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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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den Tisch.
    Aha, der Lammbruzzler – übrigens per se keine
uncharmante Bezeichnung, die Frage war bloß, wofür – erwies sich als
Lambrusco der billigeren Art. Eine Okkasion aus dem großen Angebot an Weinen
der bis Zwei-Euro-pro-Liter-Preisklasse, wie das noch auf der Flasche klebende
Preispickerl einer namhaften Supermarktkette verriet. Dazu kam noch, dass er
brühwarm war. Alles in allem wirklich kein überzeugender Beweis für Bernies
vinarischen Geschmack.
    »Frau Wurm… ich meine Hermine, ehe ich zu essen beginne,
muss ich Ihnen, dir etwas sagen.« Es widerstrebte Palinski einfach, sich zuerst
anzuwamsen und die gute Frau nachher, so quasi zum Nachtisch, beiläufig mit der
Tatsache zu konfrontieren, dass ihr Enkel höchstwahrscheinlich ein Mörder war.
Das musste er ihr gleich sagen. Falls sie ihm anschließend weiterhin etwas zu
essen geben wollte, sollte ihm das recht sein. Aber zuerst heiß fressen und
dann die kalte Dusche aufdrehen, das war nicht richtig. So konnte man mit
netten alten Leuten nicht umspringen.
    »Nein, nein, mein Junge, was du mir zu sagen hast,
sagst du mir später«, widersprach sie vehement. »Du musst die Suppe essen, ehe
sie kalt wird. Danach machen wir meinetwegen eine Pause und du erzählst mir,
was du so Dringendes am Herzen hast.«
    Sie griff zum Suppenlöffel und machte auf Palinski den
Eindruck, als ob sie ihn notfalls selbst füttern wollte.
    Alles, bloß das nicht. Jede Faser in Palinski sträubte sich
gegen diese Art Zwangsernährung. Da aß er lieber freiwillig. Außerdem hatte er
ja Hunger. Und enormen Appetit, denn das Zeug roch einfach himmlisch. Also gut,
auf Hermines Kompromissvorschlag konnte er sich wohl einlassen.
    Ergeben tauchte er seinen Löffel in die dampfende Brühe ein,
führte ihn zum Mund und verteilte die Ladung liebevoll auf die bereits
sehnsüchtig darauf wartenden Geschmacksknospen seiner Zunge. Einfach herrlich.
    »Während du isst, möchte ich dir etwas zeigen, mein lieber
Mario.« Frau Wurminzer war aufgestanden und zum Wandverbau getreten. In diesem
Augenblick wurde Palinski bewusst, was ihn seit seinem Eintreten unbewusst
irritiert hatte. Irgendetwas hatte sich in dem Raum verändert. Nun erkannte er
auch, was das war: Das Fach im Wandregal, in dem sich bei seinem letzten Besuch
die Urne mit der Asche des oder eines Hundes der Frau befunden hatte, sein Name
war wohl Seppi oder Sippi, nein, Pippi gewesen, war heute mit einem
dunkelblauen Samtvorhang abgedeckt. Das Ganze sah ein wenig aus wie der Vorhang
einer Miniaturbühne der Festivalabteilung im unendlichen Universum der Hermine
Wurminzer.
    Genau diesen kleinen Vorhang hatte die Frau zur Seite gezogen
und damit den Blick auf die dahinterliegende Bühne freigegeben. Auf ein
Bühnenbild, das Palinski nicht den Atem raubte, dennoch in Erstaunen versetzte.
    »Das hier habe ich gestern endlich bekommen«, sie strahlte
über das ganze Gesicht. »Hat einige Zeit gedauert und viel Geld gekostet, sich
jedoch ausgezahlt. Findest du nicht auch?«
    Palinski nickte zustimmend. Nicht weil er auch fand, was, er
hatte keine Ahnung, sondern weil er einfach keine Diskussion riskieren wollte.
Er stand auf, um sich das im Zentrum des wie eine Art Hausaltar wirkenden
Arrangements befindliche Heiligtum genauer anzusehen.
    Dabei handelte es sich um einen etwa 25 × 15 ×
3 Zentimeter großen Stein, offenbar aus poliertem Granit, in dem in der
Mitte der oberen Hälfte eine Glasperle, nein, eher ein auf Diamant
geschliffenes Stück Glas, vielleicht ein Zirkon …
    Palinski stockte. Das Kreuz über dem Stein, darunter die
Worte ›Pippi, in Ewigkeit unvergessen‹ und im unteren Drittel das eingelassene
Bild eines ziemlich hässlichen Hundes – das war ein Denkmal, eine Art
Hundegrabstein für diese Pippi. Palinski glaubte, sich erinnern zu können, dass
ihm die Wurminzer davon erzählt hatte. Er liebte Hunde ebenfalls, doch das hier
war krank. Es fehlte nur noch, dass …
    »… hat ohne den Diamanten fast 1.600 Euro gekostet«,
berichtete Hermine unverdrossen, »mit dem Stein an die 6.300. Viel Geld, aber
es ist es auch wert. Oder?« Sie war sichtlich stolz auf ihren kleinen
Heldenfriedhof. »Jetzt können wir endlich in angemessener Form der Pippi
gedenken«, bei den letzten Worten hatte sie leicht geschluckt.
    »Und du meinst, das da …«, Mario deutete fast scheu auf
den erbsengroßen glasklaren Stein auf Granit, »ist wirklich ein echter
Diamant?«
    Dass es so was auch schon von Tieren gab. Na ja,
warum

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