Diamantenschmaus
äußerst
beeindruckt. »Eines Tages werde ich dir diesen Burschen abwerben«, prophezeite
er, aber das tat er jedes Mal, wenn sich die Gelegenheit dazu ergab.
Mit einem Schlag hatte sich damit die komplette
Problemstellung völlig verändert, ebenso wie der Kreis der infrage kommenden
Täter.
Schlagartig fiel ihm wieder ein, was Juri
Malatschew bei ihrem Gespräch sinngemäß gesagt und vor allem gemeint hatte.
Nämlich dass jeder Wunsch nach einem aus der Asche eines noch lebenden Menschen
hergestellten Diamanten gleichzeitig auch ein verkappter Mordauftrag sei.
Dies traf umso mehr zu, wenn das Interesse an so einem
synthetischen Edelstein nur vorgetäuscht war, mit dem eigentlichen Ziel,
dadurch den Tod einer bestimmten Person zu erreichen. Damit war aber der
Tatbestand der Anstiftung zum Mord eindeutig erfüllt.
Eine riesengroße, höchst raffinierte Sauerei, die sich da vor
seinen, ihren Augen auftat. Augenblicklich waren es demzufolge nicht mehr die
ausgeflippten Millionäre mit ihrer ausgefallenen, ja perversen
Sammlerleidenschaft, nach denen gesucht wurde.
Nein, jetzt ging es wahrscheinlich um ganz ordinäre Motive
wie Geld, Hass oder Eifersucht. Damit kamen natürlich eine ganze Menge mehr
Leute als Täter oder Täterinnen in Betracht. Leute, an die bisher noch niemand
gedacht hatte.
Während er auf den Wagen wartete, der ihn im Auftrag Wallners
ins Polizeipräsidium bringen sollte, blätterte Palinski den Stapel Post und
Unterlagen auf seinem Schreibtisch durch. Dabei sprang ihm der Artikel über den
sogenannten Hundemörder Lesonic in die Augen, den ihm Florian hingelegt hatte.
Das klang interessant, dachte er beim kurzen Hineinlesen, und
schien gut geeignet, sich wieder voll auf diesen Fall einzustellen. Dass
Lesonic ein Arschloch gewesen war, wusste Palinski. Aber dass es sich gleich um
ein so riesiges gehandelt hatte, das war ihm neu.
Er überflog das Blatt bis zum Ende, faltete es und steckte es
in seine Jackentasche. Er wollte diese Information zu einem späteren Zeitpunkt
etwas genauer studieren, um alle Details zu erfassen.
Dann war auch schon sein ›Taxi‹ da und Palinski verließ das
Büro. Nicht ohne Florian mit einem freundlichen »Nur weiter so« zu neuen
intellektuellen Höchstleistungen anzuspornen.
*
Die kurze
Nacht und die für sie neuen, völlig ungewohnten Umstände, unter denen sie die
endlos scheinenden Stunden im Polizeiarrest verbringen hatte müssen, hatten
Carmen Sebeliks Selbstbewusstsein arg zugesetzt. Die auf ihr Äußeres ziemlich
bedachte junge Frau sah ohne ausreichende Zeit in einem angemessen
ausgestatteten Badezimmer und die Segnungen der Kosmetikindustrie nicht wie
gewohnt aus, na ja, zum Kotzen war wohl nicht übertrieben. Das Schlimmste war,
dass sie es wusste und schrecklich darunter litt.
Statt eines kräftigen Bohnenkaffees, dessen belebende Wirkung
ihr normalerweise den Start in den jungen Tag erleichterte, hatte es heute ein
Häferl heißen Wassers gegeben sowie die Auswahl zwischen einem Beutel
russischen oder Kamillentee. Und anstelle der frischen Croissants, zwei Stück
bitte, nur ein Scherzel [43] trockenen Brotes.
Uaaah. Sie fühlte sich … ja, ganz genau so.
Aus diesem Grund dauerte es nicht lange, bis
Chefinspektor Wallner mit seiner auf einem permanenten Wechsel von Drohungen,
Schmeicheleien und neuen Einschüchterungen beruhenden Verhörtechnik die dann
doch nicht mehr ganz so junge Frau recht alt aussehen ließ. Aber vor allem, und
das war das Wichtigste, zum Reden brachte.
Nachdem sie einmal damit begonnen hatte, war Carmen gar nicht
mehr zu stoppen gewesen. Kein Wunder, gab es ja nach kurzer Zeit derart
interessante Vergünstigungen wie einen recht ordentlichen Kaffee, zwar nicht
ganz ihrer, jedoch immerhin, und dazu endlich auch eine Zigarette. Carmen war
keine starke Raucherin, doch die Situation, einfach nicht rauchen zu dürfen, hatte
sie halb verrückt gemacht.
Schließlich bestätigte sie auch den Chat mit ›oakwood‹ sowie
Wallners Annahme, dass die Initiative zur Entführung Hildi Forderbergs
eigentlich vom ›Eichenwald‹ ausgegangen war. Zumindest indirekt.
»Er hat mich überhaupt erst auf die Idee gebracht, wie man
mit den Möglichkeiten der Diamantbestattung Geld machen kann«, räumte sie ein.
»Wir hatten nie vor, Hildi wirklich umzubringen«, fügte sie sofort hinzu. »Wir
wollten das Geschäft mit mehreren Interessenten und mit natürlichen Steinen
machen. Die sind übrigens wesentlich billiger zu
Weitere Kostenlose Bücher