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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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ich hier eintraf.«
    Rodian folgte ihm und versuchte, nicht auf irgendetwas zu treten. Dann sah er sich die Reste des Schreibtischs an.
    Die oberen Schubladen auf beiden Seiten waren trotz der Schlösser aufgerissen, die unteren noch immer geschlossen. Die Schublade auf der rechten Seite enthielt Protokoll- und Geschäftsbücher; die auf der linken Seite war leer.
    Rodian ging in die Hocke, sah sich den ruinierten Schreibtisch aus der Nähe an und strich mit dem Finger über die Kante. Anschließend betrachtete er die an der nahen Wand lehnende abgerissene Platte. Nirgends zeigten sich Spuren einer Brechstange, aber er hatte auch keine erwartet. Wer auch immer für dies verantwortlich war: Er hatte es eilig gehabt, und genug Kraft.
    »Was enthielt der Foliant?«, fragte Rodian.
    »Wie bitte?«, erwiderte Meister Shilwise, und diesmal klang seine Stimme anders.
    »Die Seiten … Was haben Eure Angestellten für die Gilde kopiert?«
    Shilwise sah die beiden Schreiber an, die ebenfalls verwundert wirkten.
    »Woher sollen wir das wissen?«, fragte einer von ihnen.
    »Ihr habt Texte der Weisen kopiert, nicht wahr?«, begann Rodian kühl. Dann rief er sich zur Ordnung. »Die Texte der Weisen … Ich nehme an, sie waren in ihrer besonderen Schrift abgefasst, nicht wahr?«
    Das überraschte Shilwise. »Ihr kennt das Begaine-Syllabar?«
    »Könnt Ihr die Schrift lesen?«, fragte Rodian.
    Shilwises Gesicht verfärbte sich und bekam einen rosaroten Ton. »Nein, leider nicht. Ich habe dieses Skriptorium gekauft, um den Titel des Meisters zu bekommen. Es ist mein Geschäft, mehr nicht. Die Arbeit wird von ausgebildeten Schreibern in meinen Diensten erledigt. Ich selbst bin kein Meisterschreiber.«
    »Wie Pawl a’Seatt?«
    Shilwise schnaubte und lief rot an.
    »Ich kann ein bisschen davon lesen«, sagte einer der jüngeren Schreiber.
    »Halt den Mund!«, zischte Shilwise und wandte sich wieder an Rodian. »Wenn Ihr mit a’Seatt gesprochen habt, so wisst Ihr, dass alle an dem Projekt beteiligten Skriptorien vertraglich zum Schweigen verpflichtet sind. Ein Dekret der königlichen Familie verleiht diesem Vertrag Nachdruck. Ohne eine gerichtliche Anweisung darf ich nicht darüber sprechen. Ich habe einen Ruf zu wahren.«
    »Es würde ohnehin nicht helfen«, warf der junge Schreiber ein. »Es war zum größten Teil Kauderwelsch.«
    »Was habe ich dir gerade gesagt?«, warnte Shilwise scharf.
    »Seid still!«, befahl Rodian. Er schob den dickbäuchigen Ladenbesitzer beiseite und näherte sich dem Schreiber. »Wie meinst du das?«
    Es war ein schlaksiger junger Mann, mit aus der Stirn gekämmten, ölig glänzenden schwarzen Locken. Der Blick seiner tief in den Höhlen liegenden Augen ging kurz zu Shilwise.
    »Das Syllabar ist nur ein System für die Aufzeichnung von Silben, für die Aussprache. Es spart Platz und damit Papier oder Pergament, im Gegensatz zu all den Buchstabensystemen der verschiedenen Sprachen. Aber das Wenige, das ich entziffern konnte, ergab keinen Sinn.«
    »Warum denn nicht?«, fragte Rodian. »Auf welche Sprachen bist du gestoßen?«
    »Nicht einmal das könnte ich sagen. Das eine oder andere erschien mir wie Sumanisch, aber ich bin mir nicht sicher. Die übrigen Texte … « Der junge Schreiber schüttelte den Kopf.
    »Das reicht«, sagte Shilwise. »Hauptmann, wenn Ihr mehr darüber wissen wollt, solltet Ihr die Weisen fragen. Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum jemand meinen Laden auf diese Weise verwüstet hat, nur um einen Folianten voller Unsinn in die Hände zu bekommen. Aber wenn ich herausfinde, dass der Inhalt gefährlich war, werde ich beim Generalanwalt die Gilde verklagen, weil sie Aufträge unter falschem Vorwand erteilte.«
    Rodian schenkte der Drohung keine Beachtung und sah sich noch einmal um.
    »Seid Ihr sicher, dass sonst nichts fehlt?«
    »Ich bin in gar nichts sicher«, schnauzte Shilwise. »Nicht, bis wir alles genau durchgegangen sind. Aber bisher ist mir nur das Fehlen des Folianten aufgefallen. Wenn Ihr jetzt fertig seid … Können wir endlich damit beginnen, hier Ordnung zu schaffen?«
    »Nein.« Rodian winkte die Schreiber zur Seite und trat durch die Tür. »Wenn mein Leutnant damit fertig ist, die Nachbarn zu befragen, wird er sich den Laden vornehmen. Ihr rührt nichts an, bis er fertig ist.«
    Auf dem Weg nach draußen sah sich Rodian den Rahmen der Eingangstür an.
    Sie schien mit einem wuchtigen Schlag zertrümmert worden zu sein – ein Schlag, der die Splitter bis auf

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