Diamantrausch - Hot Ice
angebetet - Himmel, alle haben das getan. Er hat nie wieder geheiratet.« Hunt erwähnte nicht, dass sein Vater seit diesem Tag kaum noch gelächelt hatte. Wenn er das recht bedachte, so war das vielleicht erblich, denn auch er lächelte nicht sehr oft. Bis vor kurzem jedenfalls nicht. Bis er sie kennen gelernt hatte.
»Es ist nicht einfach, in diesem Alter die Mutter zu verlieren«, murmelte Taylor voller Mitleid.
»Ja, das stimmt. Sie war eine erstaunliche Frau. Und so komisch.« Bei der Erinnerung daran hätte er beinahe gelächelt. »Sie war so tapfer - Himmel, bis zu ihrem Ende... Ich denke, ich war ein Glückspilz, dass ich sie so lange um mich haben durfte.«
»Wie lange war sie denn krank, ehe sie starb?«
»Viereinhalb Jahre.« Sie hatten aus dieser Zeit das Beste gemacht, sie alle drei. Hunt fühlte, wie sich sein Mund bei der Erinnerung daran verzog. »Sie hatte eine... Vorliebe für National Geographic und für den Discovery Channel, und sie war eine begeisterte Reisende vor dem Fernsehapparat...«
Taylor legte den Arm auf die Lehne zwischen ihnen beiden. Ihr feuchtes Haar roch nach dem Zeug, das alle Agenten benutzten. Doch an ihr duftete es nach Blumen. »Hör nicht auf, zu erzählen«, bat sie und strich über seine Hand.
»Als sie ihre Diagnose bekam, hat sie sich entschieden, all diese Orte persönlich zu besuchen.« Er rieb mit dem Daumen über ihren Handrücken. »Wir sind mit ihr nach Spanien gereist. Sie hat behauptet, sie wolle dort die Flamencotänzer sehen, doch wir glauben, dass sie sich eher für die Matadore interessierte. Wir haben so getan, als seien wir entsetzt.« Himmel, wie sehr hatte sie über ihre Neckereien gelacht. »Dann waren wir in Italien.« Er und sein Vater hatten eine Oper in der Scala in Mailand überstanden und hatten versucht, sich nicht anmerken zu lassen, wie gelangweilt sie waren. »Dann haben wir noch eine Reise zum Loch Ness gemacht, um Nessy zu sehen.« Bei der Erinnerung schüttelte er den Kopf. »Das war genauso langweilig - noch dazu hatten wir schreckliches Wetter. Ein anderes Mal haben wir die Koffer gepackt und sind zu den Osterinseln gereist, um die Moai-Monolithen an der Küste anzusehen. Im letzten Jahr … sind wir nach Boston zurückgekehrt. Um zu warten.
Ich habe ihr einmal Orangeneis und Limonade gegeben.« Hunt erinnerte sich an den dicken Kloß in seiner Brust, den er verspürt hatte, als er zusah, wie seine Mutter von Tag zu Tag schwächer wurde. Er sah, dass sein Vater mit ihr starb. »Sie hatte mir beides immer als Kind gegeben, wenn ich
krank war. Das hat ihr geholfen, ihre Übelkeit zu dämpfen. Sie ist in den Armen meines Vaters gestorben.«
»Ihr habt einander wirklich geliebt. Darum beneide ich euch.« Taylors Stimme klang sehnsüchtig.
»Ja. Ich konnte mich wirklich glücklich schätzen. Aber genug von mir. Erzähl mir von Taylor Kincaid, dem Kind.«
Sie lächelte. »Du hast doch eine so umfangreiche Akte von mir. Hast du die denn nicht gelesen?«
»Von vorne bis hinten. Ein paar Dutzend Mal«, erklärte er. Ihr dunkles Haar begann, sich an den Schultern zu kräuseln. Ihre Augen, so kristallblau, waren klar, als sie ihn mit einem Lächeln betrachtete. Sein Herz zog sich zusammen, wenn er sie ansah.
»Dann weißt du also auch, dass mein Vater im Gefängnis gesessen hat.«
»Im High Desert Staatsgefängnis in Nevada.« Seine Stimme war kühl, ohne jedes Vorurteil. »Bewaffneter Raubüberfall.«
»Ja.« Ihr Blick verdunkelte sich. »Mir tut das Herz weh, wenn ich an ihn denke...«
»Himmel, Taylor«, unterbrach Hunt sie und strich mit den Fingern leicht über ihr feuchtes Haar. »Wie kannst du nur so hart sein und dann so reden?«
Sie warf ihm einen verwirrten Blick zu. »Ich habe ihn geliebt.«
»Und wo war deine Mutter?«
»Am Tag hat sie gearbeitet, in der Nacht Partys gefeiert.« Sie zuckte mit den Schultern, als könne sie mit dieser Bewegung all die alten Erinnerungen abstreifen. »Sie ist verschwunden, als ich zwölf war. Es hat ihr nicht gefallen, Mutter zu sein. Das hat ihr gesellschaftliches Leben viel zu sehr eingeschränkt. Ohne sie ging es uns besser.«
Sie zog die Augen ein wenig zusammen. »Hast du das eigentlich nur erfunden, als du mir vorhin erzählt hast, meine Mutter sei tot?«
»Nein. Hast du das denn nicht gewusst? Sie ist gestorben, als du noch ein Teenager warst. Es war ein Autounfall ohne Unfallgegner, in der Wüste, gleich außerhalb von Las Vegas.«
Taylor schüttelte den Kopf, dann sah sie auf
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