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Dhampir

Dhampir

Titel: Dhampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Hendee
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Teekanne am Rand des Feuers.
    »Ich hoffe, die Weisen oder wer auch immer zahlen gutes Geld für das Aufzeichnen von Wegen, auf denen kaum jemand reist.«
    Chane blieb still, als er sich ans Feuer setzte. Welstiel wusste, dass dieser Austausch von Höflichkeiten seine Geduld auf eine harte Probe stellte, aber er musste noch etwas länger warten.
    »Und was macht ihr beide im Winter hier oben?«, fragte er.
    »Wir haben dem falschen Baron Kühe gestohlen«, antwortete der Mann ohne die geringste Scham. »Wir kennen die hiesigen Wege, aber die Männer des Barons kennen sie nicht.«
    Die unverblümte Offenheit überraschte Welstiel, und offenbar sah man es ihm an.
    Der Alte lachte. »Wenn ihr im Auftrag des Barons unterwegs wärt, hättet ihr sicher nicht auf eine Einladung gewartet.«
    Das stimmte wahrscheinlich. Welstiel sah zu Chane und stellte fest, dass dessen Hände zitterten. Im unsteten Schein des Feuers wirkte Chanes Haut trocken wie Pergament und zeigte sein Alter. Die beiden Móndyalítko nahmen Chanes Schweigen kommentarlos hin.
    Welstiel beschloss, nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Er kehrte zu ihren Pferden zurück, nahm einen Sack Korn, der an Chanes Satteltasche hing, und legte ihn neben das Feuer.
    »Nehmt, was ihr braucht«, sagte er. »Morgen früh verlassen wir die Berge, um unsere Vorräte zu erneuern.«
    »Wir danken euch«, erwiderte der Mann und zuckte wie beiläufig mit den Schultern, doch Welstiel bemerkte den zum Futtersack huschenden begierigen Blick.
    »Die Weisen in Bela haben uns gebeten, Gebäude und Siedlungen auf unseren Karten einzuzeichnen«, sagte er. »Durchgangsstationen, Dörfer, Ruinen oder alte Burgen hoch oben im Gebirge. Habt ihr etwas dergleichen gesehen?«
    Die Frau reichte ihm eine Tasse Tee. »Es gibt da den Bergfried des Kalten Tals. Ein einsamer, abgelegener Ort, wo sich Schnee und Eis fast das ganze Jahr halten.«
    Welstiel erstarrte, die Tasse an den Lippen, zwang sich dann, einen Schluck zu trinken. Von Schnee und Eis umschlossen.
    »Bist du sicher? Wie viele Türme hat er?«
    Die Frau runzelte die Stirn und versuchte offenbar, sich zu erinnern. »Türme? Ich weiß nicht. Seit ich ein Mädchen war, habe ich den Bergfried nicht mehr gesehen.«
    Sie trat um den Steinring herum und schenkte Chane Tee ein. Er nahm die Tasse entgegen, trank aber nicht.
    »Könntest du uns den leichtesten Weg beschreiben?«, fragte Welstiel.
    »Ihr solltet besser das Tauwetter abwarten«, sagte der Mann. »Dann ist der Weg nicht so beschwerlich.«
    »Ja, aber wo befindet sich der Bergfried?« Welstiels Hand hatte sich fest um die Tasse geschlossen, und er konzentrierte sich kurz darauf, die Finger zu lockern.
    »Dreißig Meilen von hier, vielleicht auch ein paar mehr, in den Kronenbergen«, antwortete die Frau.
    Von Chane kam ein leises Zischen.
    »Aber man kommt nur langsam voran, und deshalb scheint der Weg länger zu sein«, sagte der Mann.
    »Wendet euch nach Südosten, bis ihr eine große Schlucht erreicht«, fuhr seine Frau fort. »Wie ein Riss im Berg. Er reicht ins Gebirge hinein, ihr könnt ihn nicht übersehen. Flache Granitplatten kennzeichnen den Pass. Allerdings sind sie im Schnee vielleicht nicht leicht zu erkennen. Wenn ihr den Pass hinter euch habt, seht ihr die Feste, aber der Schnee des Winters blockiert bestimmt den Weg dorthin.«
    Welstiel schwie g – nur auf diese Weise konnte er die in ihm aufsteigende Freude verbergen. Seit Jahrzehnten war er auf der Suche, und die zufällige Begegnung mit zwei Móndyalítko zeigte ihm endlich den Weg.
    Plötzlich regte sich Argwohn in ihm. War es tatsächlich ein Zufall?
    Über viele Jahre hinweg hatte ihm die Traumherrin immer nur vage Hinweise gegeben, wie um ihn zu verspotten. Hatte sie jetzt beschlossen, gnädiger mit ihm zu sein und eine aktivere Rolle zu seinen Gunsten zu spielen?
    Eine ganze Jahreszeit lag es zurück, dass er Magiere nach Dröwinka gefolgt war, ins Land ihrer Geburt. Vor ihrer Geburt, zu seinen Lebzeiten, hatte Welstiel dort gewohnt. Ubâd, der Bedienstete seines Vaters, hatte dort viele Jahre auf Magieres Rückkehr gewartet, doch als sie schließlich kam, wies sie ihn zurück, woraufhin der verrückte Nekromant einen Namen rief.
    Il’Samar.
    Im dunklen Wald von Apudâlsat hatte Welstiel in der Finsternis zwischen den Bäumen so etwas wie einen Schlangenleib gesehen, größer als ein Pferd mit Reiter. Es schien sich um den gleichen Schlangenleib zu handeln, den er so oft im Traum sah. Jenes Geschöpf ließ

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