Diamantene Kutsche
Meister des Jutte konnten sie sich nicht messen. Er wehrte das Messer lässig mit dem Ellbogen ab, packte die Schwertklinge mit dem Haken, und das Wakizashi flog in die äußerste Ecke.
Ohne auch nur einen Augenblick zu verlieren, erfaßte Asagawa mit dem eisernen Ende des Jutte das Handgelenk des Roten und schlug ihm das Messer aus der Hand. Der Pockennarbige wich zum Tresen zurück und preßte sich rücklings dagegen. Der andere Chimpira drängte sich an ihn. Sie randalierten nicht mehr, hielten die Hände still und waren vor Angst beide ganz grau im Gesicht.
Asagawa trat ohne Hast zu ihnen, seine Waffe schwingend.
»Bevor wir aufs Revier gehen, werde ich euch noch beibringen, wie man sich in einem anständigen Etablissement benimmt«, sagte er, voller Wut, weil es mit dem Ausschlafen nichts geworden war.
Indessen trank der kupfergesichtige Fischer den Rest Brühe aus seinem Schälchen und wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab. Dann bückte er sich, hob das Wakizashi vom Boden auf, wog es inder Hand und schleuderte es plötzlich ohne jedes Ausholen von sich.
Die Klinge bohrte sich kurz über der Aktenmappe in den Rücken des Inspektors.
Asagawa drehte sich um, sein Gesicht spiegelte Ärger und Verblüffung. Er schwankte, konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten.
Da riß der Chimpira mit der roten Binde blitzartig ein kurzes gerades Schwert unter seinen Kleidern hervor. Lässig, als wehre er eine Fliege ab, wedelte er mit der Hand, und der Kopf des Inspektors flog von den Schultern und rollte munter über den Fußboden.
Selbst vom Rumpf getrennt
Bleibt noch ein paar Sekunden
Am Leben der Kopf.
Das Foto der Ehefrau
Das Wort »Bullcocks« hatte in Silbenschrift fünf Zeichen: Bu-ru-ko-ku-su. Der Kreis in der Mitte des geheimnisvollen Schemas enthielt jedoch nur zwei Zeichen. Aber das hatte nichts zu bedeuten – die Japaner kürzten lange ausländische Wörter und Namen gern, und zwar auf die ersten beiden Silben. Also stand in dem Kreis »buru«.
Der Doktor legte das bereits am Vortag herausgesuchte Heft auf den Tisch, seine fünf Jahre alten Aufzeichnungen zur Geschichte der japanischen Ninja. Es enthielt auch das geheime Alphabet des Clans professioneller Mörder, sorgfältig kopiert aus einem alten Traktat.
Friedlich leuchtete die grüne Lampe, in den Zimmerecken hockten behagliche Schatten. Das Haus schlief. Seine beiden Töchter,Beth und Kate, hatten bereits zur Nacht gebetet und waren zu Bett gegangen. Nach einem vor langer Zeit eingeführten Brauch, an dem Twiggs sehr hing, hatten sie ihrem Vater zuvor einen Gutenachtkuß gegeben – Beth auf die rechte, Kate auf die linke Wange.
Die Ältere ist eine echte Schönheit geworden, ganz wie die verstorbene Jenny, dachte Twiggs (dieser Gedanke kam ihm jeden Abend, wenn er seinen Töchtern eine gute Nacht wünschte). Kate war noch ein häßliches Entlein, doch um sie sorgte er sich weniger als um die Ältere. Beth war eine Schweigerin, würde am liebsten die ganze Zeit Romane lesen; Kate dagegen war lebhaft und fröhlich, das mochten die jungen Männer. Schon mehrfach hatten Verehrer von Beth plötzlich zu ihrer jüngeren Schwester gewechselt – sie war unkomplizierter und fröhlicher.
Die mittelalterlichen Ninja benutzten für ihre Geheimschrift nicht die allgemein gebräuchlichen Hieroglyphen, sondern ein besonderes Alphabet, die sogenannten Shindai-Buchstaben, eine sehr alte Schrift, die an eine Schlangenspur im nassen Sand erinnerte.
Also los, mal sehen, wie der Buchstabe »ru« in diesen Krakeln aussieht. So:
Nun das »ru«. Das sieht so aus:
Und was haben wir im Kreis? Völlig andere Zeichen. Das erste sieht aus wie drei Schlangen:
Das zweite wie ein ganzes Schlangenknäuel:
Halt, Sir! Diese beiden Schnörkel gibt es in dem Alphabet auch. Der erste ist die Silbe »to«, der zweite bedeutet »nu« oder einfach »n«.
Hm. Twiggs kratzte sich ratlos die Nasenwurzel. Tonu? Was sollte das? Das paßte nicht.
Offenbar waren die Wörter im Schema nicht nur in der geheimen Ninjaschrift abgefaßt, sondern obendrein verschlüsselt – jeder Buchstabe stand für einen anderen. Egal, das war sogar spannender.
Im Vorgefühl einer langen, interessanten Arbeit trommelte der Doktor mit den Fingern auf den Tisch. Er trank ein Glas starken Tee und rieb sich die Hände.
Vorwärts, Sir!
Von allen Genüssen, die dem Menschen zuteil werden, war das Denken der exquisiteste.
So, so, so.
Wir wissen, daß Suga das »bu« durch ein »to«
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