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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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schiebe noch einen Witz hinterher. «Ich habe nämlich weder Biggi noch Mandy im Gepäck. Hahaha!»
    Der Außerirdische mit der Betonfrisur lächelt schmallippig. «Falls Sie zu … Mukki möchten, sind Sie hier in der Tat falsch.»
    Na, wer sagt’s denn. Erleichtert atme ich auf und will bereits zum Ausgang gehen, da räuspert er sich lautstark.
    «Dies hier ist Miucci ! Italienisch ausgesprochen: Mijutschi. Meinten Sie das vielleicht?»
    Oh. Na, da muss man erst mal draufkommen. Hätte Flo ja gerne mal erwähnen können.
    Einen Moment später verharre ich fassungslos, als mir die Bedeutung seiner Worte in ihrer vollen Bandbreite bewusst wird. Diese überladene Taschenhalde soll die noble Boutique meines Freundes sein? Hier soll ich die nächsten zehn Tage arbeiten? Gemeinsam mit einem bärtigen gepellten Ei?
    Kein Wunder, dass hier alle krank geworden sind!
    «Nachdem Sie ja nun wissen, wo Sie sich befinden – kann ich Ihnen sonst noch irgendwie weiterhelfen?», fragt das Ei scheinheilig.
    Noch könnte ich fliehen. Niemand hier kennt mich. Allerdings müsste ich mir dann aller Wahrscheinlichkeit nach ein neues Dasein im Exil aufbauen. Florian möchte ich nach einer Kapitulation jedenfalls nicht mehr unter die Augen treten. Aber ich bin ja kein Feigling. Das hier sieht mit Sicherheit schlimmer aus, als es ist. Ich meine, Mr. Spock kann den amtlichen Ansturm von null Komma null Kunden doch auch super allein bewältigen. Ich werde mich einfach ins ruhige Chefbüro zurückziehen, mich dort den Rest der Woche verschanzen, und schon ist die Zeit herum. Perfekt.
    Ich gehe zum Tresen und erkläre mit fester Stimme: «Ich bin Alexander Held.»
    Der Kerl reagiert nicht ganz so, wie ich es erwartet hätte. «Aha», sagt er gelangweilt und widmet sich schon wieder dem Lederbeutel.
    «Ich soll hier …»
    Tja, was soll ich denn hier eigentlich tun? Aushelfen? Klingt zu banal. Für kranke Kollegen einspringen? Trifft es auch nicht so recht. Meinem Kumpel einen Gefallen erweisen? Genauso blöd. Noch dazu irgendwie schwul. Also sage ich: «Ich soll hier den Geschäftsführer vertreten!» Genau richtig, denn mit dieser Aussage ist praktischerweise auch gleich geklärt, wer hier das Sagen hat. Nämlich ich.
    Mr. Spock reißt überrascht die Augen auf. So weit, dass seine Brauen komplett unter dem gelackten Pony verschwinden. Dabei starrt er mich an, als käme ich direkt vom Klimagipfel und wolle nun das weltweite Verbot von Haarspray persönlich überwachen.
    «Ja, Sie haben richtig gehört: Ich bin der neue Geschäftsführer. Also, äh … die Vertretung.»
    Für einen Moment fürchte ich, er würde anfangen zu weinen. Oder mit dem Handtäschchen nach mir werfen. Doch nichts dergleichen geschieht. Im Gegenteil. Es hat den Anschein, als hätte er seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle. Übersprungartig streichelt er die frisch entbundene Tasche.
    «Aha», brummt er. «Das ist ja … eine Überraschung.»
    Ich kann mir nicht helfen, aber so richtig begeistert klingt er nicht. Unerhört. Was glaubt er denn, wen er vor sich hat? Ich meine, ich bin immerhin sein neuer Chef. Ein bisschen Freundlichkeit wäre da durchaus angebracht, auch wenn ich möglicherweise etwas mit der Tür ins Haus gefallen bin. Andererseits hat Offenheit ja wohl noch niemandem geschadet.
    Kommentarlos, aber ohne mich auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, greift er sich jetzt an das Revers seines Sakkos und spricht in ein winziges Mikrophon, das kaum sichtbar an der Unterseite befestigt ist.
    «Vic, kommst du mal bitte ins Foyer?» Gleich darauf verfällt er wieder in stummes Taschenstreicheln.
    Hätte ich nur nicht diesen quälenden Kopfschmerz. Meine Birne fühlt sich an, als sei sie mit Blei gefüllt – schwer und unbeweglich. Ansonsten würde ich dem Kerl jetzt nämlich mal etwas erzählen. Über den Umgang mit Vorgesetzten zum Beispiel. Der kann mich doch hier nicht einfach so herumstehen lassen. Meine erste Amtshandlung wird definitiv sein, ihm eine Schulung aufzubrummen. Am besten am Wochenende.
    «Guten Tag. Wie kann ich helfen?» Eine junge Frau mit dunkelblondem Zopf und entwaffnendem Lächeln baut sich vor mir auf. Sie hat sich lautlos auf der blütenweißen Auslegeware angeschlichen und nutzt den Überraschungseffekt, um mir selbstsicher die Hand zu reichen. «Ich bin Victoria Wendt, die Geschäftsführerin. Gibt es ein Problem?»
    Aus bernsteinfarbenen Augen werde ich freundlich gemustert. Einen Tick zu freundlich, wie ich finde.

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