Diamantenschmaus
daran beteiligt war, den
Verantwortlichen für solche Verbrechen das Handwerk zu legen, machte Wilma
stolz. Wenn das Opfer von ihr verlangte, so war das das Mindeste, was sie
beitragen konnte.
»… ich muss da hin, ich kann Helmut in der Situation nicht
allein lassen. Immerhin hat mich Miki, unser Herr Minister selbst, darum
gebeten.« Palinski hatte sie mit seiner Suada wieder aus ihren Gedanken
gerissen.
»Das geht in Ordnung, mein Lieber«, unterbrach ihn
Wilma, »mir ist natürlich klar, dass du die anderen nicht hängen lassen kannst.
Ich habe ja auch einiges zu erledigen. Hauptsache, wir haben am Abend ein
bisschen Zeit füreinander.«
War heute nicht dieses komische Essen bei der
Wurminzer? Da sollte er schon noch hin, sonst gab die Alte nie mehr Ruhe. Falls
er gegen 19 Uhr bei der Frau antrat, konnte er um 21 Uhr wieder bei Wilma sein.
Oder sollte er …?
Ȇbrigens, ich muss um 7 Uhr abends zu dieser
alten Dame auf der Dreierstiege«, meinte er so, dass es wie nebenbei klang.
»Wegen des Mordes an diesem Karl Lesonic. Den habe ich für die Hildi Forderberg
ganz vernachlässigt, Franka ist schon sauer deswegen. Aber das dauert höchstens
eine, maximal zwei Stunden. Demnach müsste ich allerspätestens um neun zu Hause
sein. Ist das o. k.?«
»Ich habe am späteren Nachmittag ohnehin eine
Sitzung im Bezirksamt«, ermunterte ihn Wilma, »die wird sicher nicht vor halb
acht, acht zu Ende sein. Also geh, wir sehen einander am Abend.« Zum Abschied
spitzte sie den Mund und sandte ihm ein Bussi.
*
Ein
Revierförster, der nach seinem morgendlichen Rundgang in etwa 100 Metern
Entfernung an Hildi Forderbergs Casa del Sole vorbeigekommen war, hatte
plötzlich zwei Schüsse gehört. Für den im Umgang mit Waffen erfahrenen Mann
stand eindeutig fest, dass diese Schüsse aus einer Jagdwaffe abgegeben worden
waren. Er tippte auf ein Mannlicher 96, schloss allerdings nicht aus, dass es
sich auch um ein Modell Classic gehandelt haben konnte.
Kurz danach hatte er zunächst die Schreie einer
Frau und danach die eines Mannes gehört. Und gleich darauf das röhrende
Aufheulen eines starken Autos, das sich rasch entfernte.
Wenige Sekunden später sah er weiter unten einen
dieser großen Luxusgeländewagen, mit denen die Schickimicki-Generation so gerne
in den Städten herumkurvte und brav ihren überproportionalen Beitrag zur CO 2 -Belastung
der Atmosphäre leistete. Die Farbe des Wagens konnte er nicht präziser als
›dunkel, aber nicht schwarz‹ beschreiben.
Auf die Frage nach der Marke hatte der wackere
Mann lediglich mit den Schultern gezuckt und gemeint, dass diese Schlitten alle
gleich aussehen würden.
Auf einer vielleicht 200 Meter vom Standort des
Försters zum Zeitpunkt der Schüsse entfernten Waldlichtung fand die Polizei die
Spuren eines großen Fahrzeuges, das hier einige Zeit gehalten haben musste.
Besonders die am nassen Boden gut erkennbaren Reifenprofile ließen die Experten
hoffen, auf diesem Wege die Frage nach Marke und Typ des Fahrzeuges rasch
klären zu können.
Die mit modernster digitaler Technik gemachten
Aufnahmen standen dem Labor in Wien bereits knapp eine Stunde nach dem Attentat
zur weiteren forensischen Auswertung zur Verfügung.
Über ein entsprechendes Programm wurden die
Abdrücke kurz darauf als die eines speziellen Reifentyps identifiziert, der
serienmäßig sowohl von Honda, Nissan als auch VW bei ihren sport utility
vehicles, den berühmt-berüchtigten SUVs, aufgezogen wurde.
Das war der
aktuelle Stand der Ermittlungen zu dem Zeitpunkt, als Palinski von seinem Büro
aus mit Helmut Wallner telefonierte. Während beide Kriminalisten rätselten, ob
und wie die jüngste Entwicklung, also das Attentat, mit der vorangegangenen
Entführung zu tun hatte, erwies sich Florian Nowotny, Palinskis
Assistentengenie, wieder einmal als unbezahlbarer Jolly Joker.
»Eines ist für mich klar«, stellte der karenzierte
Polizist und erfolgreiche Jusstudent fest, ungefragt wie immer, dieses Privileg
hatte ihm sein Chef bereits früh eingeräumt, um ja keinen Genieblitz zu
versäumen, »den Leuten, die hinter der Entführung Hildis standen, ist es gar
nicht um den Diamanten gegangen, sondern um Frau Forderbergs Tod. Wer zieht
einen Vorteil aus dem Ableben Hildi Forderbergs?«
Präziser hätte die aktuelle Fragestellung nicht
formuliert werden können.
Palinski war erneut fasziniert vom messerscharfen
Verstand seines Mitarbeiters und auch der Chefinspektor zeigte sich
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