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Diadem von den Sternen

Diadem von den Sternen

Titel: Diadem von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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fröstelte, obwohl der Morgen bereits heiß war. Dann war Azdar an der Reihe zu erbleichen. Die Augen auf ihn gerichtet, die Blickte kalt wie Wintermorgende, fragte sie sehr leise: ‚Und ich habe nichts dazu zu sagen?’
    Mit sichtlicher Mühe riß sich Azdar von dem Bann los; finster nickte er. Der Doktor starrte auf seine Fußspitzen hinunter und schwieg.
    Shareem stand auf. Ich kann mich noch daran erinnern, daß ich gedacht habe, wie anmutig sie trotz des zusätzlichen Gewichts des Kindes war. Ihre Augen glitzerten wieder, und Energie wirbelte um sie herum, so dicht gewoben, daß es schwerfiel zu atmen.
    ,Für deine Habgier und deine Furcht …’ sagte sie zu Ikhtshar, und ihr Mund verzog sich verächtlich. ‚Habgier, die dich deine tiefsten Überzeugungen verleugnen läßt.’ Die Worte vibrierten in der Luft, so daß es schwerfiel, sie zu hören. ‚Für deine Pflichtvergessenheit mache ich dir dieses Geschenk!’
    Sie hob ihre Hand und zeigte mit dem Zeigefinger auf den zitternden und wie erstarrt dastehenden Doktor. Ein helles Leuchten – wie goldener Honig – sammelte sich um diese Hand. Ihren Mund in diesem vorgeschobenen, verächtlichen Lächeln erstarrt, schnellte sie ihre Finger vor, das Leuchten zuckte in einem glänzenden Bogen vorwärts und spritzte über das starre Gesicht des Mannes. Als es auftraf, brach ein dünner, schriller Laut aus seiner Kehle hervor. Noch bevor dieser Laut erstorben war, war er zusammengebrochen – und zersprungen. Wie sprödes Glas zerbrach er in hundert harte, bizarr gezackte Stücke.
    Ich schluckte und wandte meine Augen ab, unfähig, diese fürchterlichen Fragmente anzusehen.
    Shareem richtete den Blick ihrer grünen Augen auf Azdar. ‚So’, sagte sie mit frostig leiser Stimme. ‚Du willst mein Baby umbringen, um weiterhin meinen Körper benutzen zu können.’ Das Lächeln verschwand. ‚Ich wollte dieses Baby nicht haben. Aber es gehört mir, und niemand nimmt mir das, was mir gehört. Ich bin eine Vryhh.’
    Stolz erhob sie ihren Kopf. ‚Vryhh. Ich schwöre dir: Wenn du auch nur meine Hand berührst, wirst du nie wieder für irgendeine Frau ein Mann sein.’ Sie warf einen Arm hoch, zeigte auf die blutigen Fetzen zu ihren Füßen. ‚Ich müßte dich neben ihn auf den Boden schicken. Um unseres Kindes willen bleibst du am Leben. Segne sie, Azdar, sie hat dein Leben gerettet.’ Sie wölbte ihre Hände, so daß sie sich mit dem honig-bernsteinfarbenen Licht füllten, und es wirbelte zwischen ihren Fingern hindurch davon und verlor sich wie Rauch in der geladenen Luft.
    Dieses schreckliche Lachen schürzte wieder ihre Lippen, als sie ihren Kopf hob. Ihr Haar bewegte sich in einem eigenen Leben, Strähnen trieben aus ihrem Gesicht in die um sie herum wabernde Luft wie Hitzewellen zur Mittagsstunde. Leicht senkte sie ihre Hände und beugte sich über die Ansammlung von Licht. Ihre Lippen bewegten sich, ließen stumme Worte in das langsam siedende Leuchten fallen.
    Als ihre Blicke von ihm wichen, versuchte Azdar, sich zu bewegen. Ich sah, wie er sich anstrengte, sah die Furcht, die sein Gesicht gebar, als er feststellte, daß er es nicht konnte. Ich blickte mich um, mied die toten Fleischklumpen, die nur einen Fußbreit von meinen Zehenspitzen entfernt lagen. Qumri stand unmittelbar hinter Azdar, ihr Gesicht eine Schreckensfratze. Langsam, einer nach dem anderen, stolperten die Asiri und Azdars Leute aus dem Haus in den Innenhof heraus und standen wie erstarrte Statuen vor den Büschen.
    Noch immer starrte Shareem in das goldene Licht, das sich in ihrer Hand gesammelt hatte. Ich schluckte und bewegte meine verkrampften Beine. Shareem wandte den Kopf in meine Richtung, und eine Sekunde lang erschauerte ich vor Furcht. Dann zwinkerte sie mir zu, und ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem schiefen Grinsen, das so völlig anders war als das furchterregende Lächeln, das sie noch Sekunden vorher auf ihrem Gesicht getragen hatte. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, aber ich entspannte mich und folgte dem Rest des Schauspiels mit starkem Interesse und, ich muß es zugeben, mit nicht wenig Selbstgefälligkeit.
    ,Hört dies’, sagte sie mit einer metallisch harten Stimme. ‚Ich lege diesen Fluch auf das Haus Azdar und auf das Haupt des Azdar. Meine Saat wird dieses Haus in Trümmer legen. Azdars eigene Saat wird ihn ruinieren. Solange das Kind meines Leibes glücklich im Hause Azdars lebt, solange wird das Haus blühen und fruchtbar sein. Solange wird das Tal des

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