Diamonds & Rust
Morganville ist es eine lange Fahrt, also bitte seien Sie unsere Gäste«, insistierte Tom.
Vanessa fühlte sich völlig überrumpelt. Ärger brodelte in ihr auf; Ärger über David, der nach wie vor keinen Ton sagte, und Ärger über sich selbst, dass sie sich in diese unmögliche Situation manövriert hatte. Sie holte Luft und wollte ihrem Unmut gerade freien Lauf lassen, als David aufstand und nach ihrer Hand griff.
»Liebling, wir haben noch gar nicht getanzt heute Abend«, sagte er betont locker, und zog sie vom Stuhl.
Sie wollte sich wehren, doch er hielt ihre Hand so schmerzhaft fest umklammert, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als ihm widerstrebend zur Tanzfläche zu folgen.
»So war das nicht ausgemacht«, fauchte sie ihn an, während er sie an sich zog und sie automatisch seinen Schritten zum Takt der Musik folgte.
»Jetzt machen Sie mir hier keine Szene«, sagte er leise und eindringlich, »Wenn Sie unser Arrangement jetzt auffliegen lassen, ist das so ziemlich das Schlimmste, was Sie mir antun können.«
»Ich werde mit Sicherheit nicht die Nacht mit Ihnen zusammen in einem Zimmer verbringen«, zischte sie ihm wütend zu.
»Ich organisiere mir ein anderes Zimmer oder schlafe auf der Couch«, versuchte er sie zu beruhigen, »aber bitte – bitte machen Sie jetzt kein weiteres Theater hier.«
Noch immer war sie aufgebracht, am liebsten hätte sie ihn geohrfeigt, doch die Reynolds waren ihnen zur Tanzfläche gefolgt, und lächelten freundlich zu ihnen herüber, also versuchte Vanessa, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen.
»Couch«, flüsterte sie David noch vehement im Befehlston zu, und spürte, wie er zum Zeichen seines Einverständnisses mit einer Hand kurz etwas fester gegen ihre Taille drückte.
Die Musik war inzwischen in ein langsameres Lied übergegangen.
Immer noch mit ihrem Ärger kämpfend, wurde Vanessa sich urplötzlich der Intensität von Davids Nähe bewusst. Er hatte sie dicht an sich gezogen, viel zu dicht, und sie spürte die Wärme seines Körpers, konnte den Duft seines Aftershaves wahrnehmen. Deutlich fühlte sie die Berührung seiner Hände durch den dünnen Stoff ihres Kleides, und ihre Knie wurden weich. Er bemerkte ihre Reaktion und verstärkte den Druck seiner Finger, schob sie dadurch noch enger an sich.
Ganz kurz spürte sie, wie er mit seinem Daumen sanft über ihren Rücken strich, und eine Welle an Gefühlen durchflutete sie.
Sie schmiegte sich an ihn, überließ sich ganz ihren Empfindungen, und blitzartig und mit voller Wucht traf sie die Erkenntnis, dass Nicky recht gehabt hatte, dass sie sich tatsächlich in diesen merkwürdigen Mann verliebt hatte, dessen Arme sie hier fest und unnachgiebig umfangen hielten.
Wenig später saßen sie wieder am Tisch. Vanessa hatte Mühe, der weiteren Unterhaltung zu folgen, krampfhaft versuchte sie, locker zu wirken, und betete, dass man ihr nicht ansehen würde, welches Gefühlschaos in ihr tobte. Sie wagte es nicht, David anzusehen, und konzentrierte sich ganz auf Ellen, die munter mit ihr plauderte.
»Ich denke, es ist an der Zeit schlafen zu gehen«, sagte Tom Reynold irgendwann, und sie erhoben sich.
Mit unsicheren Schritten stakste Vanessa neben Ellen her, die den beiden Männern zum Fahrstuhl folgte.
»Unsere Zimmer liegen direkt nebeneinander«, erklärte Tom und drückte David einen Schlüssel in die Hand.
Sie fuhren ein paar Stockwerke nach unten.
Tom Reynold blieb vor einer der vielen Türen stehen.
»Hier ist es«, sagte er.
David schloss die Tür auf und knipste das Licht in dem kleinen Vorraum an.
»Also, eine gute Nacht, morgen früh besprechen wir dann das Geschäftliche.«
Tom klopfte David noch einmal kurz auf die Schulter, Ellen umarmte Vanessa freundschaftlich, und höflich blieben sie abwartend stehen, so dass Vanessa nichts anderes übrig blieb, als sich an David vorbei ins Zimmer zu schieben.
Wie durch Watte hörte Vanessa, wie die Tür ins Schloss fiel.
Langsam drehte sie sich um.
Sie standen in dem kleinen Vorraum, David an der Tür, abwartend, nur drei Schritte von ihr entfernt.
Unsicher schaute sie ihn an.
Sein Gesicht war ernst, fordernd und fragend zugleich, und als sie in seine Augen sah, lag darin ein Begehren, das ihre letzten Bedenken hinweg fegte.
»David …«, flüsterte sie sehnsüchtig.
Da war er auch schon bei ihr und zog sie in seine Arme. Sanft legte sich sein Mund auf den ihren, während seine Hände zärtlich über ihren Rücken strichen. Sie schmiegte sich an ihn und erwiderte
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