Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
achtete nicht auf Chanes warnendes Zischen und zog die junge Weise an sich vorbei.
»Haltet Euren Stab bereit. Die Höhle mit dem Becken ist derzeit der sicherste Ort. Ich werde versuchen, den Wrait aufzuhalten. Los, Bewegung !«
Wynn sah ihn ungläubig an. Wie konnte die Höhle des Prinzen sicherer sein als irgendein anderer Ort?
Doch das Gesicht des Elfen zeigte große Entschlossenheit. Wynn wich durch den Tunnel zurück, und Chane und Schatten folgten ihr. Der Hauptmann zögerte.
»Was habt Ihr vor?«, fragte er.
»Bringt sie fort, Tristan«, beharrte der Elf und trat in den Haupttunnel, mit der Absicht, dorthin zurückzukehren, woher sie gekommen waren.
Der Hauptmann wandte sich den anderen zu.
Wynn grub die Hand in Schattens Nackenfell und sah Chane an. Was auch immer geschah, sie durften sich nicht voneinander trennen lassen. Sollten sie bleiben und kämpfen, oder war es besser, zurückzuweichen, weil der Wrait vermutlich an dem Elfen vorbeigelangen und ihnen folgen würde? Was hielt Chane für besser?
»Wir gehen«, sagte er.
Wynn glaubte, Chuillyon flüstern zu hören, als sie mit Schatten und Chane loslief.
Sau’ilahk flog in die Haupthöhle der Unterwelt, verharrte und blickte sich nach einem Rest von Licht um, das vom Kristall der Weisen stammte. Aber er sah nur das orangefarbene Glühen von Zwergen-Kristallen an phosphoreszierenden Wänden.
In den Tiefen des Berges war es schwerer, Leben zu spüren, als im Freien, und seine Erschöpfung machte es nicht leichter. Hunger trübte sein Bewusstsein – und die Steingänger konnten jeden Augenblick erscheinen.
Ein seltsames Flüstern erreichte ihn, und er drehte sich um.
Es kam aus der Öffnung des Haupttunnels. Hatten sich Wynn und die anderen zum Aufzug zurückgezogen? Wenn Hilfe von oben kam, ergaben sich noch mehr Probleme für ihn. Er schwebte in den Haupttunnel.
Dort stand eine weiße Gestalt, nur einen Steinwurf entfernt.
Der Elf hatte die Hände gefaltet und die Augen geschlossen. Die dünnen Lippen in seinem schmalen, ruhigen Gesicht bewegten sich kaum. Das Flüstern stammte von ihm, und es klang wie ein Gebet, oder vielleicht wie ein leiser Gesang.
» Chârmun, agh’alhtahk so. A’lhän am leagad chionns’gnajh. «
Ein Leben, selbst ein so altes, hätte Sau’ilahk dringend benötigte Kraft geben können. Er flog dem Elfen entgegen.
Der öffnete die Augen und sah ihn ohne Überraschung an.
Sau’ilahk stieß gegen eine unsichtbare Barriere und erbebte, als hätte er einen Schlag erhalten.
Es war nicht mit dem Bann der Steingänger zu vergleichen, der ihn in dieser Welt hielt und am Dämmern hinderte. Er fühlte sich, als wäre er in einem einzigen Moment stofflich geworden. Sau’ilahk versuchte, den Elfen zu erreichen, aber je mehr er sich anstrengte, desto größer wurde der Widerstand – er schien in Schlamm zu stecken.
»Nicht weiter, oberster Geist, bei Chârmuns Präsenz«, hauchte der alte Elf. »Du endest hier … Sau’ilahk! Wir haben deinen wahren Namen, für eine Grabinschrift, die nie jemand lesen wird. Diesmal wird man dich vergessen!«
Sau’ilahk zögerte. Kannte ihn dieser alte Elf von früher?
Die weiße Gestalt drückte die Finger ihrer gefalteten Hände fester zusammen.
Taubheit breitete sich in Sau’ilahks Gedanken aus, als er seinem Widersacher in die bernsteinfarbenen Augen blickte, die ihre Farbe zu verändern schienen. Die unsichtbare Barriere schob ihn immer wieder zurück, kaum war er dem Elfen einige wenige Zentimeter näher gekommen. Und während er hier Kraft vergeudete, wuchs die Entfernung zur Weisen und den anderen.
Gab es dort, wo sich der andere Âreskynna versteckte, einen Fluchtweg? Wohin waren Wynn und die Herzogin unterwegs?
Sau’ilahk wandte sich nach links, der landwärtigen Seite des Tunnels zu. Als der Elf zur Seite trat, um ihm den Weg zu versperren, huschte er zur Meerseite des Ganges.
Alles wurde dunkel.
Er trachtete danach, sich im Innern des Steins nach links zu wenden, doch die Barriere existierte auch hier und behinderte seine Bewegungen. Er glitt tiefer nach Westen, tiefer ins Unbekannte, ohne etwas zu sehen oder zu hören. Erneut stemmte er sich dem Widerstand entgegen, doch diesmal schien er schwächer zu werden.
Offenbar hatte er den Rand der elfischen Barriere erreicht.
Sau’ilahk brach durch und setzte den Weg durch die Dunkelheit fort. Aber er befand sich jetzt tief im Innern des Berges und suchte nach einer Möglichkeit, den Stein zu verlassen.
Auf dem Weg
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