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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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die Straße geschleudert hatte. Erneut stellte sich Rodian die Frage, wie jemand ins Innere des Skriptoriums gelangt war und dort auf der Suche nach dem Folianten ein riesiges Durcheinander angerichtet hatte, um anschließend auszubrechen .
    Wie hatte sich der Schuldige Zutritt verschafft?
    Vielleicht war er von jemandem hereingelassen worden. Aber warum hatte er dann Gewalt anwenden müssen, um den Laden zu verlassen?
    Dies war der zweite verschwundene Foliant in zwei Nächten, und Rodian wusste noch immer nicht, welche Informationen sie enthielten. Er begriff, dass er noch einmal mit den Weisen sprechen musste.
    Ghassan il’Sänke blieb überrascht stehen, als er den Gemeinschaftsraum betrat, um zu frühstücken.
    Dort saß Wynn, zwischen zwei in Grau gekleideten Lehrlingen ihres Ordens, und aß Haferflocken.
    Normalerweise nahm sie das Frühstück in ihrem Zimmer ein, aber an diesem Morgen hatte sie es sich offenbar anders überlegt. Links von ihr saß ein junger Mann, der von den anderen jungen Leuten »Nervöser Nikolas« genannt wurde.
    Wynn sah auf, und ihr Löffel verharrte auf halbem Weg zum Mund. Sie nickte Ghassan höflich zu. Für gewöhnlich frühstückte auch er in seinem Zimmer oder während der Arbeit. Dieser ungewöhnliche Anblick – Wynn, die die Gesellschaft anderer Menschen suchte – erstaunte ihn so sehr, dass sein Interesse erwachte.
    »Schon wieder Haferflocken?«, fragte er, als er den Tisch erreichte. »Bei mir zu Hause gibt es jeden Morgen Honigkuchen, damit der Tag gut anfängt.«
    Wynn lächelte schief und ließ den Löffel sinken. »Wie bist du dann so hager geblieben?«
    »Oh, das liegt an einem Leben voll Kummer und Sorge«, erwiderte il’Sänke.
    Wynns Lächeln wurde größer und offener. »So alt bist du nicht.«
    Nein, dachte Ghassan, man sah es ihm nicht an. Nikolas und seine Begleiterin – sie hieß Miriam, erinnerte sich il’Sänke – wirkten erschrocken, als er auf die andere Seite des Tisches trat.
    »Ich … ich muss mit dem Aufräumen beginnen«, stotterte Miriam, stand auf und eilte fort.
    Was für ein schlichtes, pummeliges Mädchen, mit Augen, die zu klein für das Gesicht waren. Aber offenbar hatte Hochturm etwas Vielversprechendes in ihr gefunden. Der alte Zwerg hatte einmal darauf hingewiesen, dass er keinen anderen Lehrling kannte, der das komplexe System des Syllabars so mühelos verstand wie Miriam. Doch die meisten Lehrlinge empfanden Unbehagen in Ghassans Präsenz.
    Er war ein recht ungewöhnlich aussehender Fremder, größer als die meisten anderen Leute, und sehr distinguiert wirkend – das glaubte er jedenfalls von sich. Und außerdem war er Domin der Metaologie.
    Der Orden der Metaologie in Calm Seatt war kleiner und nicht so angesehen wie in der Gildeniederlassung seiner Heimat, und bei den anderen Gildenmitgliedern stießen die Metaologen auf eine gewisse Zurückhaltung. Was die Gerüchte über den Orden betraf: In den meisten Fällen waren sie übertrieben. Ihre einzige magische Tätigkeit betraf die Thaumaturgie mithilfe arkaner und teilweise auch alchimistischer Methoden. Metaologen schufen die Kaltlampen-Kristalle und andere von der Gilde verwendete Gegenstände.
    In manchen Fällen aber kamen die Gerüchte der Wahrheit sehr nahe, was Ghassan allerdings für sich behielt.
    Nikolas blieb sitzen, und das fand Ghassan durchaus beeindruckend. Aber sein Interesse galt nicht ihm, sondern Wynn. Dem, was sie wusste. Was sie preiszugeben bereit war, und was sie niemandem anvertrauen wollte. Sie war blass an diesem Morgen, als hätte sie nicht gut geschlafen, doch das Haar war sorgfältig zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
    »Möchtest du Brot mit Butter und Honig?«, fragte Wynn. »Ich kann dir etwas holen.«
    Das Angebot rührte ihn. Sofort schob er dieses Empfinden beiseite.
    Wynn war großzügig und zuvorkommend, doch unter den derzeitigen Umständen war das alles andere als gut. Wenn sie allein in ihrem Zimmer gesessen hätte, ohne Kontakt mit anderen … Dann wäre er weniger besorgt gewesen. Ghassan war oft gezwungen, harte Entscheidungen zu treffen und das Notwendige zu tun. Bedauern war etwas, das er sich nicht leisten konnte.
    Er beantwortete Wynns Angebot, indem er freundlich den Kopf schüttelte. Er wollte ihr gerade sagen, dass er sich mit Haferflocken zufriedengeben würde, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit weckte. Hochturm kam durch den kleineren Nordosteingang.
    Der alte Zwerg hatte sich den Mantel eng um die Schultern gezogen, und

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