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Diadem von den Sternen

Diadem von den Sternen

Titel: Diadem von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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wilden Abgründe in sich selbst. Das Feuer verlosch zu einer Masse rotschwarzer verkohlter Scheite. Sie benutzte einen Ast als Schürhaken, breitete sie aus und legte neue Scheite aus. Das müßte wieder eine Weile reichen, dachte sie.
    Sie nahm die Kerze auf, war im Begriff, sich abzuwenden. Die schrägen Schatten tanzten über den Stein und senkten sich in eingeritzte Linien, brachten die in den Stein eingeschnittenen Worte in erschreckender Deutlichkeit ins Sichtbare. Sie erstarrte, brachte die Kerze näher und las.
    „Talek-i-quleh. Taleks Lager, Wadi Kard. Mein Wohnstattgeber muß zu den Kard gehören. Das müßte heißen…” Sie lachte und warf ihr Haar aus dem Gesicht. „Der Fluß könnte der Kard sein.
    Vielleicht. Ich weiß nicht… Jedenfalls folge ich ihm. Wahrscheinlich werde ich auf die Handelsstraße zurückkommen. Sowieso die richtige Richtung.” Sie rieb über den Stein. „Geschickte Hände.” Sie streckte sich und gähnte, dann erhob sie sich und ging zum Bett hin
    über.
    Behaglich in die Decken gekuschelt, schloß sie die Augen, aber ihr Geist kreiste weiterhin in den alten, müden Kreisen, dachte nach.
    Der Kard, dachte sie. Vajd. . . nein! Einen Zweiwochenritt auf der Handelsstraße… Ich habe - wenn die Träume Wirklichkeit waren .
    . . Ich glaube, sie sind wahr … Vajd. . . Wieder einmal floh sie vor der Einsamkeit, die der Name in sie hineinbrannte. Ich brauche mir jetzt keine Sorgen zu machen, mich nicht beeilen . . . Niemand auf meiner Spur… Bleibe eine Weile hier … Könnte keinen besseren Platz finden… Chalak … Vari… Twanit. . . Ah, ich vermisse euch.
    Mutter hatte unrecht, ich brauche Leute um mich herum . . . Vajd, ich brauche dich. Ah, Madar … ich behalte … Ich brauche ihn. Es ist kalt, kalt, kalt… Allein …
    Irgendwann verdichtete sich der Schlaf wie Nebel um ihren müden Geist.
    5
    Sie räkelte sich, glitt zögernd aus der gemütlichen Dunkelheit empor, schob die Decken zurück und stieg aus dem Bett. In der Hütte herrschte noch Dunkelheit, da die Fensterläden und die Tür geschlossen waren. Obwohl ein paar verirrte Luftschleier über den Boden krochen, war es stickig genug, um ihr den Schatten eines Kopfschmerzes zu vermitteln.
    Draußen hatte sich Horli über die Bäume erhoben, Hesh reiste noch über ihren Bauch. Der Morgen erwärmte sich rasch, war aber noch erträglich; sie schlenderte hinaus, über das durchnäßte Wiesengras, und ließ den schwarzen Schlamm zwischen ihren Zehen quatschen. Die Morgenbrise zerzauste ihr Haar und fächelte über ihre Haut. Sie setzte sie auf einen breiten-, flachen Felsen, den die Fluten des Tauwetters von den Bergen heruntergerissen hatten, die eine dunkelblaue Linie über den Himmel im Westen zogen. Das ruhige, grüne Wasser wirbelte in einen Tümpel seitlich des Felsbrockens Sie schob sich vor, beugte sich über das Wasser und erhaschte gebrochene Bilder von sich in dem langsam kreisenden Wasser. Ihre Haut war um mehrere Schattierungen dunkler geworden, eine Art goldenes Braun, wie ein reifer Pfirsich. Hübsch, dachte sie beifällig. Zu schade für Vajd, daß er… Sie scheute davor zurück, an ihn zu denken, und zupfte nervös an ihrem Haar. Das gleichförmige Rot war von helleren Flechten durchwirkt, und die Locken hingen in glatten, öligen Strähnen herunter. Sie lächelte. Zeit, etwas Seifenkraut aufzuspüren, dachte sie. Ich kann es nicht ertragen, mich so schmutzig zu fühlen.
    Entschlossen verbannte sie alle anderen Gedanken aus ihrem Kopf, erhob sich und streifte zwischen den Bäumen umher, um nach nützlichen Kräutern zu suchen und überhaupt: um die Umgebung kennenzulernen. Als die Sonnen am Himmel höherstiegen, schlüpfte sie in eine saubere Abba, setzte sich auf einen flachen Felsen und schwenkte ein paar wildwachsende Salatblätter im Wasser, bis sie fest und kalt waren. Dann starrte sie auf das Wasser, sah zu, wie es an ihren Füßen vorbeisprudelte, und knabberte an den Salatblättern.
    Die Stille um sie herum war bedrückend, ein völliges Fehlen menschlicher Laute, das ihr immer wieder einen Stich versetzte, sie immer wieder daran erinnerte, daß sie allein war, zum ersten Mal in ihrem Leben ganz allein.
    Sie schnippte die Salatreste ins Wasser und sah zu, wie sie davontrieben. Vielleicht… vielleicht, wenn ich hierbleibe und warte, bis Gras über die Sache gewachsen ist… Vielleicht könnte ich dann zurückkehren… Sie ließ ihre Füße ins Wasser baumeln, spritzte es auf und träumte vor sich

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