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Dhampir

Dhampir

Titel: Dhampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Hendee
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mehr, wenn wir den Berg verlassen.«
    Wynn teilte die Kekse auf und warf Chap einen Fleischstreifen z u – er schnappte danach und fing ihn auf. Leesil murmelte leise vor sich hin, während er die Truhe und ihre Riemen überprüfte. Wynn wandte den Blick davon ab.
    »Was hast du eben auf Elfisch gesagt?«, flüsterte Magiere.
    »Nichts weiter«, erwiderte Wynn ebenso leise. »Ich war müde und gereizt.«
    »Ja, das habe ich mitbekommen.« Magiere hob die Augenbrauen, biss in einen trockenen Keks und wartete noch immer auf eine Antwort.
    Wynn beugte sich vor und sprach noch leiser. »Es bedeutete so viel wi e … ›Gedanken aus Stein‹.«
    Krumen fielen Magiere von den Lippen, und sie hob die Hand zum Mund. »Steinkopf? Du hast ihn einen Steinkopf genannt?«
    Wynn schämte sich plötzlich und fühlte, wie ihre Wangen zu glühen begannen, doch die Verlegenheit wich überraschter Neugier, als sie Magieres Gesicht sah. Inzwischen kannte sie Magiere gut genug, um ihre dunklen Stimmungen und ihr komplexes Wesen zu verstehen. Die hochgewachsene Frau konnte selbst dann bissig sein, wenn sie es gut meinte. Doch diesmal zeigte ihr Gesicht etwas Neues.
    Versuchte Magiere, ein Lächeln zu unterdrücken?
    »Den Ausdruck merke ich mir«, flüsterte Magiere.
    »Das habe ich gehört«, brummte Leesil.
    Er saß auf der Truhe und kehrte ihnen den Rücken zu, wirkte wie die verkehrt herum sitzende Statue eines Wächters auf dem Wehrwall einer Burg.
    Wynn aß stumm ihren Keks und zwei Beeren, holte dann einen Blechnapf hervor und gab Wasser für Chap hinein. Als sie die Wasserflasche absetzte, wackelte sie auf dem unebenen Boden. Rasch ergriff sie die Flasche und suchte nach einer besseren Stelle dafür; dabei entdeckte sie etwas.
    Behutsam nahm sie das leichte Objekt vom Boden und hob es ins Licht des Kristalls.
    Eine Feder.
    Sie war grau gefleckt und etwas länger als Wynns Hand, mit flaumigen Fransen. Aus irgendeinem Grund wirkte die Feder vertraut, und das beunruhigte Wynn, weil sie keine Erklärung dafür hatte.
    Wo hatte sie so etwas schon einmal gesehen?
    Chaps Knurren schreckte sie auf. Sein Blick galt der Feder, und dann hob er den Kopf, sah zur Decke hoch. Wynn sah ebenfalls nach oben, konnte aber nichts erkennen.
    »Daraus kannst du einen Federkiel machen«, sagte Magiere und streckte sich auf dem kalten Steinboden aus. »Jetzt brauchst du nur noch Tinte und Papier. Ruh dich aus, solange du Gelegenheit dazu hast.«
    Sie drehte sich auf die Seite, doch ihre Augen blieben offen und beobachteten Leesil auf der Truhe.
    Wynn legte sich ebenfalls hin und benutzte die Satteltaschen als Kissen. Nach einigen Sekunden rollte sie sich zur Seite, fort von Leesil und Magiere. Chap lag mit dem Kopf auf den Pfoten, und auch seine Augen waren offen. Er betrachtete die Feder in Wynns Hand, doch ohne das Leder mit den Elfensymbolen konnte er ihr nicht sagen, was sein Interesse geweckt hatte.
    Cuirin’nên’ a … Nein’ a … Mutte r …
    Erinnerungen stiegen in Leesil auf, als er den anderen durch den Tunnel folgte. Während der letzten Rast hatte er nicht geschlafen, selbst dann nicht, als das Licht des Kristalls erst schwächer geworden und dann ganz verschwunden war. Wie lange hatte er im Dunkeln gesessen, bevor er die anderen geweckt hatte, damit sie den Weg fortsetzten? Es war ihm nicht leichtgefallen, Magieres Blick zu begegnen, als er sie an der Schulter gerüttelt hatte.
    Sie sah ihn vielleicht so, wie er wirklich war. Er selbst hatte lange gebraucht, um sein wahres Wesen zu entdecken.
    Es war nicht mehr das Gefühl der Schuld, weil er seine Eltern vor langer Zeit im Stich gelassen hatte, das ihn antrieb. Ebenso wenig lag es am Kummer, der die Absicht begleitete, seiner Mutter die Überreste seines Vaters zu bringen. Sehnsucht spielte noch immer eine gewisse Rolle: Er erinnerte sich an die sanften Berührungen seiner Mutter und ihre trällernde Stimme und wie beides sein erstes Leben erträglich gemacht hatte. Doch es waren Brot’ans Erinnerungen gewesen, in Darmouths Familiengruft von Chap gestohlen, die Leesil gezwungen hatten, sich der Wahrheit zu stellen.
    Darmouth hatte ihn benutzt. Und für Brot’an war er ein Instrument gewesen, wie das Knochenmesser, das Leesil dem Kriegsherrn in den Hals gestoßen hatte. Wenn jener Moment das Ende gewesen wäre, hätte er es vielleicht geschafft, über die blutigen Ereignisse hinwegzukommen. Es wäre nicht das erste Mal gewesen.
    Aber inzwischen sah er ein Muster in seinem Leben und

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