Dhampir
aus und berührte ihre Finger.
»Komm mit Magiere und mir.«
Furcht glitzerte in Nein’as großen Augen.
»Noch einmal in die Welt der Menschen?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Dort bin ich zu viele Jahre gewesen …«
Leesil hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren und in einen tiefen Abgrund zu stürzen. Seine Gedanken kehrten in die Vergangenheit zurück.
Nein’a war nach Venjètz geschickt worden, hatte dort zwanzig Jahre gewohnt, ihn zur Welt gebracht, großgezogen und ausgebildet, ohne dass der Älteste Vater Verdacht schöpfte. Anschließend war sie gefangen gesetzt worden und allein gewesen, ohne Gavril. Wie lange war es her, dass sie so gelebt hatte, wie es ihren Wünschen entsprach? So sehr es auch schmerzte, Leesil versuchte zu verstehen.
Was blieb ihr sonst übrig? Sie hatte hier kein Zuhause, nur Feinde. In tiefer Sorge sah Leesil Magiere an. Sie beide konnten nicht hierbleiben.
Gleann kam vorsichtig näher. »Cuirin’nên’a, erinnerst du dich an mich? Ich bin Sgäilsheilleaches Großvater. Ich habe eine Enkelin, di e … deinem Léshil ähnelt. Ich fürchte, sie hat es langsam satt, die einzige Frau in unserer Familie zu sein. Unser Heim ist klein und schlicht, aber es gibt dort Platz für dich.«
Nein’a sah ihn an. »Gleannéohkân’thva? Ja, ich erinnere mich an dich.«
Die Worte klangen ruhig, aber Leesil glaubte, mehr als nur einfaches Erkennen in ihnen zu hören. Er musterte Gleann und erinnerte sich daran, wie schnell er bei Magieres Verhandlung eingetroffen und wie vertraut er mit Brot’an gewesen war.
Brot’an und seine Mutter, beide »Verräter« der Kaste. Und beide kannten Gleann. War Sgäile das jemals aufgefallen?
»Erweise uns die Ehre«, sagte Gleann zu Nein’a und richtete den Blick dann auf Leesil. »Wenn ihr beide damit einverstanden seid.«
Schmerz erschien in Nein’as Gesicht.
Für Leesil war klar: Sie hätte Gleanns Angebot gern angenommen. Unruhe entstand in ihm, als er sich vorstellte, sie bei jenen zurückzulassen, die sie acht Jahre lang gefangen gehalten hatten. Von den anderen, die über viele Jahre hinweg heimliche Pläne geschmiedet und sie als Werkzeug benutzt hatten, ganz zu schweigen. Andererseits: Wenn es in diesem Land jemanden gab, der sein Vertrauen verdiente, so war es Gleann.
Nein’as Finger schlossen sich um Leesils Hand, und Magiere, die noch immer seine andere Hand hielt, trat einen Schritt näher. Er stand zwischen den beiden für ihn wichtigsten Personen.
Als Leesil Magiere ansah, dachte er an die versprochene Hochzeit, di e … irgendeines Tages stattfinden würde. Er würde ihr vor den gemeinsamen Freunden und, wie er hoffte, auch im Beisein von Tante Bieja Treue schwören. Sollte nicht auch seine Mutter dabei sein?
»Du musst deinen Weg fortsetzen«, sagte Nein’a. »Die Vorfahren werden dich leiten. Lass dich von nichts ablenken, wenn der vor dir liegende Pfad deutlich wird.«
Leesil begriff plötzlich, wie sehr sie den anderen Elfen ähnelte, bis hin zu ihrem an Fanatismus grenzenden Aberglauben. Er hatte die Geister beim nackten Baum hinter der Schlange gesehen und gehört, wie sie ihn bei einem Namen nannten, den er nicht wollte. Aber es war nicht seine erste Konfrontation mit Geistern. Die meisten waren einfach nur ein Ärgernis und rechtfertigten nicht die Art von blindem Glauben, die er bei den Elfen erlebt hatte.
Leesil sah, wie viel Gleanns Angebot seiner Mutter bedeutete. Vielleicht würde sie bei ihm sicher sein und wieder zu sich selbst finden, zu der Frau, die er kannte, zu seiner Mutter.
»Na schön«, sagte er. »Kehr mit uns nach Crijheäiche zurück. Dort reden wir miteinander.«
»Crijheäiche?«, wiederholte Nein’a.
»Sei unbesorgt«, warf Gleann ein. »Du wirst dort niemanden sehen, den du nicht sehen willst.«
Sgäile trat vor und streifte seinen Mantel ab. »Hier, nimm. Und zieh dir die Kapuze über den Kopf.«
Leesil hatte nun noch einen Grund, Sgäile dankbar zu sein.
»Möchtest du irgendetwas mitnehmen?«, fragte Wynn auf ihre vernünftige Art und Weise.
Nein’a sah sich auf der Lichtung um, und in ihren Augen funkelte kurz der Zorn, an den sich Leesil gut erinnerte.
»Nur das, was einst mir gehörte«, sagte sie und betrat ihren Wohnbaum.
Als sie wieder zum Vorschein kam, hielt sie das Bündel mit den Totenköpfen von Gavril und Eillean.
Leesil atmete schwer, als Nein’a die ersten zögernden Schritte in Richtung der Farne machte. Er ging neben Magiere und wusste
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