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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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Wasser, das den Glanz der Sterne widerspiegelte. Das einzige andere Licht kam von den wenigen Laternen, die an Pieren und Schiffen hingen.
    Hier war Wynn an Bord eines Seglers gegangen und hatte sich auf den weiten Weg in die Numanischen Länder gemacht. Keine Chance für ihn, sie noch einmal wiederzusehen.
    »Möchtet Ihr vielleicht einen warmen Tee, Herr?«
    Die Stimme riss Chane aus seinen Grübeleien zurück in die Wirklichkeit seines Dachbodenzimmers in Calm Seatt. Er trat zur Tür und öffnete sie.
    Der dicke Wirt, vermutlich Nattie, stand draußen. Im »Königskette« genannten Gebirge jenseits der Fernländer hatte sich Chane daran gewöhnt, Tee zu trinken. Und er hatte erst vor kurzer Zeit damit begonnen, sich abends auf den Weg zu machen und nach den Ledertaschen mit den übersetzten Texten zu suchen. Chane bezahlte die Miete im Voraus, und der schmierige Inhaber des Wirtshauses behandelte ihn einigermaßen zuvorkommend und hielt sich an Chanes Bitte, ihn tagsüber nicht zu stören.
    »Nein, danke, heute Abend nicht«, sagte Chane und schloss die Tür.
    Die Zeit war knapp, und er hatte bereits zu viel davon mit Erinnerungen an Ereignisse vergeudet, die er nicht ändern konnte. Er nahm Mantel, Schwert und die beiden Rucksäcke, verschloss die Tür und verließ das Gasthaus.
    Niemand achtete auf ihn, als er mit zielstrebigen Schritten durch die dunklen Straßen eilte. Mit seinem langen Wollmantel fiel er nicht auf. Einige Betrunkene starrten ihn an, als sie aus einer Taverne torkelten, hielten sich aber von ihm fern. Chane war zum besser beleuchteten Geschäftsviertel der Stadt unterwegs.
    Er wusste, wo sich der Laden »Gold und Tinte« befand, verfluchte sich aber dafür, das Gasthaus nicht früher verlassen zu haben. Das Skriptorium war weit entfernt, und wenn er noch schneller gelaufen wäre, hätte er sicher Aufsehen erregt. Schließlich erreichte er die richtige Straße.
    Er brachte die Ecke hinter sich und trat in den Schatten unter einem Dachvorsprung. Die Straße lag leer vor ihm – es gab keine Lichter in den Läden, an denen er vorbeikam, und nirgends erklangen Stimmen. Erneut verfluchte er sich lautlos. An dem Geschäft vor dem »Gold und Tinte« zögerte er und näherte sich dann vorsichtig dem Skriptorium.
    Die Fenster waren ebenso dunkel wie die der anderen Läden, aber die Eingangstür …
    Holzsplitter lagen vor dem Skriptorium auf dem Boden, und wo sich die Tür befunden hatte, sah Chane eine dunkle Öffnung. Keine Schreiber, keine Weisen, der Laden für die Nacht geschlossen – aber jemand war eingebrochen.
    Chane betrachtete die Reste der Tür. Nein, es war nicht jemand eingebrochen, sondern ausgebrochen .
    Er schlich näher, um einen Blick ins Skriptorium zu werfen, doch plötzlich erreichten ihn Stimmen vom Ende der Straße. Hatte jemand dies bemerkt und die Polizei gerufen? Man durfte ihn nicht sehen, nicht an diesem Ort.
    Chane bedauerte, den Laden nicht betreten und feststellen zu können, was darin geschehen war. Die Umstände ließen ihm keine Wahl – er drehte sich um und verschwand lautlos in der Nacht.

5
    Rodian erwachte am nächsten Morgen, als jemand an die Tür seiner Unterkunft klopfte, die sich direkt neben dem Arbeitszimmer befand.
    Er gab sich mit wenig zufrieden: ein Bett, ein Waschbecken, ein Spiegel für die Körperpflege und eine Truhe mit zusätzlicher Kleidung. An jedem Abend verbrachte er lange Stunden damit, Berichte zu schreiben und seine Tagebücher auf den neuesten Stand zu bringen, und aus diesem Grund hielt er es für praktisch, dass sich sein Quartier in der Nähe befand. Er hatte ein Arbeitszimmer mit einem leeren Nebenraum gewählt, den er als seine private Unterkunft eingerichtet hatte.
    Als er das Klopfen hörte, setzte sich Rodian sofort auf. Nur Garrogh kam so früh zu ihm, und es bedeutete vermutlich, dass er keine guten Nachrichten brachte.
    »Herein«, brummte er.
    Garrogh öffnete die Tür einen Spaltbreit und sah ins Zimmer. Sein ungewaschenes Haar bildete eine zerzauste Masse. Offenbar war auch er früh aus dem Bett geholt worden.
    »Herr?«
    »Was ist los?«, fragte Rodian und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
    »Ein Einbruch in das Skriptorium von Meister Shilwise. Ich dachte, du solltest sofort davon erfahren.«
    Rodian blinzelte und sah seinen Stellvertreter an.
    Garrogh war ein guter Mann, wenn man die persönliche Hygiene einmal unberücksichtigt ließ: tüchtig, zuverlässig, sich seiner Stellung bewusst, aber, und das war besonders

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