Dhana - Im Reich der Götter
den
Göttlichen Reichen. Die warmen Jahreszeiten verbringe ich nur aus diesem Grund
hier.« »Du kommst wegen Mas Kochkünsten hierher?« Er blinzelte. »Richtig. Sie
schickte mich übrigens, um dir mitzuteilen, dass sie für dich das Essen fertig
hat, wenn du so nett wärst dich anzuziehen und herauszukommen.« Dhana befreite
sich von ihren Decken, wobei sie sorgfältig darauf achtete, ihren Gast nicht zu
vertreiben, und merkte jetzt erst, dass sie ein Baumwollnachthemd trug. »Wie
lange sind wir schon hier?«, fragte sie Breitfuß.
»Vier Tage. Ich seh dich dann im Garten.« Silbernes
Feuer blühte auf, der Entenmaulwurf verschwand.
Vier Tage waren eine zu lange Zeit. Was machten
Kätzchen, Tkaa und König Jonathan wohl jetzt? Wussten sie, dass Numair und
Dhana nicht tot waren? Stirnrunzelnd wusch sie sich das Gesicht und putzte sich
die Zähne. Alles, was sie dafür brauchte, lag auf einem Tisch.
Als sie sich umsah, entdeckte sie am Fußende ihres
Bettes ein schlichtes, rotes Baumwollkleid. Darunter lagen ein rosafarbenes
Unterkleid, Unterwäsche und rote Halbschuhe. Sie wünschte, sie hätte
stattdessen ein Hemd und Hosen, aber sie wusste, sie musste das alles wohl
anziehen. Von ihren alten Kleidern gab es keine Spur, aber selbst wenn sie sie
finden könnte, bezweifelte sie, dass sie in sehr gutem Zustand wären. Nachdem
sie anzogen war, musste sie sich kurz hinsetzen, um wieder zu Atem zu kommen.
Die Schwäche und der Schmerz waren nicht mehr so schlimm wie vorher, aber sie
war noch immer wackelig auf den Beinen. Als sie ihr Bett in Ordnung gebracht
hatte, brauchte sie eine erneute Ruhepause. Erst dann konnte sie den Raum
verlassen. Sie sah nicht den Schatten, der sich aus dem Dunkel unter ihrem Bett
löste und ihr folgte. Im Hauptraum des Häuschens war niemand. Als sie sich umschaute,
erblickte sie all die Dinge, die sie im Haus ihrer Mutter erwartet hatte.
Außerdem sah sie zwei schwere Sitzstangen, so, als kämen oft sehr große Vögel
auf Besuch. Sie schätzte, dass hinter den verschlossenen Türen andere Schlafzimmer
lagen. Zwei der Türen standen jedoch offen. Hinter der einen führte ein Pfad
hügelabwärts in einen Wald. Sie ging zur anderen Tür und sah in einen von einer
Mauer umgebenen Küchengarten. Ein kleiner Brunnen, ein Tisch und Bänke standen
auf der Wiese. Am Rande der Wiese befand sich eine gemauerte Feuerstelle. Ihre
Mutter saß am Tisch und schälte Äpfel. Der Entenmaulwurf saß neben ihr auf dem
Tisch und schob mit seinem Schnabel ein Stückchen Schale umher.
Sarra strahlte, als Dhana ihr gegenüber Platz nahm.
»Frühstückszeit ist lange vorüber, aber ich dachte, du magst trotzdem einen
Haferbrei.« Sie füllte eine Schale aus einem Topf, der auf dem Herd stand. Auf
dem Tisch standen Krüge mit Sahne und Honig. Dhana nahm von beidem. Der
Haferbrei war sehr gehaltvoll, er schmeckte intensiv nach Nüssen, was sie
überraschte. Er war angereichert mit Stückchen getrockneter Früchte, wovon
jedes wie frisch gepflückt schmeckte. Auch die Sahne und der Honig waren
äußerst intensiv im Geschmack. Sie aß nur die halbe Schale leer und stellte sie
beiseite. Ihre Mutter schöpfte Wasser aus dem Brunnen und reichte ihr einen
Becher voll. Das ließ sich leichter hinunterschlucken, obgleich es so kraftvoll
schmeckte, als käme es aus einem eisigen Bergbach.
Sarra runzelte die Stirn. »Du solltest hungriger sein
nach all dem Schlaf und den Schmerzen des Grenzübergangs.« »Du vergisst, wie
dir die Sachen geschmeckt haben, als du hierher kamst.« Eine flauschige,
getigerte Katze sprang auf den Tisch und setzte sich vor Dhana. Sie starrte das
Mädchen aus großen, bernsteinfarbenen Augen an. Die rosige Nase zuckte. »In den
Göttlichen Reichen nimmt man die Essenz der Dinge zu sich. Ich bin Königsklaue,
die Göttin der Hauskatzen.« Respektvoll verbeugte sich Dhana. Königsklaue war
ein eindrucksvolles Wesen. »Es ist eine sehr große Ehre, dich kennen zu
lernen.«
»Natürlich ist es das.« Die Katze begann sich zu
waschen. »Wie kommt es, dass du hier bist, Ma?«, fragte Dhana. »Ich dachte, die
Toten der Sterblichen gehen in das Reich des Dunkelgottes.«
Sarra schnitt ihre Apfel auf. »Ich war dort«,
antwortete sie. »Dein Vater hat mich hierher geholt. Er bat die Großen Götter
um die Erlaubnis, dass ich bei ihm leben darf. Sie entschieden, dass dies gut
sei.« Aufmerksam beobachtete sie Dhana. »Du bist mir böse, dass ich dir nicht
von ihm erzählt habe?« Dhana sah die sich noch
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