Diamantenschmaus
wohlgemerkt. Mein … Mann.« Sie hatte gelacht und es hatte
etwas gekünstelt geklungen. Immerhin besser, als sie befürchtet hatte. Der
schreckliche Moment des ersten Aufeinandertreffens der beiden war damit vorüber
gewesen.
Und er hat gar nicht gebohrt, war ihr dabei erleichtert in den
Sinn gekommen.
»Ich habe immer geglaubt, ich führe ein aufregendes Leben«,
hatte Oliver zu witzeln und damit die Stimmung zu lockern versucht. »Aber gegen
das, was Sie offenbar so alles mitmachen, ist das bloß die reinste Langeweile.
Würden Sie mir bitte ein Interview geben?«
Jetzt hatte auch Mario über die Freundlichkeiten des anderen
pflichtgemäß gelächelt und gedankt. Noch gut eine Stunde hatten sie Champagner
auf Kosten des Hauses getrunken. Während Palinski Beckmann alles, oder
zumindest das Wichtigste, über diese leidige Geschichte mit dem Reisepass
anvertraut hatte.
Kurz darauf war es jedoch wirklich an der Zeit gewesen, dass
sich der Journalist endlich seiner ursprünglichen Verpflichtung, nämlich der
Simultan-Pokerrunde mit dem Weltmeister im Seven Card Stud, widmete. Der Moment
der Wahrheit war unwiderruflich näher und näher gerückt, letztendlich war es
definitiv so weit gewesen. Nach einem besonders herzhaften Gähner war Mario
Palinski aufgestanden, hatte sich gestreckt und angekündigt, nach Hause und ins
Bett zu gehen.
Dem war ein kurzer Blick zu Wilma sowie die erst angedachte
Frage »Kommst du mit oder hast du noch hier zu tun?« gefolgt.
Wilma war bereits aufgestanden, ehe Mario überhaupt den Mund
aufgemacht hatte.
»Gute Nacht, Oliver. Und vielen Dank für den schönen
Abend … und überhaupt«, hatte sie hinzugefügt. »Wir hören bei Gelegenheit
voneinander.« Sie hatte dem Journalisten ein Bussi links und noch eines rechts
verpasst, sich bei Palinski eingehakt und mit ihm die Arena verlassen.
Zurückgeblieben war ein junger, talentierter und wirklich
sympathischer Journalist, der neben einer leidlich guten Story für die nächste
Ausgabe das Gefühl hatte, ebenfalls Opfer der missbräuchlichen Verwendung
dieses verdammten Reisepasses geworden zu sein. Irgendwie zumindest.
Auf der Fahrt nach Döbling hatte Schweigen die Atmosphäre
bestimmt. Erst kurz vor dem Aussteigen hatte Mario gemeint, sie sollten sich in
Zukunft doch etwas mehr Zeit füreinander nehmen.
Wilma hatte ihm mit einem leichten Druck ihrer Hand zu verstehen
gegeben, dass sie genauso dachte.
Es war schön, wieder zu Hause anzukommen.
*
Einer der Internetspezialisten aus Wallners
Truppe hatte eine Nachtschicht eingelegt und war dabei auf Carmen Sebeliks PC
auf etwas Interessantes gestoßen.
Vor mehr als acht Monaten, genau gesagt am 4. Juli vorigen
Jahres, war es in einem Weblog zum Thema ›Neues und Perverses‹ zwischen den
beiden Nicknames ›männerauto‹ und ›oakwood‹ zu einem langen Diskurs zu den
Themen Diamantbestattung sowie synthetische Steine und ihrem Wert als
Sammlerobjekt gekommen. Diese eher prinzipiell geführt wirkende Diskussion
gipfelte zu guter Letzt in einer konkreten und daher ernst zu nehmenden Frage
von ›oakwood‹ an ›männerauto‹: »Glaubst du, du könntest mir einen Diamanten aus
der Asche einer ganz bestimmten Persönlichkeit beschaffen? Etwa der eines
Popstars?«
Die lapidare Antwort darauf lautete: »Why not.«
Was dem Spezialisten dabei besonders ins Auge stach, war die
Tatsache, dass ›männerauto‹ zunächst keine Ahnung von der ganzen Materie gehabt
zu haben schien. »Ja, der ist von ›oakwood‹ überhaupt erst auf diese Thematik
und die speziellen kriminellen Möglichkeiten, die da drinnen stecken,
aufmerksam gemacht worden. Und kurz darauf dieses herzlose ›Why not‹. Das sieht
weniger nach Spinner und mehr nach gefährlichem Psychopathen aus.«
Es war für Chefinspektor Wallner und seinen
Stellvertreter Hauptmann Bachmayer nicht schwer, eine Verbindung zwischen
›männerauto‹ und einer im Zuge der Entführung Hildis verhafteten Person
herzustellen.
»Dass die Verbrecher so oft an ihren
unoriginellen, oberflächlich oder einfältig gewählten Decknamen scheitern«,
hatte sich Wallner des Öfteren gewundert, »ist erstaunlich. Für uns gut, dass
sie so wenig oder nur eine infantile Fantasie haben und sich fast ausschließlich
darauf beschränken, ihren wirklichen Namen auf irgendeine läppische Art und
Weise zu verhunzen. In Deutsch oder auch in einer Fremdsprache.«
Er hatte recht. Von ›männerauto‹ auf Carmen zu
kommen war trotz der äußerst
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