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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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hierher, als er eine schwere Lungenentzündung hatte, die ihm das Leben hätte kosten können. Es war ihm egal. Er ist Ihr hörig. Nach jeder Vorstellung hat er eine Privataudienz mit IHR. Keiner darf sonst zugegen sein. Gott allein weiß, was SIE mit ihm dort macht.«
    Crane blickte nun ebenfalls zu dem Bischof hinauf, der wie gebannt auf die noch geschlossenen roten Vorhänge der Bühne blickte. Der sechzigjährige Bischof mit den unnachahmlichen grünen Augen war ein bekannter Mann, seine Karriere war vorbildlich und er war sehr beliebt. Sein unverkennbarer Charme schloss so manchen in seinen Bann, was ihm dabei half, allerlei hervorragende Dinge zu tun. Doch seit ein paar Jahren hatte er sich zurückgezogen und all seine Macht dazu benutzt, in diese Stadt versetzt zu werden, Paris. Seitdem war er nicht mehr derselbe, aber die Kirche sah von einer Untersuchung oder einen Rückruf ab, wahrscheinlich wegen seiner großen Verdienste.
    Dann rief Gordon bei Crane an und erzählte ihm von dem täglichen Gang des Bischofs in die Oper und was dort geschah. Dies weckte Cranes Aufmerksamkeit und er flog umgehend nach Paris, um sich das Ganze mit eigenen Augen anzusehen.
    Schon auf dem Weg zur Oper war Crane auf die unzähligen Gargoyles, Steinstatuetten, die das Aussehen von Dämonen hatten, aufmerksam geworden.
    Nur zu gut wusste er, dass Steine nicht immer tot waren, und ihm war nicht ganz wohl dabei, dass sie auf die Menschen niederblickten. Doch sie waren überall und manche hielten sie sogar für Schutzgeister, die sich gerade diesen Ort ausgesucht hatten: die Oper und Notre Dame. Für Crane war die Vorstellung jedoch absurd, dass Dämonen sich ausgerechnet diesen Ort als Ruhestätte suchten. Und wen sollten sie schützen?
    Ein Gong holte Crane aus den Gedanken, denn er zeigte an, dass in wenigen Momenten die Vorstellung beginnen würde.
    Das Publikum setzte sich an seine Plätze, es wurde ruhig, kaum ein Atem war zu hören, das Licht ging aus und die Musik setzte ein. Langsam glitt der Vorhang zur Seite und gab den Blick auf eine altertümlich wirkende Kulisse frei, wunderschön gestaltet; besser, als Crane es sich hätte vorstellen können.
    Und dann kam SIE.
    SIE war IHREN Verehrern nur als TARJANA bekannt, andere nannten SIE noch TRUNE, doch die meisten nannten SIE einfach nur SIE. Und wahrlich, SIE war unvergleichlich. Noch bevor SIE auch nur einen Ton angestimmt hatte, war das Publikum schon von ihrer Ausstrahlung erobert. IHRE Haut hatte eine Beschaffenheit, die Rosenblätter wie Sandpapier erscheinen ließen, und IHRE blauen Augen strahlten eine so große Lebendigkeit aus, wie sie eigentlich nur bei Kindern zu finden war.
    IHR pechschwarzes langes Haar glänzte trotz der unendlichen Dunkelheit ihrer Farbe, die von IHREM ebenso schwarzen Kleid unterstrichen wurde, von dem man fast annehmen konnte, dass es förmlich aus eben diesen Haaren gemacht worden war. Und SIE leuchtete, wie Crane es noch nie gesehen hatte. IHR ganzer Körper schien nur aus Licht zu bestehen, dass nur durch die Schwärze IHRES Gewandes aufgehalten werden konnte.
    Dann sang SIE.
    Gleichzeitig zogen alle Anwesenden Luft ein und hielten den Atem an – einer von ihnen Crane.
    Noch nie in seinem Leben hatte er so etwas Schönes gehört. Schon nach den ersten perfekt angestimmten Noten spürte er, wie sein Herz zu zerspringen drohte und die Tränen unaufhaltsam ihren Weg suchten. Nur mit Mühe gelang es ihm, sie zurückzuhalten, doch je länger IHR Gesang andauerte, desto mehr sehnte er sich danach, zu weinen. Sein Herz war so voller Freude, dass nur Tränen ihm Erleichterung versprachen. Und doch war IHR Gesang von einer unglaublichen Traurigkeit, dass man glaubte, SIE trüge das Leid der Welt auf IHREN Schultern.
    Unwillkürlich griff Crane in die Tasche seines Gewandes und umschloss mit seiner Hand ein Schutzmedaillon, das ihn vor den Angriff feindlicher Mächte oder deren Einflüsse bewahren sollte. Er spürte die Wärme des geweihten Silbers, aber er merkte auch, dass es nicht half.
    Was ging hier bloß vor?
    Dies war das mächtigste Symbol, das er kannte, es half gegen jede Art von Angriff dunkler Mächte und durfte nur im äußersten Notfall benutzt werden, da es auch große Kraftanstrengungen vom Halter verlangte, aber es half nicht.
    Nur mit Mühe gelang es Crane, sich darüber zu wundern, bevor seine Gedanken wieder von IHREM Gesang vollkommen eingenommen wurden. Buchstäblich gefesselt saß er da und lauschte widerstandslos IHREM

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