch immer offen, und kippte nach vorn. Schatten wich rasch zur Seite, und Danyel schlug mit Gesicht und Oberkörper auf den Boden.
Er war tot.
Chane drehte sich um und behielt Wynn in seinem Blickfeld, als er sich in der Höhle umsah. Er glaubte, das Verhalten des Wraits zu verstehen. Das kurze Zögern vor der Rückkehr in den Stein hatte ihm genügt. Er hatte sich die Höhle eingeprägt und festgestellt, wer sich in ihr aufhielt. Es war ihm sogar gelungen, einen Blick in den anderen Raum zu werfen.
»Weg da!«, forderte er Tristan auf und trat zur Seite, zu Schatten.
Der Hauptmann kam durch die Tür, das Schwert in der einen Hand, und zog die Herzogin mit sich. Sie zückte ihren Säbel, und Chane zischte verächtlich. Wie oft hatte man ihnen gesagt,
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