Diamantenschmaus
subtilen Technik, nämlich dem Umstellen der beiden
Wortteile und ihrer Übertragung ins Englische, tatsächlich keine
Meisterleistung gewesen.
Immerhin bestand der starke Verdacht, dass die
ganze Sache nicht auf dem Mist der eigentlichen Entführer gewachsen war,
sondern hinter der ganzen Geschichte noch ein Auftraggeber steckte. Eine
Person, die sich ›oakwood‹ nannte.
Weiter stand zu befürchten, dass ›männerauto‹
keine Ahnung haben würde, wer sich hinter diesem ›Eichenwald‹ verbarg. Nun, das
würde sich demnächst herausstellen, dachte Wallner. Schon bald, da die
neuerliche Vorführung Carmen Sebeliks für 11 Uhr vorgesehen war.
Doch wenn ihnen die Frau nicht weiterhelfen konnte,
wer vermochte ihnen sonst zu sagen, who the hell was ›oakwood‹?
*
Palinski
hatte letzte Nacht endlich wieder einmal gut geschlafen. Oder zumindest die
wenigen Stunden, die er sich nach dem langen Abend im Casino Wien noch an
Nachtruhe gegönnt hatte.
Zu Hause angekommen, hatten Wilma und er sich
zunächst noch etwas in nonverbaler Kommunikation geübt. Ein überaus beglückendes
Erlebnis übrigens, diese Körpersprache.
Deshalb war es auch nicht weiter erstaunlich, dass
es bereits weit nach 9 Uhr morgens war, als Palinski die Augen aufmachte und
etwas abwesend in das lichtdurchflutete Schlafzimmer in Wilmas Wohnung blickte.
Ein wenig unausgeschlafen, aber sehr, sehr zufrieden.
Wilma wiederum hatte heute etwas geschafft, was ihr in mehr
als 20 Jahren Berufstätigkeit noch kein einziges Mal gelungen war. Sie hatte
schlicht und ergreifend verschlafen und, oh Wunder, im Gegensatz zu ihren
bisherigen Befürchtungen hatte sich die Welt problemlos weitergedreht. Auch
ohne die Frau ›Wichtig‹ funktioniert. So einigermaßen zumindest.
Kühn geworden durch diese Erfahrung, hatte sie ganz einfach
in der Schule angerufen, sich eine entsprechende Ausrede zusammengelogen und
den Rest des Tages freigenommen. Warum nicht, man musste alles einmal
ausprobieren.
Da saßen die beiden nun beim Kaffee, sahen sich glücklich in
die Augen und warteten darauf, dass der andere endlich etwas sagte. Bei beiden
hatte im Moment jedoch die alte Regel von Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
anscheinend höchste Priorität.
Das einzige Geräusch, das neben dem gelegentlichen dezenten
Kaffeeschlürfen nach mehreren Minuten die Stille durchbrach, war schließlich
das penetrante Klingeln von Wilmas Festnetzanschluss. Palinski hatte bereits
mehrmals angeregt, sich lieber ein anderes, menschenfreundlicheres Gebimmel
zuzulegen. Doch manche Dinge ließen sich offenbar nicht ändern.
Wilma hatte das Gespräch angenommen und brachte ihm den
Apparat. »Florian«, flüsterte sie und nutzte die Gelegenheit, ihrem Mario ein
feuchtes Küsschen auf die Wange zu hauchen. »Er wirkt etwas aufgeregt.«
»Was ist denn los, mein Bester?«, meldete sich Palinski gut
gelaunt, um sich gleich darauf kerzengerade aufzusetzen und einen angespannten
Gesichtsausdruck anzunehmen. »Was? Das gibt es doch gar nicht«, rief er
aufgewühlt in den Hörer. »Gut, ich bin gleich unten.«
Wilma starrte ihn fragend an.
»Tut mir leid, Schatz«, entschuldigte sich Mario, »doch wie
es aussieht, kann ich den Rest des Tages doch nicht mit dir verbringen. Hildi
Forderberg ist heute Morgen beim Verlassen ihres Hauses angeschossen worden.«
Er deutete mit einer Handbewegung an, dass Wilma sich nicht über Gebühr
aufregen musste. Was sie ohnehin nicht vorgehabt hatte, aber es war nett, dass
er sich offenbar Sorgen machte.
»Nein, nein, es ist Gott sei Dank nichts passiert«, betonte
er. »Zumindest nichts wirklich Schlimmes. Ein Geschoss hat sie an der Schulter
gestreift, ein zweites ging seitlich von ihr in die Mauer neben der Türe. Durch
wegfliegendes Mauerwerk ist Hildi darüber hinaus noch leicht an der Stirn
verletzt worden.«
Er lachte erleichtert auf, was in der Situation irgendwie
blöd wirkte. »Wie es aussieht, hat sie gute Chancen, zu überleben.«
Wilma war enttäuscht, dass Mario nicht, wie versprochen, den
Tag mit ihr verbringen würde. Andererseits war sie gleichermaßen entsetzt wie
auch fasziniert von der nicht enden wollenden Dynamik, die dieser Fall
entwickelte.
Zum Glück waren ihre Kinder bisher noch nie in derart
schreckliche Ereignisse verwickelt gewesen und würden es hoffentlich nie
werden. Sie musste an Hildis Mutter denken und überlegte, wie sich die Frau
fühlen musste, wenn sie solche Nachrichten hörte.
Dass ihr Mann maßgeblich
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