Diabolus
Strathmore arbeitete hingebungsvoll mit diesem Simulationsprogramm, das generell eine zeitbezogene Abbildung von im Fluss befindlichen Ereignissen ermöglichte: ein äußerst effektives Werkzeug zur Planung komplexer Strategien und zur Vorhersage ihrer möglichen Schwächen. Susan hatte den Verdacht, dass in Strathmores Computer Pläne schlummerten, die geeignet waren, eines Tages die Welt zu verändern. Ja, du bist zu heftig gewesen, dachte sie. Das Zischen der pneumatischen Schiebetüren von Node 3 riss sie aus ihren Gedanken. Strathmore kam hereingeplatzt.
»Susan«, rief er, »David hat gerade angerufen. Es gibt eine Verzögerung.«
KAPITEL 16
Es fehlt ein Ring?« Susan machte ein skeptisches Gesicht.
»Tankados Ring ist abhanden gekommen?«
»Ja. Wir können von Glück sagen, dass David es gemerkt hat. Er hat aufgepasst wie ein Schießhund«, sagte Strathmore anerkennend.
»Aber Sie sind doch hinter einem Schlüssel her und nicht hinter einem Ring.«
»Das schon«, sagte Strathmore, »aber ich glaube, es könnte ein und dasselbe sein.« Susan sah ihn verständnislos an.
»Das ist eine lange Geschichte.« Susan zeigte auf das Tracer-Programm auf ihrem Bildschirm.
»Bislang habe ich noch kein Ergebnis.« Mit einem tiefen Seufzer begann Strathmore auf und ab zu gehen.
»Es hat offenbar Zeugen von Tankados Tod gegeben. Laut Aussage des Polizisten, der im Leichenschauhaus war, hat heute Vormittag ein kanadischer Tourist völlig außer sich die Guardia Civil angerufen. Er sagte, in einem Park habe ein Japaner einen Herzanfall erlitten. Als der Polizist dort ankam, war Tankado schon tot, der Kanadier aber noch da. Der Beamte hat dann über Funk Krankenwagen und Notarzt gerufen. Der Krankenwagen hat Tankado umgehend ins Leichenschauhaus gebracht. Der Polizist hat versucht, aus dem Kanadier herauszubekommen, was passiert war. Der Tourist muss unentwegt von einem Ring gequasselt haben, den Tankado unmittelbar vor seinem Tod weggegeben hatte.« Susan sah Strathmore zweifelnd an.
»Tankado hat einen Ring weggegeben ?«
»Ja. Offenbar hat er dem alten Kanadier mit dem Ring vor dem Gesicht herumgefuchtelt - wie um ihn anzuflehen, ihn an sich zu nehmen. Mir scheint, der alte Herr hat den Ring aus nächster Nähe sehen können.« Strathmore hörte auf, hin und her zu gehen.
»Er hat gesagt, auf dem Ring sei etwas eingraviert gewesen - eine Inschrift.«
»Eine Inschrift?«
»Jawohl, und seinen Angaben zufolge war es keine englische Inschrift.« Strathmore hob viel sagend die Brauen.
»Japanisch?« Strathmore schüttelte den Kopf.
»Das war auch mein erster Gedanke. Aber hören Sie sich das an: Der Kanadier hat sich beschwert, dass die Buchstaben überhaupt keinen Sinn ergeben hätten. Buchstaben! Japanische Schriftzeichen und unsere lateinischen Buchstaben kann man wohl kaum miteinander verwechseln. Der Alte hat gesagt, die Inschrift hätte ausgesehen, als sei eine Katze über die Tastatur einer Schreibmaschine spaziert.« Susan lachte ungläubig.
»Commander, Sie glauben doch nicht etwa. . .«
»Susan«, fiel Strathmore ihr ins Wort, »ist es denn nicht sonnenklar? Tankado hat den Key für Diabolus in diesen Ring eingravieren lassen! Gold ist dauerhaft. Ob er schläft, duscht, isst - er hat die Schlüsselsequenz immer bei sich, jederzeit griffbereit zur sofortigen Veröffentlichung.«
»Am Finger, einfach so, ganz offen?«, wandte Susan ein.
»Warum nicht? Spanien ist nicht unbedingt ein Tummelplatz für
Kryptographen. Kein Mensch hätte sich einen Reim darauf machen können, was die Inschrift bedeutet. Und außerdem, selbst bei hellstem Tageslicht könnte niemand sämtliche Zeichen fehlerfrei ablesen und sich dann auch noch komplett einprägen.«
»Und Tankado hat diesen Ring einen Augenblick vor seinem Tod einem ihm völlig fremden Menschen aufgedrängt? Aber warum denn?«, fragte Susan ratlos. Strathmores Augen verengten sich.
»Was würden Sie denken, warum?« Es dauerte nur einen Moment, dann hatte Susan begriffen. Ihre Augen weiteten sich. Strathmore nickte.
»Tankado hat versucht, den Ring loszuwerden! Er hat gedacht, wir hätten ihn umgebracht. Als er merkte, dass es mit ihm zu Ende ging, hat er natürlich angenommen, dass wir dahinter stecken. Der Zeitpunkt konnte für ihn kein Zufall sein. Er hat geglaubt, wir hätten ihn aufgespürt und ihn vergiftet oder sonst was, vielleicht mit einem langsam wirkenden Herzlähmungsgift. Er muss geglaubt haben, dass wir North
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