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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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aufgerissen, mit der scharfen Klinge vor seinem Gesicht herum.
    Das Mädchen erstarrte mit offenem Mund – das konnte er aus dem Augenwinkel gut erkennen. Er zog die Brauen zusammen, denn Frauen lieben Strenge bei Männern, wölbte mit der Zunge die Wange, wie er es bei seinem Herrn gesehen hatte, und drehte Natsuko sein Profil zu, damit sie sich nicht genierte, den neuen Nachbarn eingehender zu betrachten.
    In einer Stunde mußte er in den Garten hinausgehen. So tun, als ob er das Schwert seines Herren reinigte (eine ganz schmale Klinge in einer wunderschönen Scheide mit goldenem Knauf). Er konnte sicher sein, daß auch Natsuko im Garten zu tun haben würde.
    Das Dienstmädchen gaffte ihn etwa eine Minute lang an und verschwand.
    Masa beugte sich aus dem Fenster. Er mußte wissen, warum sie gegangen war – weil sie gerufen wurde, oder weil er nicht genügend Eindruck auf sie gemacht hatte?
    Hinter ihm raschelte es leicht.
    Fandorins Kammerdiener wollte sich umdrehen, doch plötzlich überkam ihn ein unbändiger Drang zu schlafen, er gähnte, reckte sich, glitt zu Boden und schnarchte.
     
    Fandorin erwachte von einem betäubenden Lärm unbekannten Ursprungs, setzte sich ruckartig auf und erschrak im ersten Moment: Auf dem Fußboden saß ein merkwürdiger Asiat in karierten Pantalons, weißer Hemdbrust und mit schwarzer Melone. Er beobachtete den Vizekonsul gespannt, und als er sah, daß dieser wach war, schwang er den Oberkörper vor wie ein chinesischer Porzellanbuddha.
    Nun erst erkannte Fandorin seinen neuen Diener. Wie hieß er noch? Ach ja, Masa.
    Das Frühstück, das der eingeborene Sancho Pansa zubereitet hatte, war gräßlich. Wie konnten sie so etwas Glitschiges, Stinkendes, Kaltes essen? Dieser rohe Fisch! Und der klebrige, am Gaumen festpappende Reis! Was die zähe, durchfallfarbene Paste sein mochte, darüber wollte er lieber gar nicht nachdenken. Da Fandorin den Japaner nicht beleidigen wollte, schluckte er das ganze scheußliche Zeug rasch hinunter und trank Tee nach, doch der war offenbar aus Fischschuppen gebrüht.
    Der Versuch, von Masa eine Beschreibung des verdächtigen Alten aus dem »Rakuen« zu bekommen, blieb erfolglos – ohne Dolmetscher war da nichts zu machen, doch Fandorin war noch unschlüssig, ob er Shirota in die Einzelheiten der Ermittlungen einweihen sollte.
    Dafür war die Musterstunde in japanischer Kampftechnik ein Erfolg. Fandorin wußte nun, daß das englische Boxen dagegen völlig machtlos war. Masa bewegte sich unglaublich schnell, und seine Tritte waren präzise und kräftig. Wie richtig das war – die Füße zu benutzen anstelle der Hände! Die unteren Extremitäten waren doch viel stärker und länger! Diese Kunst sollte er sich aneignen.
    Dann zog Fandorin seine Uniformjacke mit den roten Aufschlägen an und begab sich in die Konsulatsräume, um in aller Form vor seinem Chef zu erscheinen – schließlich war dies sein erster Tag im Amt.
    Doronin saß in seinem Büro, gekleidet in einen lässigen rohseidenen Zweiteiler, und tat die Uniform mit einer Handbewegung als Unsinn ab.
    »Erzählen Sie rasch!« rief er. »Ich weiß, daß Sie gegen Morgen zurückgekommen sind, und habe ungeduldig gewartet, daß Sie aufwachen. Natürlich ist mir klar, daß Sie mit leeren Händen kommen, sonst hätten Sie mir unverzüglich Meldung erstattet, aber ich möchte Einzelheiten wissen.«
    Fandorin legte kurz die knappen Ergebnisse der ersten Ermittlungsunternehmung dar und erklärte, er sei bereit, seine Routinearbeit zu erledigen, da er im Moment ohnehin nichts anderes zu tun habe – bis sich die japanischen Agenten meldeten, die den Buckligen beschatteten. Der Konsul überlegte.
    »Was haben wir also? Die Auftraggeber sind nicht am verabredeten Ort erschienen, damit hat sich der Verdacht gegen sie erhärtet. Die japanische Polizei fahndet nach drei Männern, die Satsuma-Dialekt sprechen und Schwerter bei sich tragen. Einer der Männer hat den Griff mit Schleifpapier umhüllt (wenn der Kapitän sich das nicht eingebildet hat). Gleichzeitig konzentriert sich Ihre Gruppe auf den Wirt des ›Rakuen‹ und den unbekannten alten Mann, den Ihr Diener neben Blagolepow gesehen hat und dessen Beschreibung wir noch bekommen werden – ich rede selbst mit Masa. Folgendes, Fandorin. Vergessen Sie einstweilen Ihre Aufgaben als Vizekonsul. Das schafft Shirota auch allein. Sie müssen so schnell wie möglich das Settlement und seine Umgebung kennenlernen. Das wird Ihnen die Ermittlungen erleichtern.

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