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Diadem von den Sternen

Diadem von den Sternen

Titel: Diadem von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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weicher. Sie lächelte Aleytys an. „Du gehst sicher und reitest. Ich werde den Chanerew nehmen.“ Sie schnalzte und das Sesmat sprang los und eilte der Shemqyatwe-Gruppe entgegen.
    Aleytys trat unglücklich nach dem Gras. Das Wasser vergiftet. Das schlimmste Verbrechen in diesem trockenen Grasland. Ihr Mund verzog sich. Irgendwann fange ich doch noch an, an meinen Fluch zu glauben, dachte sie. Alles, was ich anfasse …
    In dieser Nacht war es in den Wagen still, kein Pfeifen, kein Gelächter wurde laut, das normalerweise den Marsch begleitete. Die einzigen Geräusche in dem angespannten, zornigen Schweigen stammten von den Tieren; erbärmliches Schreien, gelegentlich ein knurrendes Brüllen. Sie wollten sich hinlegen und ausruhen. Die Kälber wollten saugen. Die Nacht schritt voran, und das Schreien und Brüllen nahm beständig zu, da sich ihre Mägen verkrampften und die Körper von Müdigkeit und schließlich Erschöpfung befallen wurden. Eines nach dem anderen blieben die Kälber zurück oder brachen unter den trampelnden Läufen der ausgewachsenen Tiere zusammen. Aleytys lag im Herret und schauderte, als die klagenden Schreie der verlassenen Kälber an ihren empfindlichen Nerven entlanghallten, bis sie als zitternder Haufen dalag, die Hände auf die Ohren gepreßt.
    Weiter und weiter ging der Marsch, ein Alptraum aus Hitze und Lärm, als der zweite Tag begann, aber unmittelbar vor der Großen Hitze stürzte sich die müde und gereizte Herde in einen seichten See und die Tiere sogen das schlammige Wasser in großen Schlucken in sich hinein. Aleytys kletterte aus dem Wagen und streckte ihre verkrampften Glieder. Über der gesamten zurückliegenden Marschroute konnte sie die kreisenden Geier sehen. Zögernd wandte sie sich der Herde zu, ihren Mund zu einer harten Linie zusammengepreßt; sie merkte, wie dünn gesät die Kälber waren. N’frat erblickte sie und ritt herbei.
    „Wie schlimm ist es?“ fragte Aleytys; der Schmerz machte ihre Stimme leise.
    „Zwei Drittel der Kälber sind weg. Es könnte schlimmer sein.“ N’frat rieb sich über ihr erschöpftes und staubiges Gesicht. „Das bedeutet einfach, daß wir auf dem Schlachtgelände weniger töten dürfen. Leyta …?“
    „Was, N’fri?“
    „Die Laune der Leute … Sie sind sehr böse, Leyta. Ich weiß, daß du nichts damit zu tun hattest, aber du weißt, wie sie über Außenseiter denken. Sie sind in der Stimmung, jemanden auseinanderzunehmen. Besser, du bleibst verborgen. Dies ist Sippensache. Laß uns dabei bleiben.“
    Aleytys nickte. „Danke, N’fri.“
    Als Aav und Zeb hinter dem Horizont hervorschwebten und völlige Dunkelheit über der Ebene lag, versammelte sich die Sippe um das aus geschichtetem Holz errichtete Feuer, das rot am schlammigen Ufer des seichten Sees loderte. Mit grimmigen Gesichtern, vor kaum unterdrücktem Zorn kochend, saßen sie in einem Kreis, in doppelter Herret-Länge vom Feuer entfernt. Myawo trat in den Lichtkreis und schritt feierlich zu den Fellen, die auf einem Sesmat-Leder vor dem Feuer aufgehäuft waren. Er setzte sich und kreuzte seine Beine; in den freien Platz zwischen seinen Beinen stellte er eine kleine Trommel.
    Nach einem Moment der Stille berührte er das Trommelfell, ließ seine Finger darübergleiten. Die linke Hand hielt dieses leise Geräusch aufrecht; er starrte in die Flammen, begann, mit der rechten Hand ihren Rhythmus in die Trommel zu schlagen.
    Raqat sprang auf den Ufersand, rot zuckte der Feuerschein über ihren eingeölten Körper. Ihre Füße schlugen einen harten Gegenrhythmus zur Trommel, ihre Arme bogen sich hoch über ihren Kopf, die Hände waren wie kleine Flügel nach außen gewinkelt. Noch einmal umkreiste sie das Feuer, dann blieb sie schwankend stehen, die Arme zu den silbrigen Reflexionen von Aab und Zeb, die auf dem reglosen schwarzen Wasser des schlammigen Sees ruhten, ausgestreckt.
    Schweigend trat eine Shemqyatwe nach der anderen ins Licht; in einem engen Bogen, die Gesichter dem Khemsko zugewandt, ließen sie sich nieder. Khateyats Stimme verschmolz leise mit den prasselnden Flammen; sie sang in der archaischen Ursprache.
    „R’eN’frat, khesawsef weret Kehkzew ehre Yaqashk.“
    Geschmeidig kam N’frat auf ihre Füße hoch. Ihre klare, junge Stimme schwebte empor und hinaus, und Raqat bewegte sich erneut, wob mit den vom Feuer bemalten Wellenbewegungen ihres Körpers einen verbindenden Faden zwischen dem aufsteigenden Gesang und dem dumpfen Trommelschlag.
    Draußen, in der

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