Diana Palmer
Augen.
Nur wenige Augenblicke, nachdem er den Wagen hatte abfahren hören, stürmte J.B. aus dem Zimmer. Sein Haar war wild zerzaust, sein Hemd hing ihm unordentlich aus der Hose, und seine Laune war auf dem Gefrierpunkt. Dieser ganze Tag war ein einziges Fiasko gewesen. Er ärgerte sich über sich selbst, dass er Tellie so angeschrien hatte, ohne zu wissen, was sie eigentlich wollte, denn normalerweise war es nicht ihre Art, einfach irgendwo hereinzuplatzen. Sein schlechtes Gewissen hatte sich erst gemeldet, als es schon zu spät und Tellie schon draußen war. Die Peinlichkeit, in dieser Weise mit Bella überrascht zu werden, hatte ihn zu seinem Ausbruch verleitet. J.B. ahnte, dass er in Tellie mehr zerstört hatte, als er je wiedergutmachen konnte.
Nell erwartete ihn bereits in der Halle. „Na, endlich sind Sie da.“
„Was war mit Tellie los? Hat sie etwas gesagt?“
Nell nickte eifrig. „Sie konnte Sie am Telefon nicht erreichen, deshalb ist sie selbst hergekommen. Sie wollte Ihnen sagen, dass Marge ins Krankenhaus gekommen ist – vermutlich mit einem Herzinfarkt.“
„Oh, mein Gott!“, rief J.B.
„Der kann Ihnen jetzt auch nicht helfen. Wie konnten Sie die arme Tellie nur so anschreien? Sie hat es doch nur gut gemeint und …“
„Ach, halten Sie den Mund“, blaffte J.B. sie an. „Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram. Und jetzt rufen Sie im Krankenhaus an und fragen die …“
„Da können Sie selbst anrufen“, gab Nell wütend zurück. Sie band die Schürze ab und warf sie auf den Boden. „Mir reicht es jetzt. So lasse ich mich nicht behandeln. Und ich sehe mir auch nicht länger mit an, was Sie mit Tellie machen. Sie sollten sich schämen. Ich kündige!“
Die Tür zum Wohnzimmer öffnete sich, und Bella erschien in der Halle. „Gehen wir jetzt essen oder nicht?“
„Ich kann nicht. Ich muss ins Krankenhaus. Meine Schwester hatte einen Herzinfarkt“, antwortete J.B.
„Oh, das ist aber schade.“ Dann trat sie an J.B. heran und legte die Hand auf seinen Arm. „Oder soll ich mitkommen? Dann kann ich dir beistehen.“
„Über diesen Beistand werden sich besonders die anderen freuen“, konnte sich Nell es nicht verkneifen zu bemerken.
J.B. warf ihr einen tödlichen Blick zu.
„Siehst du, J.B., Nell sagt das auch“, meinte Bella, die Nells Sarkasmus überhaupt nicht verstanden hatte.
„Sie sind gefeuert!“, zischte J.B. Nell zu.
„Zu spät, ich hatte eben bereits gekündigt. Bella kocht Ihnen morgen bestimmt etwas Leckeres. Ich wünsche guten Appetit.“ Damit drehte sie sich um und knallte die Küchentür hinter sich zu.
„Was meint sie damit?“, fragte Bella verwirrt. „Ich kann doch gar nicht kochen.“
„Ich weiß“, sagte J.B. resigniert. Er holte seine Brieftasche heraus und entnahm ihr zwei größere Banknoten, die er Bella in die Hand drückte. „Bestell dir ein Taxi und fahr nach Hause.“
„Aber J.B. …“, wollte sie protestieren.
„Fahr nach Hause!“
„Du brauchst nicht auch noch mich anzuschreien. Du hast aber auch eine Laune heute.“
J.B. gab es auf. Es war zwecklos, mit Bella zu sprechen. Genauso gut konnte man sich mit einem Holzschemel unterhalten. Er ordnete seine Kleidung, vergewisserte sich, dass er seine Schlüssel eingesteckt hatte, nahm seinen Regenmantel und den Hut von der Garderobe und ging aus dem Haus, ohne Bella Dean noch eines Blickes zu würdigen.
Unruhig rutschten Brandi und Dawn im Wartezimmer der Notaufnahme des Jacobsville General Hospital auf ihren Stühlen hin und her. Beide hatten Tränen in den Augen, und man konnte ihnen ihre Sorge und ihren Kummer ansehen. Keines der Mädchen sagte ein Wort.
Als die Tür aufging und J.B. eintrat, sprangen sie sofort auf und stürmten auf ihn zu. Er nahm sie fest in die Arme. Er fühlte sich hundeelend.
„Mom wird nicht sterben, nicht wahr, Onkel J.B.?“, sagte Brandi verzweifelt.
„Nein, natürlich nicht“, tröstete er sie. „Es wird ihr bald wieder besser gehen.“
„Wo ist Tellie?“, fragte Dawn. „Sie hat uns gesagt, sie fährt zu dir, um dir Bescheid zu sagen, weil du nicht ans Telefon gegangen bist. Ist sie denn nicht mit dir gekommen?“
„Ist sie denn nicht hier?“, fragte J.B. verblüfft zurück. Ihn packte das blanke Entsetzen. Hilflos sah er sich in dem sonst leeren Wartezimmer um.
„Vielleicht ist sie noch einmal nach Hause gefahren, um Mom ihren Morgenrock zu holen. Tellie ist immer so. Sie denkt immer an alles, auch wenn alle anderen schon längst
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