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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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gewisse Gerüchte die Ohren der Herzogin erreicht. Nur wenige Einzelheiten waren bekannt, doch dafür gab es reichlich Spekulationen. Sie hatte bei der Polizei des lokalen Clans nachgefragt, aber nur erfahren, dass es insgesamt drei seltsame Todesfälle gab, ein Sumaner und zwei Nordländer – die Leichen waren weniger als einen Tag vor dem Tod des Thänæ gefunden worden.
    Dieser Umstand – und natürlich die Absicht, einem alten Retter die letzte Ehre zu erweisen – hatte die Herzogin veranlasst, bei der Zeremonie zu erscheinen. Jetzt wagte sie es nicht, den Kopf zu drehen und zur Trage zu sehen. Vor dem inneren Auge sah sie noch immer Hammer-Hirschs Gesicht: bleich wie jetzt, und voller Leben, wie vor Jahren.
    Ihr Ehemann war damals mit einem kleinen Segelboot aufgebrochen und verschwunden.
    Hammer-Hirsch und zwei Angehörige seines Clans hatten Freädherich sicher nach Hause gebracht. Damals war der Thänæ bereits recht alt gewesen, fast greisenhaft nach menschlichen Maßstäben. Aber er hatte Kraft und eine Geistesgegenwart, die allen in seiner Nähe Sorge und Furcht nehmen konnte. Als er bei Reine und der königlichen Familie gewesen war und ihnen versichert hatte, mit dem jungen Prinzen sei alles in Ordnung, hatten seine Worte trotz der Übertreibungen Erleichterung gebracht.
    Die Prozession schritt durch eine Kurve, und weiter vorn bemerkte Reine einen tiefen, breiten Torbogen in der linken Wand. Als sie sich näherten, wurde eine eiserne Doppeltür sichtbar, knapp einen Meter tief in der Wand. Es gab weder Klinke noch Knauf, nichts, mit dem man die Tür hätte öffnen können. Nur eine dünne Naht verlief an der Stelle, wo sich die beiden Türhälften trafen. Die Herzogin hielt nach anderen Öffnungsmechanismen Ausschau, und dabei glitt ihr Blick über die Einfassungssteine.
    Die Vubrí der fünf Stämme und siebenundzwanzig Clans waren hier eingraviert. Als Reine die Zeichenkombination für den Meerschaum-Clan fand, drehte sie den Kopf und sah zu Hammer-Hirschs verhüllter Leiche.
    Sein bleiches Gesicht hatte viel zu alt ausgesehen. Sie konnte nicht sicher sein, was das bedeutete, nicht einmal nach dem Tod der Weisen, die in ihrer Erinnerung noch so frisch waren. Ein kalter Schauer rann ihr über den Rücken.
    »Ist Euch kalt, Hoheit?«, fragte Chuillyon.
    Reine sah zu den fedrigen Brauen auf, die unter der faltigen Stirn zusammengezogen waren.
    »Nein«, flüsterte sie und schloss die Augen.
    Sie erinnerte sich an eine Nacht, weiter entfernt als die von Hammer-Hirsch erwiesene Hilfe, sogar noch weiter als das erste Verschwinden ihres Mannes. Es war eine Erinnerung an eine glücklichere Zeit, ein Ort in ihrem Gedächtnis, den sie häufig besuchte und der sie noch immer mit einem Leben der Heuchelei und einem Grund dafür verband, einen großen Verlust zu ertragen.
    Reine hatte Freädherich – Frey – bei ihrem ersten Besuch in Calm Seatt kennengelernt, vor sieben Jahren …
    König Jacqui Amornon Faunier – beziehungsweise Onkel Jac – war zu einem weiteren königlichen Besuch in Malourné eingeladen worden, und man hatte ihm zu verstehen gegeben, dass es durchaus willkommen sei, wenn er auch noch andere Familienangehörige mitbrachte.
    Reines Eltern waren vor langer Zeit gestorben, und sie hatte das Herzogtum geerbt. Sie empfand es als Belastung und mochte es nicht, ständig von Adligen umgeben zu sein, die die unverheiratete Nichte eines Königs umwarben. Onkel Jac hatte in dieser Hinsicht nie Druck auf sie ausgeübt.
    Er begegnete allen Verehrern mit Höflichkeit – eine Verlobung erforderte seine Zustimmung, und die hätte er nie ohne Reines Einwilligung gegeben. Immer ließ er große Vorsicht walten, wenn die Adelshäuser von Faunier einen Sohn, Bruder oder Neffen schickten, der mittels Heirat eine königliche Allianz schmieden sollte. Einige waren nicht übel, aber Reine hatte es satt, nur für ein Mittel zum Zweck gehalten zu werden.
    Und so bestand Onkel Jac darauf, dass seine Lieblingsnichte – auch seine einzige – ihn beim Besuch eines treuen Verbündeten ihrer Nation begleitete. Seine Frau Evonné würde daheim bleiben und sich um die Staatsgeschäfte kümmern, und deshalb brauchte er weibliche Gesellschaft.
    Reine hatte nichts dagegen einzuwenden, und sie ließ sich auch nicht von den Erklärungen ihres Onkels täuschen. Ihm lag immer ihr Glück am Herzen, und sie liebte die Freiheit, ihn ins Ausland zu begleiten. So entsprach es den Traditionen der Faunier, die immer ein Reitervolk

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