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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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man
nicht, dass Körper und Geist längst auf Reserve fuhren. Kaum hatte man einige beschaulichere
Minuten, wurde einem dieser Umstand hingegen schlagartig bewusst.
    Vor allem wurde ihm plötzlich klar, dass er Wilma, seine
geliebte Wilma, seit zwei Tagen nicht nur nicht gesehen, ja nicht einmal
gesprochen hatte. Und dann wunderte er sich, dass diese herrliche,
unvergleichliche Frau hin und wieder sauer auf ihn war. In letzter Zeit leider
immer öfter.
    Ja, sie war stolz auf ihn und seine Arbeit. Zudem hatte sie
Spaß daran, seinen Namen gelegentlich in den Nachrichten zu finden. Natürlich
nur in Zusammenhang mit positiven Meldungen.
    So wie zum Beispiel gestern diese Sache mit dem vertrottelten
Noselli. Dem ›Gefährlichen Geiselnehmer‹, wie die Medien ihn apostrophiert
hatten, der von dem ›bekannten Verhandlungsspezialisten‹ Mario Palinski zur Aufgabe
überredet worden war.
    Kein Witz, so hatten sie ihn in den wichtigen Tageszeitungen
genannt, einen bekannten Verhandlungsspezialisten der Wiener Polizei. Dabei war
das nur eine arme Sau, dieser Noselli. Er konnte einem wirklich leidtun.
    Aber was hatte Wilma eigentlich davon, wenn er in den
Nachrichten gefeiert wurde und alle, die sie kannten, fragten: »Sind Sie
nicht …?« Und sie musste dazu lächelnd mit dem Kopf nicken und sich
gleichzeitig fragen: Warum hat er mich nicht einmal angerufen?
    Plötzlich fühlte sich Palinski beschissen und war von dem
übermächtigen Drang erfüllt, mit der Mutter seiner Kinder zu sprechen. Nicht
nur generell, sondern jetzt und hier, um ihr auf der Stelle zu sagen, wie sehr
er sie liebte und dass sie heute Abend unbedingt etwas gemeinsam unternehmen
sollten. Koste es, was es wolle.
    Hastig holte er sein Handy heraus und drückte die
entsprechende Kurzwahltaste.
    Als er nach dem dritten Versuch innerhalb von fünf Minuten
noch immer nur Wilmas Mailbox erreichte, ließ Palinski seinen Moralischen eben
nach dem Signalton heraus.
    Das war sicher nicht das Wahre, aber besser als gar nichts.
Zumindest würde Wilma wissen, dass er an sie gedacht hatte. Immerhin führte es
dazu, dass er sich schlagartig besser fühlte. Ein wenig zumindest.

     
    *

     
    Carmen und Hubsi hatten während der Fahrt heftig
diskutiert, um nicht zu sagen gestritten, wo sie ihren Variant am besten
abstellen sollten. Direkt im dritten Untergeschoss, wo das Treffen vereinbart
war, oder auf einer anderen Etage?
    Hubsi, der vor allem die Möglichkeit einer raschen Abfahrt,
also einer Flucht im Auge hatte, plädierte für einen Parkplatz auf derselben
Ebene.
    Carmen, die es für wichtiger hielt, dass der Wagen
unerkannt blieb und die anderen keine Chance bekamen, unbemerkt einen Sender
anzubringen, sprach sich für ein anderes Stockwerk aus. Und zwar für das
vierte, was dem Superstrategen Hubsi nur ein müdes Lächeln entlockte.
    »Mein Gott, Mädchen«, meinte er gönnerhaft, »das ist doch
gegen die Laufrichtung. Wenn wir wirklich fliehen müssen, dann am besten nach
oben und nicht nach unten.«
    »Und damit genau das tun, was diese Leute von uns erwarten«,
konterte Carmen kühl. »Tue immer das Unerwartete«, zitierte sie, konnte sich
jedoch nicht erinnern, woraus. Egal, es klang sehr überzeugend und passte gut
in dieser Situation. »Also, der Wagen wird auf der vierten Parkebene im
Untergeschoss abgestellt, gleich neben dem zentralen Stiegenaufgang.«
    Das klang wider Erwarten gar nicht schlecht, fand Hubsi, und
da er nicht weiter diskutieren wollte, gab er mit einem huldvollen Kopfnicken
seine Zustimmung.
    Wenige Minuten später hatten die beiden die Garage erreicht
und waren tatsächlich im vierten Untergeschoss gelandet. Ja, Carmens
Argumentation hatte Hubsi anscheinend überzeugt. Oder lag es einfach daran,
dass die Frau am Steuer saß?
    Bei der Einfahrt waren die beiden unbemerkt von einem von
Wallners Leuten fotografiert worden. Ebenso wie alle anderen in diesen Minuten
ankommenden Wagen und ihre Insassen. Dass um diese Tageszeit relativ wenige
Einfahrten stattfanden, sollte die Arbeit der Polizei spürbar vereinfachen.
    Kaum waren Carmen und Hubsi am Treffpunkt angelangt, als sich
ihnen die beiden Münchner Undercover-Spezialisten auch schon näherten. In ihren
tadellosen Geschäftsanzügen, mit den verspiegelten Sonnenbrillen in den braun
gebrannten, gut geschnittenen Gesichtern sahen ›Ginger und Fred‹, wie die
beiden von den Kollegen liebevoll genannt wurden, weil beide beim TSK Schwabing
Ost mit Leidenschaft dem Turniertanz frönten,

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