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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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gestohlenen Folianten gezogen hatte, musste noch repariert werden, aber die Fensterläden waren geschlossen. Die junge Weise fragte sich, ob sie nur zugeklappt oder verriegelt waren.
    Chane schlich um den Wrait herum, sprang gelegentlich vor und wich wieder zurück. Schatten blieb auf der anderen Seite und setzte der schwarzen Gestalt von dort zu.
    »Chane!«, rief Wynn. »Das Skriptorium. Das beschädigte Fenster. Lauf!«
    Wynn wusste nicht, ob er il’Sänke, sie oder den Kristall gesehen hatte. Aber sein ohnehin schon bleiches Gesicht wirkte grau im schwachen Licht der Straßenlaternen.
    »Lauf!«, wiederholte sie und ergriff den Stab mit beiden Händen.
    Sie neigte den Stab, richtete den Kristall auf die schwarze Gestalt. Chane drehte sich um und lief zum Skriptorium.
    Die ersten Linien des Musters erschienen vor Wynns innerem Auge, als Domin il’Sänkes leiser Singsang endete. Der Wrait wandte sich von Schatten ab und drehte seine Kapuze Wynn zu.
    Sie begann zu flüstern und hörte vom Skriptorium das Brechen von Holz. Gleichzeitig kam die schwarze Gestalt direkt auf sie zu.
    » Mên Rúhk el-När … mênajil il’Nú’ru mên’Hkâ’ät!«
    Von Geist zu Feuer … für das Licht des Lebens!
    Der Kristall erstrahlte, hell wie ein Sonnenaufgang.
    Wynn vergaß, die Augen zu schließen, als die Nacht gleißender Helligkeit wich.
    Sie hörte, wie Schatten bellte, als vor ihren Augen plötzlich alles schwarz wurde.
    Ein Kreischen ertönte, ohrenbetäubend laut, und Wynn wankte einige Schritte zurück.
    Selbst im Dunkeln blieb sie auf das Muster aus Symbolen konzentriert, damit der Kristall weiterleuchtete. Dann bemerkte sie, dass die Finsternis nur vor ihr war; der lange Kristall am Ende des Stabs bildete den Mittelpunkt.
    Sie nahm ein gedämpftes Glühen von dort wahr. Rechts und links davon strahlte jedoch Licht so hell wie der Tag, vielleicht sogar noch heller.
    Wynn erinnerte sich daran, dass sie die Brille trug.
    Ihre Gläser waren ganz plötzlich dunkel geworden, und jetzt ließen sie ein wenig Licht durch, gerade genug, damit Wynn eine zitternde schwarze Gestalt sehen konnte.
    Il’Sänke hielt den Wrait irgendwie fest und hinderte ihn daran, dass er erneut verschwinden konnte.
    Wynn hatte nie Freude am Tod eines lebenden Wesens gefunden. Aber zum ersten Mal spürte sie jetzt, was Magiere empfinden mochte, wenn sie einen Untoten vernichtete und beobachtete, wie sich sein Körper in Asche verwandelte.
    Sie sah, wie die schwarze Gestalt auseinanderbrach. Teile von ihr schwebten wie Rauchfetzen davon, und der Wind trug sie fort. Der »Körper« des Wrait löste sich auf, und wieder hallte ein Kreischen durch die hell gewordene Nacht.
    Es folgte ein schwarzer Blitz, der die Finsternis vor Wynn zu zerfetzen schien.
    Dann breitete sich Stille aus, so plötzlich, das Wynn zusammenzuckte.
    Die dunkle Gestalt war fort. Wynn sah nur noch den Kristall, der jetzt selbst durch die Brille betrachtet so hell strahlte, dass sie die Augen zusammenkneifen musste.
    Wynn ließ das Muster aus Symbolen verschwinden, und das Licht des Kristalls verblasste.
    Reines Schwarz kam. Sie konnte nicht darauf warten, dass sich die Brillengläser anpassten, nahm die Brille rasch ab und hielt den Blick nach vorn gerichtet.
    Wo der Wrait eben noch gestanden hatte, befand sich nichts mehr.
    Etwas weiter entfernt kroch Schatten übers Kopfsteinpflaster und rieb sich mit den Vorderpfoten die Augen. Rodians Stute wich zurück, schüttelte den Kopf und stieß mit dem Hinterteil an einen Verandapfosten. Sie schnaubte und blinzelte verwirrt.
    Wynn drehte sich um und sah, wie il’Sänke zusammenbrach.
    Rodian schnappte nach Luft und konnte nicht klar sehen. Bunte Flecken tanzten vor seinen Augen, geschaffen vom plötzlichen Licht, das von dem Kristall an Wynns Stab gekommen war. Als sich das Bild vor seinen Augen klärte, sah er die junge Weise.
    Die schwarze Gestalt war nicht mehr da.
    Rodian erinnerte sich daran, worüber Wynn und Nikolas gesprochen hatten. Dass der Mörder … was war? Ein böser Geist? Wie sollte er so etwas glauben können?
    Er rang noch immer nach Atem und beobachtete, wie die junge Weise zum Skriptorium lief. Der Wolf hinkte ihr hinterher und schüttelte dabei den Kopf.
    Rodians Schulter brannte, aber es war ein Brennen von Eis. Die schwarze Gestalt hatte ihn nur ganz kurz berührt, ihn eigentlich nur gestreift, und doch fühlte er sich sehr schwach und konnte kaum aufstehen.
    Ein Kratzen weckte seine

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