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Dhampir

Dhampir

Titel: Dhampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Hendee
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von ihm getrennt.

19
    Leesil sprach kaum mit Sgäile, während sie durch den Wald liefen. Den Morgen über führte ihr Weg nach Nordwesten, doch am Nachmittag war sich Leesil bei der Richtung nicht mehr so sicher. Der Himmel bewölkte sich, und ohne Sonnenschein veränderte sich der Wald nach und nach.
    Es gab weniger Blumen und mehr weiches Moos, das an Baumstämmen und Ästen hing. Die Bäume waren älter und knorriger, ihre Rinde dunkel von hoher Luftfeuchtigkeit. Eine Zeit lang tropfte Nieselregen leise und beständig auf die Blätter.
    Mit dieser neuen Mission schien eine schwere Bürde von Sgäile gewichen zu sein, und er wurde wieder zu dem Mann, der er während ihrer ersten Reise nach Crijheäiche gewesen war. Vielleicht empfand er es ebenso wie Leesil als Erleichterung, endlich wieder handeln zu können und nicht dauernd warten zu müssen.
    Der Wald wurde immer älter, die Bäume höher und dicker, das Dach aus Blättern und Nadeln über ihnen dichter, und der düstere Wald schien zu wissen, dass es zwei Eindringlinge gab.
    Leesil verlor mehr und mehr die Orientierun g – der Einfluss des Waldes auf ihn schien stärker zu werden. Wenn er den Kopf drehte und zurücksah, konnte er in der Richtung, aus der sie kamen, nichts Vertrautes erkennen.
    Sgäiles Schulter zerriss ein taubesetztes Spinnennetz, und ein achtbeiniger Schemen kroch ihm über den Rücken.
    Leesil schlug ihn weg, aber als er zu Boden sah, bemerkte er nichts, das sich im Laub zu verstecken versuchte.
    Schließlich schwand das Tageslicht, und er fragte sich, wie weit es noch bis zu ihrem Ziel sein mochte.
    Sgäile wurde langsamer und schaute sich um. »Wenn wir weitergehen, erreichen wir den heiligen Boden nach Mitternacht. Oder wir lagern und setzen den Weg am Morgen fort.«
    Die Vorstellung, in diesem feuchten, dunklen Wald zu schlafen, war alles andere als verlockend.
    »Lass uns rasten und etwas essen«, sagte Leesil. »Anschließend setzen wir den Weg fort.«
    Sgäile nickte und nahm den Rucksack ab. »Ich habe Wasser, Fladenbrot und ein bisschen Walnussöl.«
    »Ich habe Trauben.«
    Sie setzten sich auf einen verfaulenden Baumstamm und teilten ihren Proviant. Schon nach kurzer Zeit spürte Leesil, wie ihm die Feuchtigkeit durch die Hose drang. Sgäile nahm den Lederdeckel von einem kleinen Tontopf, riss ein Stück Fladenbrot ab und tauchte es hinein. Dann stellte er den Topf zwischen sie, und Leesil folgte seinem Beispiel.
    »Schmeckt gut«, sagte er und bot seinem Begleiter von den Trauben an. »Ich möchte dir dafür danken, dass du auf diese Weise versuchst, Magiere zu helfen.«
    »Magiere ist mir gleichgültig.« Sgäile zögerte und schüttelte den Kopf. »Entschuldigung, ich wollte nicht unhöflich sein. Ich mache dies für meine Kaste. Brot’ân’duivé auf der einen Seite und Fréthfâre auf der anderen, das ist nicht gut. Ich erfülle meine Pflicht als Schiedsmann in der Hoffnung, die Verhandlung zu einem zufriedenstellenden Abschluss zu bringen, damit die Differenzen in meiner Kaste überwunden werden können.«
    Leesil schwieg. Wenn Sgäile glaubte, mit einem Ende der Verhandlun g – wie auch imme r – alle Probleme seiner Kaste lösen zu können, so war er blind in seiner Ergebenheit den Anmaglâhk gegenüber.
    »Wir sollten uns auf unsere Aufgabe konzentrieren«, sagte Sgäile, und wieder erschien Unbehagen auf seinem Gesicht.
    »Warum bist du so besorgt?«, fragte Leesil. »Was hat es mit jenem Ort und dem besonderen Baum auf sich?«
    Sgäile verzog das Gesicht, als er glaubte, Respektlosigkeit in Leesils Worten zu hören. »Vor langer Zeit wurden dort die ersten unseres Volkes begraben. Alle An’Cróan stammen von ihnen ab. Wenn wir erwachsen werden, suchen wir die letzte Ruhestätte unserer Ahnen auf, um dort den Namen zu empfangen, den wir für den Rest unseres Lebens tragen.«
    »Wenn ihr erwachsen werdet? Welches Alter ist damit gemeint?«
    »Es ist so weit, wenn Eltern und Kind den richtigen Zeitpunkt für gekommen halten.«
    »Auch du bist dort gewesen?«, fragte Leesil. »Du hattest also einen anderen Namen vor Sgäile?«
    »Sgäilsheilleache. Das bedeutet ›Im Weidenschatten‹ oder ›Schatten‹.«
    »Und deine Vorfahren haben dir gesagt, dass du so heißen solltest?«
    »Wir sehen oder hören unsere Vorfahren nicht«, antwortete Sgäile. »Es war etwas, das ic h … in der Präsenz von Roise Chârmune sah.«
    »Es befand sich also eine Weide in der Nähe?«
    »Nein. Es wa r … etwas weit entfernt von

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