Diabolus
fröstelte.
»Haben Sie Ensei Tankado umbringen lassen?«, fragte sie und sah den Commander unbehaglich an. Strathmore schüttelte überrascht den Kopf.
»Natürlich nicht. Ich hatte gar keine Veranlassung, ihn umzubringen. Tatsache ist, dass es mir viel lieber wäre, wenn er noch leben würde. Sein Tod könnte Diabolus ins Zwielicht bringen. Ich möchte den Austausch der Algorithmen so glatt und unauffällig wie möglich durchziehen. Der ursprüngliche Plan sah vor, dass Tankado nach dem Austausch den Schlüssel verkauft.« Susan musste zugeben, dass das Argument zog. Für Tankado hätte es keinen Grund zu der Annahme gegeben, dass der Algorithmus im Internet nicht mehr seinem Original entsprach. Außer ihm selbst und North Dakota konnte ja niemand das Programm öffnen. Tankado würde nichts von dem Hintertürchen merken, es sei denn, er würde sich die Mühe machen, das Programm nach seiner Veröffentlichung noch einmal komplett zu überprüfen. Aber vermutlich hatte er sich mit Diabolus so lange herumgequält, dass er von der Programmiererei die Nase voll hatte und nie wieder etwas davon sehen wollte. Susan musste sich all das erst einmal durch den Kopf gehen lassen. Jetzt verstand sie auch das Bedürfnis des Commanders nach Ungestörtheit. Er hatte sich eine delikate und zeitaufwändige Aufgabe gestellt - in einen komplexen Algorithmus ein heimliches Hintertürchen hineinzuschmuggeln und einen unbemerkten Austausch im Internet vorzunehmen! Heimlichkeit war das oberste Gebot. Schon der leiseste Verdacht, dass an Diabolus etwas faul sein könnte, hätte den Plan des Commanders zum Scheitern gebracht. Nun begriff sie auch, weshalb Strathmore darauf bestanden hatte, dass der TRANSLTR weiterlief. Wenn Diabolus das neue Baby der NSA werden soll, muss er sicher sein, dass das Programm nicht zu knacken ist.
»Wollen Sie immer noch raus?«, erkundigte sich Strathmore. Susan hob den Kopf. Irgendwie waren ihre Ängste durch das Herumsitzen in Gesellschaft des großen Trevor Strathmore wie weggeblasen. Diabolus umzuschreiben war eine Chance, Geschichte zu machen - eine Chance, dem Land einen unermesslichen Dienst zu erweisen. Strathmore konnte ihre Hilfe dabei gut gebrauchen. Susan lächelte zögernd.
»Was ist unser nächster Zug?« Strathmore strahlte. Er beugte sich zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter.
»Ich danke Ihnen!«, sagte er lächelnd. Dann wurde er wieder ernst.
»Wir gehen jetzt zusammen hinunter, und Sie durchsuchen Hales Terminal, während ich Ihnen den Rücken decke.« Er hielt die Beretta hoch. Der Gedanke, wieder in die Kuppel hinuntersteigen zu müssen, ließ Susan frösteln.
»Können wir nicht warten, bis sich David mit Tankados Schlüssel meldet?« Strathmore schüttelte den Kopf.
»Je früher wir den Austausch vornehmen, desto besser. Wir wissen ja noch nicht einmal mit Sicherheit, ob David den Schlüssel überhaupt findet. Wenn in Spanien irgendetwas schief geht und der Schlüssel in die falschen Hände gerät, hätte ich den Algorithmenaustausch lieber schon erledigt, denn dann ist es egal, wo der Schlüssel letzen Endes landet. Sein Besitzer würde auf jeden Fall unsere Version herunterladen.« Strathmore packte die Pistole und stand entschlossen auf.
»Wir müssen uns Hales Schlüssel besorgen.« Susan verstummte. Das Argument des Commanders stach. Sie brauchten Hales Key, und zwar sofort. Als Susan aufstand und an Hale dachte, zitterten ihr die Knie. Sie wünschte, sie hätte noch härter zugetreten. Beim Anblick von Strathmores Waffe bekam sie plötzlich ein flaues Gefühl im Magen.
»Sie würden Greg Hale tatsächlich erschießen?«
»Ach was!«, sagte Strathmore und schritt zur Tür.
»Wir wollen nur hoffen, dass er das nicht weiß.«
KAPITEL 76
Vor dem Flughafen von Sevilla stand ein Taxi. Der Motor lief, das Taxameter auch. Der Fahrgast mit der Nickelbrille schaute aus dem Taxi in die hell beleuchtete Abfertigungshalle. Er war noch rechtzeitig gekommen. Er sah ein blondes Mädchen, das David Becker zu einer Sitzgelegenheit half. Becker hatte offenbar große Schmerzen. Er weiß noch gar nicht, was wirkliche Schmerzen sind, dachte der Mann im Taxi. Das Mädchen holte einen kleinen Gegenstand aus der Tasche und hielt ihn Becker hin. Becker nahm ihn, hielt ihn hoch und betrachtete ihn im Licht. Er steckte ihn an den Finger und zog ein Bündel Banknoten aus der Tasche, das er dem Mädchen gab. Sie unterhielten sich noch ein paar
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